08.02.16 | „Ick hebb mi op Nöös leggt“

Heute morgen wollte ich mal ebkes zum Frühstück Brötchen holen – auf einem Damenrad, dessen Maße mir bisher nicht vertraut geworden sind.

Dafür flitze ich zu lange auf meinem eigenen Tourenrad durch die Weltgeschichte, das in Rahmenhöhe und Mittelholm auf die Länge meiner kurzen Beine Rücksicht nimmt.

Beim Aufsteigen ruht der linke Fuß schon auf seinem Pedal, während ich mich mit dem rechten Fuß kräftig am Boden abdrücke. Dann schwinge ich das rechte Bein nicht über den Sattel in Position, sondern ziehe es über den Mittelholm auf die richtige Seite.

Turmflüsterin in etwas jüngeren Jahren auf ihrer Tourenfitz am Niederrhein.

Turmflüsterin in etwas jüngeren Jahren auf ihrer Tourenfitz am Niederrhein.

Heute morgen – wir erinnern uns: Ich saß auf einem Fremdrad – hatte das Vehikel bereits Fahrt aufgenommen, als ich zu meinem Bedauern feststellen musste, dass ich meinen rechten Fuß nicht über den Mittelholm bekam. Er war zu hoch. Da meinem Fuß der gleiche Dickschädel innewohnt wie meinem Kopf, versuchte er weiter – vergeblich – über die Stange zu kommen, während das Rad in Schräglage geriet, bei einiger Fahrt zu Boden ging und mich in die Straßenmotsche kippte.

Ich verbrachte einige Sekunden in Kussnähe zu Asphalt und vermoderter Fichtelnadelpampe, bis ich mich erinnerte, dass eine Straße kein angemessener Liegeplatz ist. Ich rappelte mich auf. Mein Herz pochte. Meine Beine zitterten. Erste Gehversuche legten nahe, dass ich den Abgang ohne Bruch überstanden hatte. Jeans und Mantel hatten tapfer die Reibung abgefangen und die Straße hübsch gewischt.

Da selbst Dickschädel angesichts harter Tatsachen zu Lernfähigkeit neigen, hob ich nun erst das rechte Bein über den Mittelholm, gab mit dem linken Gas, saß auf und rollte los.

Merkwürdig blieb’s allerdings. Die Klingel klemmte plötzlich an der falschen Lenkerseite. Die Vorderlampe beleuchtete den linken Straßenrand. Und die Handbremsen waren nicht mehr zum Greifen nahe, sondern standen verkehrt herum ab. Sollte mein Kopf doch einen Knacks bekommen haben und alles spiegelverkehrt sehen?

Da dämmerte mir, dass der Lenker beim Sturz umgeschlagen war, und das Vorderrad gegen seine Bestimmung rückwärts fuhr. Ich ließ die Fitz vorsichtig auslaufen, brachte die Dinge an ihren Platz und fuhr weiter. Ich bekam die Backwaren, kehrte mit Verspätung zurück an den Frühstückstisch; und ich, die noch nie einen vollständigen Satz in Ostfreeske Taal gesprochen hatte, sagte ergriffen in einer Art Sprachverwirrung dem, der mich (ersatzweise die Brötchen) erwartete: „Ick hebb mi op Nöös leggt.“

Herzlich eure
Turmflüsterin