17.09.2022 | Sonntagsgruß von Daniel

Liebe NeuAuWieWittlerInnen und Gäste unserer Pfarreiengemeinschaft. Heute kommt der Sonntagsgruß mal wieder aus Wiesmoor. Aktuell leben wir in einer Zeit voller Krisen und Dramen rund ums uns herum. Für viele Menschen ist aktuell eine besonders schwierige Zeit. Für Menschen in Kriegs- und Krisengebieten ganz besonders, aber selbst hier in unserer „heilen Welt“ ist nicht mehr alles so rosig wie noch vor einigen Jahren. Ich persönlich kann mich nicht an eine Zeit erinnern, die so existentielle Fragen aufgeworfen hat, wie die letzten Monate. Es gibt sicherlich unter uns Menschen, die ein wenig älter sind als ich, die schon ähnliches oder viel schlimmeres erlebt haben. Aber dazu kann ich nicht nichts erzählen, weil ich das nur aus Dokumentationen und Büchern kenne.

Und doch möchte ich gar jammern und über Heizkosten, gestiegene Lebenshaltungskosten oder Kriege sprechen. Eine „Begegnung“ oder besser Erfahrung aus den letzten Wochen, die meinen Glauben an das gute in der Welt bestärkt hat, soll Thema sein.

Viele von euch wissen, dass ich vor meiner Tätigkeit bei der Kirche viele Jahre bei der Bundeswehr war. Das war für mich eine sehr prägende Zeit und so ganz hat mich das auch nie losgelassen. Zum einen ist meine Frau Berufssoldatin und zum anderen bin ich schon einige Jahre in der Reserve aktiv. Meistens habe ich Sanitätsausbildung für andere ReservistInnen abgehalten oder selber an Weiterbildungen teilgenommen. Seit letztem Jahr bin ich in einem Kreisverbindungskommando (Aurich) im Rahmen des Katastrophenschutzes aktiv. Dort bin ich Teil eines Teams, dass im Katastrophenfall die Verbindung zwischen  den Teilen der Bundeswehr und der zivilen Hilfsorganisationen hält. Im Rahmen dieser Tätigkeit nehme ich auch an Aus- und Weiterbildungen teil. Die letzte hat mich ins Ahrtal nach Bad Neuenahr geführt. Da ist die Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung (BABZ) und dort spielt meine „Geschichte“.

Angekommen bin ich an einem Montag bei schönstem Sonnenschein und nach der Abfahrt von der Autobahn fährt man in das wunderschöne Ahrtal, umgeben von vielen Weinbergen. Da meine Frau in bergigen Landen aufgewachsen ist, habe ich sie direkt angerufen und ihr von dem Panorama berichtet. Zehn Minuten später bin ich dann über eine Behelfsbrücke des THW gefahren und da waren dann die Bilder. Genau dort in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 drückte sich eine acht Meter hohe Flutwelle durch das Ahrtal und richtete verheerenden Schaden an. Sofort überkam mich ein beklemmendes Gefühl. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, die Gegend bewundert zu haben und dort eine ganz normale Woche verbringen zu wollen.

Nach Feierabend hatte ich Gelegenheit die Gegend zu erkunden und mit Anwohnern ins Gespräch zu kommen. Ganz viel ist schon wieder aufgebaut aber längst nicht alles, je weiter man an der Ahr entlang fährt, umso dramatischer sind die Bilder, auch über ein Jahr später. Die Menschen sind frustriert über die nicht ausgezahlten Beträge, die von Staat und Versicherungen versprochen wurden. Schicksale von denen ich gehört habe, werden mich noch lange begleiten. Aber trotzdem waren die Menschen hoffnungsvoll und voll Überschwang berichteten sie über die Hilfeleistung von den vielen Freiwilligen.

Hunderte Freiwillige aus ganz Deutschland machten sich nach der verheerenden Flut auf in die vom Hochwasser betroffenen Gebiete. Sie befreiten Straßen von Geröll, schleppten Schlamm aus den Häusern und schafften Tonnen von Sperrmüll weg, zu denen Möbel und Haushaltsgeräte geworden waren. Noch nie wurden hierzulande für eine Naturkatastrophe in Deutschland so viele Spendengelder gesammelt, über eine halbe Milliarde Euro. Dazu unzählige Sachspenden.

Ein Bild habe ich bei meiner „Tour“ durch das Ahrtal gefunden, dass mich ganz besonders bewegt hat.

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Mit diesem Eindruck, der vielleicht auch bei euch einen Moment der Hoffnung auslöst, wünsche ich euch einen schönen Sonntag und eine schöne Woche.

Herzlichst euer Daniel