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2015-01-16 Nachruf auf Rainer Fenger

Herr ich rufe, komm und mach mich frei

Von Delia Evers | Zum Tod von Rainer Fenger

11-Rainer-Fenger-Rom-Portrait [1]

Rainer Fenger auf Reisen (Fotos: Archiv Johannes Funke).

Noch sehe ich uns stehen, damals, 2013, vor der Ubbo-Emmius-Klinik. Es war fast Herbst, ein windiger Tag. Martin hatte mehr als die Hälfte der „Chemo“-Zyklen hinter sich. Vor dem Krankenhaus begegneten wir Rainer und Ina Fenger. Wir kannten uns nur von Ansehen aus der Kirche und hatten nie ein Wort gewechselt. Rainer sprach uns an. Er hatte seine Diagnose wenige Monate nach Martin erhalten und vertrug die Behandlung nicht gut. Wir redeten, Martin berichtete von seinen Erfahrungen. Wir vereinbarten ein Treffen. Wir hatten eine plötzliche Vertrautheit gespürt, wie sie vielleicht leichter unter Fremden entsteht, die unversehens dasselbe Schicksal teilen.

Nie ist es zu einer weiteren Begegnung zwischen den beiden gekommen. Entweder ging es Rainer Fenger nicht gut, oder es ging Martin nicht gut. Doch wir haben telefoniert. Rainer Fenger war der fleißigere Anrufer. Als Martins Zunge schwerer wurde, haben Rainer Fenger und ich gesprochen. Manchmal konnte ich auch ihn kaum verstehen. Es reichte, dass wir verbunden waren. Jeden Abend haben wir füreinander gebetet – über Martins Tod hinaus.

Am Sonntagabend, 11. Januar, ist Rainer Fenger gestorben. Freitagmittag, 16. Januar, wurde er zu Grabe getragen.

Pastor Johannes Ehrenbrink entfaltete vor den Trauergästen in der überfüllten Friedhofskapelle das reiche Leben von Rainer Fenger. „Unsere St.-Ludgerus-Gemeinde war ihm ganz wichtig. Über 20 Jahre war er im Kirchenvorstand.“ Der frühere Staatsanwalt habe „ausgesprochen genau“ Protokoll geführt und über viele Jahre im Kegelverein der Gemeinde die Kugel geschoben.

Rainer Fenger sei von einem tiefen Glauben geprägt gewesen – auch „durch seine eigene Familie, die ihm immer ganz wichtig war“; er habe diesen Glauben überzeugend durch seine regelmäßige Gottesdienstmitfeier, durch sein Interesse an religiösen Fragen und durch sein Mittun in einem Familienkreis gelebt.

In seiner schweren Krankheit habe er im Empfang der Krankensalbung und gemeinsam mit Ina immer wieder im Empfang der heiligen Kommunion Kraft gesucht und gefunden.

Johannes Ehrenbrink schilderte seine persönlichen Erfahrungen mit Rainer Fenger. „Ich habe ihn bei Veranstaltungen und unseren Gemeindefahrten erlebt als einen sehr herzlichen und geselligen Menschen. Es war immer eine Freude, mit euch auch mal etwas länger zusammenzusitzen und Spaß zu haben. Ich bin sehr dankbar für diese Stunden.“

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Rainer Fenger (links) mit seiner Frau Ina (rechts) und Freunden unterwegs auf Borkum.

Ähnliche Erfahrungen schildern seine Freunde. Rainer Fenger war gesellig. Wenn er den Mund aufmachte, kam Gutes heraus. Er war kein Schwafler, der sich gern reden hörte, sondern einer, der etwas zu sagen hatte. Im Bereich Geschichte war er ein „wandelndes Lexikon“; in Sachen Politik redete er sehr gut mit. So wurden die Radausflüge, die eine Gruppe der Nachbarn „Am Deepstück“ in Haxtum über viele Jahre unternahm, zu heiteren, geselligen und immer aufs beste bildenden Stunden. Sein Freund Johannes Funke erzählt, Rainer habe sich excellent vorbereitet und bei Besichtigungen während der Touren sein Wissen anschaulich vor ihnen ausgebreitet. „Rainer wusste alles!“

„Und man konnte mit ihm über alles reden.“ An Rainer Fenger war nicht eine Spur Überheblichkeit. Das wusste und schätzte auch seine Familie mit Frau Ina, den Kindern Antje und Dirk, Schwiegerkindern und Kindeskindern. Rainer und Ina hätten ein Einfühlungsvermögen gehabt, das ihresgleichen gesucht habe.

11-Rainer-Fenger-Kirchenrenovierung [3]Rainer Fenger war sich nie zu schade, selbst bei „kleineren“ Arbeiten zuzulangen – hier bei der Reinigung der Kirche nach der Renovierung.

Rainer Fenger war ein Mann mit Fantasie. Gern denkt Johannes Funke an die gemeinsamen Saunagänge im Winter. „Da haben wir Weltverbesserungsvorschläge erdacht und überlegt, wie man sie umsetzen könnte.“

So ein Mann war Rainer Fenger. Weltverbesserungsvorschläge. Er hatte nicht nur in Fantasie und Freundeskreis eine bessere Welt zu bieten. Johannes Ehrenbrink schilderte in seiner Predigt die Arbeit von Staatsanwalt Fenger. „Er hat hart gearbeitet. Er war gewissenhaft, sehr fleißig, hat oft bis spät in die Nacht am Schreibtisch gesessen…“ Rainer Fenger hatte dem Pastor einmal gesagt: „Ich möchte in den Menschen hineinsehen, um die Wahrheit zu erkennen.“ Um diese Wahrheit sei es ihm gegangen. Zu allen Ebenen in der Staatsanwaltschaft hatte er gute Beziehungen und war lange Personalratsvorsitzender. „Er hat in der Behörde Spuren hinterlassen.“ Kollegen schildern ihn als immer freundlich und hilfsbereit – mit einem guten Wort selbst dann, wenn etwas schief gelaufen war.

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Rainer Fenger in der ewigen Stadt.

Johannes Ehrenbrink skizzierte in der Trauerfeier das Leben von Rainer Fenger. Zur Welt gekommen war er am 17. Juni 1943 in Celle. Er wuchs in Norden auf. Dort war sein Vater Amtsrichter. Rainer studierte in Heidelberg, wurde Mitglied in der Studentenverbindung Palatia, in der schon sein Vater und sein Großvater Mitglied gewesen waren und aus der sich bis heute bestehende Freundschaften entwickelten. Nach dem Studium kam Rainer Fenger nach Aurich und arbeitete als Staatsanwalt, bis er mit 60 Jahren in den Ruhestand ging.

In jungen Jahren war er ein guter Turner gewesen, hat eigentlich sein ganzes Leben lang Sport getrieben, liebte das Reisen, und wie bei den Radausflügen der Nachbarschaft während der Gemeindefahrten besonders die Führungen, die er „intensiv“ zu begleiten wusste.

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Mit Freunden auf dem Deich bei Wilhelmshaven.

Rainer Fenger gehörte zum Arbeitskreis der Reserveoffiziere in Ostfriesland der Bundeswehr und zu einem Stammtisch älterer Herren, die alle in einer Verbindung waren.

Ein reiches Leben.

Freunde gestalteten die Trauerfeier singend mit. „Meine Zeit steht in deinen Händen“, war ihr erstes Lied – mit der verheißungsvollen Zeile: „Herr ich rufe: Komm und mach mich frei! Führe du mich Schritt für Schritt.“ Anderthalb schwere Jahre ist Rainer Fenger mit seinen Lieben gegangen. Und er hat sich geführt gefühlt. Johannes Ehrenbrink: „Es waren Wochen und Monate, ja eineinhalb Jahre mit Therapien und Behandlungen, mit Rehamaßnahmen und Anwendungen, mit Hoffnungen und Fast-Zusammenbrüchen, mit Überlegungen, Arztgesprächen und Krankenhausaufenthalten und auch wieder ruhigen und noch sehr schönen Zeiten zu Hause. Am Ende war die Krankheit stärker als alles andere.“

Der Pastor verwies auf Jesus. Er habe an sich selbst gezeigt: „Der Tod ist nicht das Ende. Auch dem Toten ist Zukunft erschlossen. Jesus hat uns eine Hoffnung ermöglicht, die über den Tod hinausgeht. Glauben wir dem, was Jesus gesagt hat, dann muss diese Zukunft sehr schön sein.“ Ehrenbrink nahm Bezug auf das Evangelium. Jesus habe uns in seinem Gleichnis zugesagt, dass er hingehe, uns eine Wohnung zu bereiten. Da schwinge sehr viel mit: „Geborgenheit, Frieden, Erholen, zu sich selbst kommen, wohlfühlen… All das ist uns in einer letzten Tiefe und Schönheit bereitet.“

So gebe es in der Trauer Hoffnung, gebe es Licht. „Der Lebensweg des Verstorbenen endet nicht im Tod, endet nicht hier im Sarg, sondern mündet ein in ewige Gemeinschaft bei Gott, einer Gemeinschaft, zu der auch wir alle berufen sind. Diese Gewissheit kann helfen loszulassen, loszulassen in die Hände Gottes hinein“, so wie es das Augustinus-Zitat der Todesanzeige für Rainer Fenger sage:

Auferstehen ist unser Glaube,
Wiedersehen unsere Hoffnung,
Gedenken unsere Liebe.