2019-06-11 | Wie Georg ein Herz hüpfen ließ

Vater, Mutter und drei Kinder besuchen die Heilige Messe. Die Eltern versuchen ohne viel Aufhebens, Georg, Richard und Julius ruhig zu halten und die Nerven der Umsitzenden zu schonen.

Aber der Kleinste windet sich hin und her. Georg macht Faxen und zieht Grimassen. Er zerrt an den Nerven der Eltern. Richard der Mittlere bleibt nicht unberührt und entwickelt eine bewegungsintensive Kuschel- und Kasperlaune. Julius der Große ist sichtlich um Ernst und Fassung bemüht, aber seine Mundwinkel zucken süß und verdächtig in Richtung Lachanfall.

Eltern haben es nicht leicht, mit ihren jungen Familien Glauben zu leben. Wie können sie den Wunsch, ihre Kinder mitten in der Gemeinde zu wissen, mit dem Wunsch zusammenbringen, die Andacht anderer Menschen nicht zu stören?

Ich bin sicher, dass Eltern bei Kindsbewegungen dieser Art eine andere (kritischere) Sicht haben als der Rest der Gemeinde. Ich saß einige Bänke hinter den Fünfen. Meine Andacht war nicht gestört. Zwischendurch dachte ich allerdings: Wie wertvoll ist es für Kinder, inmitten der Gemeinde in den Glauben hineinwachsen zu dürfen – von den Eltern ungezwungen angeleitet.

Ein paar Tage später versorgte mich die Mutter mit einem weiteren Beleg für dieses wertvolle Hineinwachsen. Sie hatte einige Zeit zurvor mit eben jenem kleinen „Störenfried“ am Kindertisch im Wohnzimmer gesessen. Der Große hatte gemalt und gebastelt, und der Kleine wollte mitmischen. Er schnappte sich Buntstift und Papier und legte los.

Seine Bilder sind noch ein bisschen krakelig. Nicht alles Dargestellte lässt sich auf Anhieb identifizieren. Aber an diesem Nachmittag zeigte er stolz auf das Papier und erklärte seiner Mutter das Werk: „Ich habe einen Jesus-Strich gemacht!“

Einen Jesus-Strich. Das Mutterherz hüpfte höher. Offensichtlich war das Symbol des Kreuzes beim knapp vierjährigen Georg „angekommen“. Was genau er damit verbindet, kann er nicht in Worte fassen, aber es war ihm wertvoll genug, auf Papier festgehalten zu werden.

Der Jesus-Strich von Georg.

Dem Erfinder des Jesus-Strichs kann nun in Heiligen Messen hoffentlich erst recht niemand mehr böse sein, wünscht sich

herzlich eure
Turmflüsterin

PS: Anderen Eltern geht es in Gottesdiensten womöglich ähnlich. Das Familien-Wochenende von Neuauwiewitt im Herbst bietet reichlich Gelegenheit, „Verbündete“ zu treffen, die ebenfalls mit ihren Kindern versuchen, den Glaubensweg gemeinsam zu gehen.