17.04.21 | Sonntagsgruß von Andrea

Eigentlich… ja, eigentlich wollte ich Ihnen einen ganz anderen Gruß zu diesem Sonntag schreiben… eigentlich hatte ich auch schon die Grundidee fertig … eigentlich gebe ich meinen Text schon immer sehr früh

an die Redaktion… aber langsam wird mir klar, warum das diesmal nicht so ist: ich habe gestern Abend an einer Online-Veranstaltung teilgenommen, bei der eine „etwas ältere Dame“ eine Frage in die Runde warf, die mich nicht losgelassen hat (ich habe sogar davon geträumt).

In der ersten Kleingruppen-Arbeit hatten wir 10 Minuten Zeit, um uns kurz vorzustellen und zu sagen, warum wir uns zu dieser Auftakt-Veranstaltung zum Thema „Kirche der Beteiligung“ angemeldet haben. Wir waren incl. Gruppenleitung 7 Personen. Zuletzt stellte sich die entsprechende Dame vor und sagte etwa: „Ich bin hier, weil ich mal wissen wollte, ob es noch Leute gibt, die das gut finden, was der Papst sagt und macht. Alle stellen sich gegen ihn und zeigen nun nach außen, dass sie homosexuelle Paare segnen und das auch weiterhin tun wollen. Einzeln kann man sie ja meinetwegen auch segnen. Aber es können doch nicht alle in der katholischen Kirche sagen, dass es falsch ist, was der Papst sagt. Sogar der Kirchenbote schreibt diese Woche so einen Bericht und Kommentar. Dabei ist das doch eine katholische Zeitung. Ein paar Leute kenne ich, die denken wie ich, aber die trauen sich schon gar nicht mehr, irgendwas zu sagen. Ich will mich aber trauen und deshalb bin ich hier und möchte wissen, ob es noch mehr gibt, die den Papst unterstützen.“  – Betretenes Schweigen – und in einer Videokonferenz kann man sehen, wenn alle betreten auf die Tastatur gucken. Nachdem die Gruppenleiterin auch nichts sagte, habe ich irgendwas von „… im Netz findet man schon Leute, die für den Papst sind und auch so denken, aber die Diskussion gehört hier ja jetzt irgendwie nicht hin und würde hier wohl auch den Rahmen sprengen…“ gesagt. Allgemeines Aufatmen. Zweimal war die Dame noch mit mir in einer Kleingruppe – zu dem Thema hat sie nichts mehr gesagt.

Nachdem wir (insgesamt 52 Teilnehmer:innen) uns nach etwas mehr als 2 Stunden intensiver Arbeit voneinander verabschiedet hatten, es still um mich geworden war und der Laptop-Bildschirm schwarz, saß ich da in meinem Wohnzimmer mit den Worten dieser Frau… Wie mutig von ihr!! Genau das war doch unser Thema gewesen: Kirche der BETEILIGUNG. Sie hatte Lebens- und Glaubenserfahrung, wollte sich damit in der Kirche beteiligen, wollte sich über ihren Glauben austauschen, suchte die Gemeinschaft mit Gleichgesinnten … und ich würge sie einfach ab. Jetzt schäme ich mich dafür! Warum konnte ich das betretene Schweigen nicht aushalten? Weil die Frau „eben alt und konservativ ist“? Weil wir junge Leute für den Glauben gewinnen wollen und das mit so einer Meinung nichts wird? Weil ich mir eben auch beim Papst lieber aussuchen möchte, was ich gut finde an ihm und was nicht? Weil es bequemer ist, „solche  Ansichten“ von oben herab zu belächeln und den eigenen Standpunkt nicht diskutieren zu müssen?

Ich kenne nur den Vornamen der Frau, aber ich werde recherchieren, woher sie kommt und Kontakt zu ihr aufnehmen – um mich zu entschuldigen, und um mit ihr über ihre Fragen und über die „Kirche der Beteiligung“ zu sprechen. Wir können nur voneinander lernen!

Ich wünsche Ihnen allen einen schönen Sonntag, bleiben Sie diskussionsfreudig – und gesund!

Ihre und eure

Andrea Eilers