31.01.16 | Paulus, der Poet in Sachen Liebe

Heute hören wir in einer der Sonntagslesungen die reine Liebespoesie: das Hohelied der Liebe des Apostels Paulus. Für ihn ist die Liebe eine Alleskönnerin und die reine Unschuld.

Denn „sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand.“

Sie geht vom Guten aus und ist damit restlos altmodisch. Heute ist es schick, vom Bösen auszugehen. Da reicht die frei erfundene Behauptung auf Facebook, Flüchtlinge hätten ein Mädchen vergewaltigt, um Hetze zu entfachen.

Nicht vor Flüchtlingen habe ich Angst, sondern vor solchen Brandstiftern, die mit Worten zündeln oder tatsächlich Feuer legen und bereit sind, Menschen „abzufackeln“.

Viele fordern von den Flüchtlingen, unsere demokratischen Strukturen zu achten, zertreten aber selbst im Dreck, was wir an demokratischen Werten haben. Unser Grundgesetz spricht schon in den ersten beiden Ziffern jedem unter uns unterschiedslos Schutz zu:

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

Die Welt ist in Frieden und Gerechtigkeit bei uns zu Hause, wenn wir Paulus ernst nehmen: „Die Liebe ereifert sich nicht (gegen alles Fremde), prahlt nicht (mit angeblicher deutscher Überlegenheit), sucht nicht ihren Vorteil (zum Nachteil anderer), lässt sich nicht zum Zorn reizen (durch Facebook-Lügen), trägt das Böse nicht nach (wenn unter den Flüchtlingen genau so wie unter den Deutschen Kriminelle leben). Sie freut sich nicht über das Unrecht (wenn Brandsätze fliegen).“

So ist die Liebe nicht.

Wie ist sie dann?

Sie ist langmütig (und gibt Zeit, um die Herausforderungen zu lösen), die Liebe ist gütig (und verschenkt ihre Talente an andere). Sie hält allem stand und lässt sich nicht in dem Glauben beirren, dass allen Menschen die gleiche Würde von Gott her innewohnt.

Herzlich eure
Turmflüsterin