Hahnenkamp, Anni † | Rendantin war für viele ein Segen

Am Freitag, 3. Januar 2020, ist im Alter von 77 Jahren Anna „Anni“ Hahnenkamp gestorben. Gut 15 Jahre lang hat sie als Rendantin für den Kindergarten von St. Ludgerus gearbeitet und sich ehrenamtlich in vielen weiteren Bereichen der Gemeinde engagiert. Weiterlesen

Holtsteger, Anne † | Eine feine Frau

Am Sonntag, 2. Juni 2019, ist Anne Holtsteger verstorben. Sie war Gründungsmitglied der Kolpingsfamilie in Wiesmoor und Mutter, Großmutter und Urgroßmutter… Weiterlesen

Hesse, Brigitte | Dekanatsreferentin

Am 27. März 1958 kam Christel Hesse aus Hallenberg mit ihrem ersten Kind nieder. Brigitte war geboren. Die geographische Lage am Südfuß des Rothaargebirges… Weiterlesen

Heger, Heinrich † | Initiator der Ökumene

Am Dienstag, 5. Dezember 2017, starb im Alter von 86 Jahren Heinrich Heger. Er war am 28. Dezember 1968 der entscheidende Initiator der Ökumene in Aurich gewesen und tat viel für sie. Weiterlesen

Heindl Doris † | Kindergartenleiterin

Am 20. Januar 2017 starb Doris Heindl, einst Leiterin des Kindergartens von St. Ludgerus. Viele, die in den 1990er-Jahren sowie in den ersten 2000er-Jahren ein Kleinkind – oder Eltern eines Kleinkinds – waren, erinnern sich gern an sie. Weiterlesen

de Haan, Antje | 42 Jahre im Dienst für Kinder

42 Jahre und neun Monate war Antje de Haan in St. Ludgerus für Kinder da. Dienstag verabschiedete die Gemeinde ihre Mitarbeiterin in einer Feierstunde. Begonnen hatte Antje am 1. April 1974 als Kindergärtnerin. Weiterlesen

Husen, Markus | Gemeindereferent

Am Samstag, 24. September 2016, sendete Bischof Dr. Franz-Josef Bode Gemeidereferent Markus Husen in die Pfarreiengemeinschaft Neuauwiewitt. 1990 war er im Krankenhaus in Sögel zur Welt gekommen. Weiterlesen

Hack, Carl Borromäus | Pastor in Neuauwiewitt

Pastor in der Pfarreiengemeinschaft Neuauwiewitt | * 1958

Text und Foto (Porträt): Delia Evers

1-CBH3Am Dienstag, 9. Dezember 2014, beging Carl Borromäus Hack (Foto l.) sein Silbernes Priesterjubiläum. Manchmal staunt er selbst darüber, was aus ihm geworden ist. Geplant hatte er seine Karriere nicht.

1-CBH7Mutter Johanna (kl. Foto rechts mit kleinem Carl B.) hatte ihn im Januar 1958 im emsländischen Meppen nach zwei Mädchen in eine Familie hineingeboren, die rekord-verdächtig schnell wuchs: erst um vier Brüder, dann noch um zwei weitere Schwestern – neun Kinder in elf Jahren.

Die Familie durchlebte eine schwere Zeit. Vater Carl-Heinz zeichnete zunächst noch als Ingenieur für Wasserwirtschaft im Wasserwirtschaftsamt in Meppen für den Bau von  Wasserwerken in der deutsch-niederländischen Grenzregion verantwortlich. Doch er wurde suchtkrank und war immer seltener zu Hause („Papa war oft nicht da“). Johanna Hack kompensierte viel. Sie war die Mutter ihrer Kinder, Hausfrau, später Fachlehrerin für Stenographie und Maschineschreiben und Sekretärin im Maristenkloster in Meppen.

Vor allem war sie „der Mittelpunkt unserer Familie“. Carl Borromäus schildert sie als liebevoll und besorgt um ihre Kinder, da sie um die Unzulänglichkeit in der Familie wusste. Und „sie war in allem unsere Ansprechpartnerin“. Carl Borromäus lernte früh, für andere da zu sein und mitzudenken, allein schon, um die Mutter zu entlasten.

Er ist bis heute froh darüber, dass er sie 2010 am Tag vor ihrem Tod besuchte. Der Sohn spendete der Mutter die Krankensalbung.

Schon als Kind hatte er wie die ganze Familie sonntags die Heilige Messe besucht. „Das gehörte dazu.“ Für Carl Borromäus war es eine Gelegenheit, aus dem Haus zu kommen. „Ich bin immer gern zur Kirche gegangen.“ Er mochte das Beten und das Singen und erlebte es als sinnliche Erfahrung.

1-CBH9Erste Heilige Kommunion am 17. April 1966 – mit den Geschwistern v.r. Andreas, Joachim und Erika sowie der Patentante von Joachim.

Später wurde er Messdiener in Meppen St. Paulus. Er wuchs ganz selbstverständlich in die Gemeinde und ihre Aufgaben hinein, wurde Mitte der 70er-Jahre Gruppenleiter für Kinder und Jugendliche und tat damit das, was er auch zu Hause getan hatte: Er war für andere da. Gern ging er mit Jugendlichen auf große Fahrt. Er mochte es, abends mit ihnen am Lagerfeuer zu sitzen und zu erzählen; er las ihnen Gutenachtgeschichten vor.

1-CBH8Carl Borromäus schloss 1974 das Gymnasium in Meppen lustlos mit der Mittleren Reife und ohne Berufswunsch ab. So blieb er anderthalb Jahre zu Hause und war in der Familie der „Mann für alle Fälle“. Er kochte, putzte, wusch Wäsche, betreute die jüngeren Geschwister und seine im September 1974 geborene Nichte.

Der erste Schultag Ostern 1964.

Einige Zeit liebäugelte er mit einer kaufmännischen Karriere („aber ich kriegte nix“). Carl Borromäus wurde „staatlich geprüfter Kriegsdienstverweigerer“. Er tauschte die Kaserne gegen ein Kinderheim in Hamburg, das von Ordensschwestern geführt wurde, und leistete mit 18 Jahren sein freiwilliges soziales Jahr.

Zwei Größen blieben ihm über die Jahre erhalten: die Kirche und der Umgang mit Kindern und Jugendlichen. Er ließ sich von 1978 bis 1980 in Düsseldorf an der Fachschule für Sozialpädagogik mit dem Schwerpunkt Jugend- und Heimerziehung zum staatlich geprüften Erzieher ausbilden.

Selbst im „praktischen Jahr“ war ihm noch nicht klar, wo seine Reise hingehen sollte. Als Mitarbeiter ins Düsseldorfer Jugendamt? Als Erzieher in ein Heim? Oder als Theologe in die Kirche? Auch die Religion hatte ihn über all die Jahre nicht losgelassen. Er hatte nie einfach nur seine Arbeit getan, sondern sie als jemand geleistet, der in christlicher Grundhaltung Gutes tun wollte und sich nicht scheute, das Wort Liebe als Schubkraft seiner Arbeit in den Mund zu nehmen.

Liebe empfand er zeitweilig auch zu einer jungen Dame („fast wären wir vor dem Traualtar gelandet“); aber beide – die Liebe und die Dame – kamen ihm abhanden. Schnell war er froh darüber. „Ich hätte mir eine eigene Familie gut vorstellen können.“ Noch besser konnte er sich vorstellen, als Priester ganz für andere da zu sein.

Er quartierte sich in Neuss im Collegium Marianum ein und begann am erzbischöflichen Friedrich-Spee-Kolleg damit, für seine Reifeprüfung zu pauken. Das war eine Vorentscheidung, denn das Kolleg war dafür bekannt, junge Männer auf dem zweiten Bildungsweg Richtung Priesterdasein zu begleiten. Das Lernen ging Carl B. leicht von der Hand, und der 22-Jährige und seine Mitstreiter fühlten sich wie der Pennäler Pfeiffer „mit 3 f“, der alle Streiche und Späße seiner Kinder- und Jugendzeit schnell wieder drauf hatte und ein bisschen das Lehrpersonal schikanierte.

Im Dezember 1982 hielt Carl Borromäus sein Reifezeugnis in der Hand. Und er wusste, wofür er es nutzen wollte. Schon in den Jahren zuvor hatten einige Geistliche ihn sehr beeindruckt. „Wir hatten in Meppen über Jahrzehnte gute Kapläne.“ Carl Borromäus sagt fast ein bisschen feierlich: „Einer davon war 1977 Johannes Ehrenbrink.“

Der junge Johannes – er hatte in Meppen seine erste Kaplanstelle inne – steckte voller Ideen und mitreißender Tatkraft. Die beiden wurden Freunde und sind es bis heute. Carl Borromäus ertappte sich damals einige Male bei dem Gedanken, eines Tages selbst an Ambo und Altar zu stehen. „Ich dachte: ‚Das könnte es werden‘.“ Wirklich reif war der Gedanke nach dem Abitur. „Da war die Sache über Jahre gewachsen.“

1-CBH2Carl Borromäus Hack (l.) und Johannes Ehrenbrink auf einem „Jugendfoto“.

Carl Borromäus schrieb sich von 1983 bis 1988 als Student der Theologie und der Philosophie bei den Jesuiten in Frankfurt und in Innsbruck ein, besuchte das Priesterseminar in Osnabrück und absolvierte zwischendurch sein Diakonat in Bremen St. Antonius, wo ein „alter“ Bekannter ihn herzlich begrüßte. Johannes Ehrenbrink wirkte dort inzwischen als Pfarrer. „Bei Johannes habe ich viel gelernt, weil er mich überall hin mitnahm. Ich erlebte seine Art, mit Menschen umzugehen. Und er hat mir was zugetraut.“

Mit 32 Jahren empfing Carl Borromäus am 9. Dezember 1989 im Dom zu Osnabrück durch Bischof Ludwig Averkamp seine Priesterweihe. Natürlich waren Carl Borromäus und die anderen neun frisch Geweihten aufgeregt. Vor allem aber empfand er, dass ihm etwas Einschneidendes zugestoßen war.

Sein Primizspruch lautet: „Das ist sein Gebot: Wir sollen an den Namen Jesus Christus glauben und einander lieben, wie er es uns geboten hat.“ (1 Joh 3,23)

Er durchlief 20 Jahre erst als Kaplan, dann als Pfarrer und Dechant. Schließlich fühlte er sich nicht mehr als Pastor, sondern wegen großer Bauvorhaben in seiner damaligen Gemeinde in Bad Bentheim wie der Chef eines mittelständischen Unternehmens. Das war nichts für ihn.

1-CBH10Pfarrer Carl Borromäus Hack 1999 mit Bischof Franz-Josef in Engden – nach einer Kutschfahrt anlässlich des 100-jährigen Kirchweihjubiläums.

Schon immer hatten er und Johannes Ehrenbrink gesponnen, irgendwann einmal etwas Gemeinsames zu machen. Carl Borromäus ließ sich 2006 in Wesuwe „parken“; aus dem anvisierten einen Jahr wurden zwar drei, aber dann klappte es. In der Pfarreiengemeinschaft Neuauwiewitt wurde Carl Borromäus, der nicht mehr als Pfarrer und Manager seiner Gemeinden arbeiten mochte, Priester zur Mitarbeit mit dem Titel Pastor. Am 14. August 2009 hielt er seinen Vorstellungsgottesdienst… Mit bekanntem Ergebnis.

1-CBH1Die Freunde auf Urlaubsreise (was hier alt aussieht, ist nur das Foto).

Seit zehn Jahren (Stand 2019) arbeitet er in Neuauwiewitt. Hat er gefunden, was er sich gewünscht hat? „So kann ich das nicht sagen. Ich habe mich in all den Priester-Jahren immer und überall am richtigen Platz gefühlt. Nur wollte ich irgendwann keine leitende Funktion mehr haben, sondern ganz Pastor sein.“

Das hat er zwar nicht in Vollendung geschafft (er ist u.a. stellvertretender Dechant), ist aber nicht in erster Linie gefragt. Das freut ihn. Gern übernimmt er neben dem normalen Messplan Hausbesuche, bringt die Krankenkommunion oder spendet die Krankensalbung, zelebriert bei Taufen, Trauungen und Trauerfällen – und noch immer hat er u.a. als Dekanatsjugendseelsorger einen besonderen Draht zu Kindern und Jugendlichen. Sie mögen den Priester, der manchmal trotz seiner äußeren Erscheinung mit weißem Haupthaar und vollem Bart wie ein großer schlaksiger Junge und damit wie einer von ihnen wirkt.

Er möchte für andere „einfach da sein. Nicht unbedingt viel reden. Zuhören. Zeit haben.“ Ein Grundbedürfnis der Menschen sei überall auf der Welt gleich: in Freude und Not wahrgenommen zu werden.

Das Missionieren liegt ihm nicht. Wenn ein Kind getauft werden soll, kann er die Eltern schon mal fragen: „Warum wünschen Sie sich die Taufe?“ Er will die Eltern nicht vorführen, sondern sich mit ihnen daran freuen, dass vielleicht ein Rest an Kirchenzugehörigkeit spürbar ist.

Manchmal bekommt er Rückmeldungen. Die Eltern waren berührt, fühlten ihr Kind tief gesegnet und sich selbst in unseren Kirchen willkommen. Dann freut sich Carl Borromäus. In den Getauften sieht er auch die Kirchgänger von Morgen. „Wenn sich die Eltern heute nicht willkommen fühlen, werden sich irgendwann auch ihre Kinder nicht willkommen fühlen.“

Für ihn ist es eine Ermutigung, wenn Eltern ihren Kinderwagen in den Gottesdienst schieben. Sollen die Kleinen ruhig quäken. Wer sich davon ablenken lässt, denkt er dann manchmal, könnte vielleicht an seiner eigenen Andacht feilen…

Etwas rüselig wurde es auch an seinem Silber-Feier-Tag, am Sonntag, 14. Dezember 2014, im Wittmunder Gottesdienst. „Ich weiß von nix“, sagte er im Vorfeld etwas unruhig. „Von nix wat zu wissen“ fällt ihm schwer…

Diesmal hatten sich andere Gedanken über ihn gemacht, z.B. über seine Treue, die Menschen immer wieder verblüfft und freut, und über seine Bereitschaft, sofort einzuspringen, wenn ein Priesterkollege ersetzt werden muss – egal ob in Emden, Norden oder auf einer Insel.

1-CBH4Nicht verschwiegen werden soll freilich, dass Carl Borromäus auch anders kann: Was er nicht will, macht er nicht. Punkt. Aus. Feierabend! Sein Sturkopp ist, neudeutsch gesprochen, unkaputtbar. Aber dieser Sturkopp wird trefflich gemildert. Es gibt kaum jemanden, der so wenig nachtragend ist wie Carl Borromäus.

Der kleine Carl Borromäus – offenkundig schon mit Prachtschädel ausgestattet.

Ein Loblied gilt seiner Stimme. Sie ist tief, klar und tonsicher. Er kann einer Kirche voll Menschen das Gefühl geben, konzertreif aus einem Mund zu singen. Im Gegensatz zu seinem Chef (dem irdischen in Aurich) singt er gern und gut die feierlichen Stellen im Hochgebet jeder Eucharistiefeier. Carls Sprechstimme ist nicht minder klar. Er grinst kokett und sagt: „Es war nett vom lieben Gott, mir meine Stimme zu schenken.“

Auf Säuglinge hat sie eine spezifische Wirkung. Sie schlummern selig vor sich hin (Anmerk. der Red.: Auf Erwachsene soll das nur in Ausnahmefällen zutreffen). Carl Borromäus redet seine Sätze nicht geziert daher. Er verkündet in der gleichen Stimmlage, mit der er auf dem Kirchhof übers Wetter predigt – ohne die Satzmelodie zu verändern. Seine Sprache fließt ruhig und kraftvoll dahin.

So kann er sagen, was er glaubt und wovon er überzeugt ist. „Ich möchte als Pastor für die Menschen da sein und ihnen die frohe Botschaft Jesu Christi und die Liebe des Vaters nahebringen.“ Sein Credo ist und bleibt die Liebe Gottes zu den Menschen, die sich jeden Tag ereignet. Sie ist seine feste Größe; sie war es auch in den Tiefen seiner Priesterzeit. „Manchmal war ich versucht, die Brocken hinzuschmeißen.“

Er hat immer wieder Halt gefunden. Seinen Chef, Priesterkollegen und Freund Johannes sieht er als einen dieser Halt-Punkte, die ihm verlässlich zur Seite gestellt sind. Von wem? Das muss man den jubilierenden Carl Borromäus nicht fragen.

Manchmal hängt der „Haussegen“ zwischen Johannes und Carl Borromäus allerdings schief. Schuld sind Werder Bremen (und Fan Johannes) sowie Bayern München (und Mitglied Carl Borromäus). Johannes hat eindeutig weniger zu lachen. Er muss etwas länger zählen, bis er den Tabellenplatz seiner Jungs erreicht hat. Dafür hatte Carl Borromäus es lange nicht so spannend, da die Bayern auf Platz 1 rangierten und ein nahezu unsportliches Beharrungsvermögen ausübten. Das ist Geschichte, und großzügig lassen sie nun auch mal andere an die Spitze. Carl fühlt sich den Freistaatlern schon deshalb verbunden, weil durch seine Adern weiß-blaues Blut rautiert. Er kann damit auftrumpfen, dass sein Großvater aus Bayern stammt.

Genau so lange in Familienbesitz wie das weiß-blaue Blut ist der Doppelname Carl Borromäus. Schon der „bayrische“ Großvater hieß so – zu Ehren jenes Mannes, der sich in der Gegenreformation für eine moralische Erneuerung der römisch-katholischen Kirche einsetzte und auf den sich die Büchereien in katholischer Trägerschaft berufen.

1-CBH6Und hier ein Bild des „bayrischen“ Großvaters: Opa Carl Borromäus mit Enkel Carl Borromäus sowie den Schwestern Johanna (Mitte) und Magdalene.

Überhaupt die Bücher: Carl Borromäus mag sie besonders gern, wenn sie Geschichte gekonnt in Romanform aufbereiten, und noch lieber, wenn Heilige darin vorkommen wie Elisabeth in den „Toren des Himmels“.

Wer 2014 glaubte, einen Tipp für ein brauchbares Jubiläumsgeschenk vor Augen zu haben, irrte: Carl Borromäus wäre über jedes Präsent enttäuscht gewesen, das er nicht zugunsten sozialer Zwecke hätte entgegennehmen können, zum Beispiel für den Verein für tätige soziale Hilfe in Ostfriesland Subito oder für sozial-caritative Einrichtungen in Alytus, Kaunas, Pamusis und Pakruojis – Geschenke also, die in einen Brief-Umschlag passen (was niemanden abhalten sollte, bündelweise zu schenken; schließlich gibt es Umschläge mit Füllfalz).

Wer in den Tagen vor dem Silberjubiläum mit Carl Borromäus sprach, erlebte einen eher ernsten Mann, dem durchaus feierlich zu Mute war. Er hat als Spätberufener seinen Weg begonnen. Gefunden wäre zu viel gesagt. Kein Wegstück lag und liegt klar ausgebreitet vor ihm. Erst im Voranschreiten erfährt er manchmal, wie er weitergeht. So ist er seit einem Vierteljahrhundert unterwegs und empfindet vor allem Dankbarkeit, „dass Gott mich auf meinem Weg begleitet.“

Carl Borromäus schaut mit Spannung auf das, was vor ihm liegt. Und manchmal wundert er sich ein bisschen, was aus einem Säugling werden kann, der, als er 1958 auf die Welt kam, gleich zu sterben drohte. Der Junge atmete nicht. Keins der bewährten Mittel half. Da vollzog eine Ordensschwester die Nottaufe. Der Neugeborene wurde weiter verzweifelt sacht geschlagen und in Wechselbäder getaucht. Plötzlich kam der erste Schrei.

Seine Stimme war in der Welt.

Vita
1958 Geburt in Meppen
1977 Ausbildung zum staatlich geprüften Erzieher, Schwerpunkt Jugend- und Heimerziehung
1980 Besuch des erzbischöflichen Friedrich-Spee-Kollegs in Düsseldorf
1982 Reifeprüfung an diesem Kolleg
1983 Studium der Theologie und Philosophie in Frankfurt und Innsbruck
1989 Diakonat bei Pfarrer Johannes Ehrenbrink in Bremen
1989 Priesterweihe im Dom zu Osnabrück
1990 Kaplan in Melle, Melle-Buer und Melle-Sondermühlen
1992 Kaplan in Eutin – mit den Außenstationen Ahrensbök und Pönitz – und Bad Malente
1995 Neugründung des Erzbistums Hamburg
1996 Rückkehr in das Mutterbistum Osnabrück, Pfarrer in Schüttorf und Engden;
2000 zudem Pfarrer von Bad Bentheim; Dechant im Dekanat Grafschaft Bentheim
2006 Pfarrer in Wesuwe
2009 Priester zur Mitarbeit in der Pfarreiengemeinschaft Neuauwiewitt mit dem Titel Pastor

 

Jesus, berühre mich
Von Delia Evers
| Feier des Silbernen Priesterjubiläums von Carl Borromäus Hack

Alles passte zusammen. Und alles war schlicht: Im Altarraum durfte der Adventskranz mit seinen drei brennenden Kerzen wirken – kein üppiger Blumenschmuck nahm die Sicht auf ihn. Die Priester, die zelebrierten und konzelebrierten, waren ohne Schnickschnack in festliches Weiß gekleidet; und dass Silberjubilar Carl Borromäus Hack doch ein besonderes Messgewand trug, erfuhr die große Gemeinde erst später.

Seine Haushälterin Eleonore Smolka hatte quasi hinterrücks die Körpermaße ihres Chefs besorgt und ihm den Stoff speziell für die Jubelfeier auf den Leib geschneidert.

1-CBH-IMG_2597Carl Borromäus im neuen Messgewand und seine Haushälterin Eleonore Smolka beim Friedensgruß.

Carl Borromäus Hack trug das Geschenk samt zugehöriger Stola mit eingepasster „25“ voll Freude. Mehr Glanz brauchte es nicht für eine würdige und stimmungsvolle Feier.

Auch das Evangelium sprach von Zurückhaltung. Es erzählte von Johannes, der Menschen in Scharen taufte und gefragt wurde, wer er sei. Pfarrer Johannes Ehrenbrink sprach in seiner Predigt über die Antwort des Täufers: „Ich bin die Stimme.“

Johannes sei einzigartig, ein besonderer Mensch und habe als dieser einzigartige Mensch eine außergewöhnliche Aufgabe, nämlich Stimme eines anderen zu sein.

1-CBH-IMG_2616Konzelebranten und Zelebrant in der St.-Bonifatius-Kirche: v.l. Johannes Ehrenbrink, Günter Hillebrandt aus Rheine, Carl Borromäus Hack und Ricardas Rutkauskas aus Nürnberg.

Hier liege ein entscheidender Hinweis des Evangeliums: „Wer sich selbst findet und seine Aufgabe entdeckt, muss und kann sich nicht die großen Wünsche und Hoffnungen anderer aufdrängen lassen und kann sich nicht in Rollen hineinschieben lassen, die andere für ihn ausgeguckt haben.“

Wer seine Aufgabe aus dem Glauben heraus entwickele, müsse Sonderwege gehen. Er dürfe und müsse sich einerseits – auch aus Gottes Sicht – für unverzichtbar halten, andererseits jedoch keinesfalls als Hauptperson verstehen: „Er ist von Gott gesandt und damit Gottes Diener.“

Dieser Prediger, der sich selbst klein machte und lediglich als Diener und Stimme eine knallharte Anklage gegen die Gläubigen erhob, habe rundum recht. Er wisse: „Mitten unter euch steht der, den ihr nicht kennt und der nach mir kommt.“

Jesus Christus sei schon da, und keiner beachte ihn; er stehe dabei und werde nicht gesehen. „So hoch sind die Berge im Inneren der Menschen, so dünn sind die Pfade in ihren Gedanken, so abgründig die Schluchten in den Herzen!“

1-CBH-IMG_2612Viele Gläubige standen hinten in der Kirche, weil keine Bankplätze mehr frei waren. Aus der ganzen Pfarreiengemeinschaft und den früheren Wirkorten von Carl Borromäus hatten sich Festgäste auf den Weg gemacht.

Der Pfarrer wandte sich an Carl Borromäus: „Als Priester, als Pastor stehst du oft im Vordergrund, im Rampenlicht… Und dennoch bist du, wie Johannes der Täufer, nicht die Hauptperson. Es kommt auf dich, auf uns an, aber entscheidend ist, dass wir auf jemand anderen verweisen.“ Daher begründe die priesterliche Vollmacht auch keine Hervorhebung gegenüber Nicht-Geistlichen.

Johannes Ehrenbrink ließ eine kleine Litanei Hack’scher Eigenschaften und Eigenarten an der Festgemeinde vorbeiziehen, allesamt Grundlage und Möglichkeit für berufenes Handeln. „Du in deiner ganz eigenen Art“, sagte Johannes zu Carl Borromäus, „mit einer gewissen Sturheit manchmal und mit der kräftigen Stimme, bist seit 25 Jahren die Stimme dessen, der da ist, der aber oft unerkannt unter den Menschen steht.“

Der Freund Johannes sprach: „Deinen Weg darf ich begleiten. Dafür bin ich dankbar.“

1-CBH-IMG_2599Der Dechant verlas ein Glückwunschschreiben von Bischof Franz-Josef Bode, der Carl Borromäus Hack von Herzen für seine vielfältigen Dienste dankte.

Dank kam auch aus der Gemeinde St. Bonifatius. Peter Kirby (Foto rechts) sagte, Carl sei ein Priester, wie ihn sich jeder Gläubige nur wünschen könne. Er habe seine Zusage wahr gemacht, für die Menschen da zu sein.

1-CBH-IMG_2605Für die Pfarreiengemeinschaft sprach Ulrich Kötting (Foto rechts), der seine Rede kurz, lustig und lieb hielt, für Carls hilfreiche Litauenbegeisterung ebenso dankte wie für sein Mittun in der Doppelkopfrunde; das sei Carls einzige Chance, mitunter zu „heiraten“. Allerdings schalt Uli die „starke psychische Abhängigkeit“ des Jubilars von einem Fußballverein im Süden. Uli: „Das stößt auf! Aber wer ist schon ohne Tadel?!“

Im Namen der Osteuropahilfe St. Marien Rheine-Eschendorf e.V. dankte Josef Kuberek für Carls nachhaltige Hilfe.  Gemeinsam hatten die beiden von Schüttorf aus – zusammen mit der Kolpingfamilie – Hilfstransporte organisiert und begleitet.

Carls Schwester Erika Margarete Jansen trug – auf ihren Wunsch hin leise untermalt von der Orgel – ein Engel-Gedicht vor, das sie für ihren Bruder geschrieben hatte.

Überhaupt die Musik. Der Kirchenchor gestaltete die Feier mit. Eine kleine Schola, angeleitet von Kyra Watermann und Petra Heidecker, besang den „Volltreffer – ja das bist du“. Und dabei zeigten die minikleinen sowie midi- und maxigroßen Teilnehmerinnen begeistert auf Carl Borromäus. Der lachte herzlich.

Carl Borromäus selbst hatte sich zum Auftakt ein Lied gewünscht, das ihn seit langem begleitet. „Die Sache Jesu braucht Begeisterte.“ Sich diese Begeisterung zu erhalten – dazu lud er alle Festgäste ein.

1-CBH-IMG_2651Derweil verabschiedete sich Steffi Holle (im Bild links mit Brigitte Hesse) aus der Kirche mit dem Hinweis, sie wolle sich um die weitere Orga kümmern. Draußen mussten sie und der ganze große Pulk von Helferinnen und Helfern (besten Dank für wochenlange Arbeit!) einen kleinen Schock verdauen, obwohl es leider noch nichts zu verdauen gab: Der Catering-Service mit dem superleckeren Buffet hatte sich aus wichtigem Grund verspätet.

Den Feiernden fiel nichts auf. Sie eroberten das Gemeindehaus, standen, saßen, quetschten sich noch in die letzte Ecke, und bewiesen, dass Tuchfühlung die sicherste Methode ist, ins Gespräch zu kommen. Mitten drin stand Carl Borromäus, begrüßte einen Gratulanten nach dem anderen, streichelte und herzte die Kleinen, drückte die etwas Größeren und strahlte einfach nur Freude aus.

Mittlerweile war das Buffet in einem Zelt fertig aufgebaut. Und all die vielen Menschen wurden ohne jedes Gedränge mit richtig gutem Essen satt. Begehrt waren auch die vielen selbstgebackenen und teils toll dekorierten Festkuchen.

1-CBH-IMG_2675In all den schönen Stunden des Feierns gab es vielleicht nur einen einzigen Moment, in dem Carl Borromäus, hätte er etwas sagen müssen, die sonst so verlässliche Stimme weggekippt wäre. Kyra (kl. Foto links), ebenfalls mit einer herrlich volltönenden Stimme gesegnet, begann mitten im Gewusel zu singen. Man konnte hören, wie die Menschen – erst in ihrer Nähe und schließlich im ganzen großen Rund – zu schweigen begannen, bis nur noch Kyra zu hören war und den Herrn anrief:

Jesus, berühre mich.
Hole mich ab, öffne die Tür für mich.
Nimm mich an deiner Hand, entführe mich
In deine Gegenwart.

1-CBH-IMG_2663Carl Borromäus freute sich zum Silberjubiläum sehr, dass Familienangehörige angereist waren: v.l. sein Bruder Michael und sein Vater Carl-Heinz (†) aus Meppen sowie seine Schwester Erika Margarete (die achte im Kreis der neun Geschwister) mit ihrem Mann Karl Jansen aus Ratingen.

Hahnenkamp, Heinrich | Malteserchef a.D.

Von Delia Evers | Ausgezeichneter Malteser in Ortsgruppe Aurich-Wiesmoor

1-Hahnenkamp3Am Freitag, 30. Januar 2015, wurde Heinrich Hahnenkamp, Jahrgang 1939, auf eigenen Wunsch als Stadtbeauftragter der Malteser in Aurich entpflichtet und verabschiedet. Max Gerfried van Lengerich, der Kreisbeauftragte der Malteser für den Bereich Emsland, zu dem Ostfriesland gehört, vergoldete den Schritt mit etwas Goldenem.

Als van Lengerich eine Ehrung ankündigte, ging ein Raunen durch die Reihen: Er hatte für Heinrich Hahnenkamp die Goldene Verdienstplakette der Deutschen Assoziation des Souveränen Malteser Ritterordens dabei – die zugehörige Urkunde unterzeichnet von SMRO-Präsident Erich Prinz von Lobkowicz.

Alle im Saal standen „wie ein Mann“ auf, und während van Lengerich die Auszeichnung überreichte (Bild), setzte es lang anhaltenden Applaus.

Die Jahreshauptversammlung hatte mit einem Gottesdienst in der St.-Ludgerus-Kirche begonnen. Malteser Ulrich Kötting trug die Tageslesung aus dem Hebräer-Brief vor: „Werft eure Zuversicht nicht weg, die großen Lohn mit sich bringt. Was ihr braucht, ist Ausdauer, damit ihr den Willen Gottes erfüllen könnt und so das verheißene Gut erlangt.“

Heinrich Hahnenkamp hatte sich eine der Fürbitten ausgesucht: „Lass uns Zeugen sein für deine Liebe in dieser Welt, und hilf uns immer wieder neue Wege zu finden, wie wir deine Botschaft leben und verkünden können.“ Er erweiterte die Fürbitte um einen „Eigenanteil“ und bat um Hilfe für die Malteser und ihre Dienste am nächsten.

1-Hahnenkamp5Gruppenbild der Malteser nach dem Gottesdienst.

Präses Johannes Ehrenbrink, wie Konzelebrant Carl Borromäus Hack mit „Malteser-Stola“ angetan, predigte über das Jesus-Gleichnis vom Sämann, der sein Feld bestellt, den Samen keimen und wachsen sieht und nicht weiß, wie das geschieht. Es sei wichtig zu unterscheiden, wo unsere Aufgaben liegen, wo wir selbst etwas tun und verantworten müssten und wo Gott gefragt sei. Da, wo wir mit unseren geistigen und körperlichen Kräften anpackten, könne aus kleinen Anfängen – wie aus dem Senfkorn in einem weiteren Jesus-Gleichnis – mit Gottes Hilfe Großes wachsen.

Mit diesen Worten war der Pastor längst bei den maltesischen Säleuten und besonders bei Sämann Heinrich Hahnenkamp, die aus den kleinen Anfängen der Litauen-Transporte Großes auf den Weg gebracht hätten. Ehrenbrink dankte Heinrich Hahnenkamp für zehn arbeitsreiche Jahre, in denen er immer wieder unglaubliche Fähigkeiten an den Tag gelegt, sein Beziehungsnetz genutzt, Spenden möglich gemacht und mit einer gewissen Listigkeit Gutes zugunsten der Freunde in Litauen bewegt habe.

1-Hahnenberg6Der Pastor wünschte Alfred Dellwisch, dem neuen ersten Mann der Malteser in Aurich, er möge die Stadtgliederung „mit der Gelassenheit des Sämanns in die Zukunft führen“. Johannes Ehrenbrink erinnerte noch einmal an den Hebräer-Satz: „Was ihr braucht, ist Ausdauer“. Während des ganzen Gottesdienstes hatte Alfred Dellwisch mit dem Malteser-Banner neben den Altarstufen gestanden und so auch bildlich deutlich gemacht, was er in seinen Händen weiß.

Alfred Dellwisch in der Kirche mit dem Malteser-Banner.

Im Bonihaus stand Heinrich Hahnenkamp ein letztes Mal bewegt und froh als Chef der Malteser vor seinen Kameraden und gab einen persönlichen Rückblick auf zehn Jahre Führungszeit, dankte für treue Begleitung, Hilfeleistung und Spaß während der gemeinsamen Arbeit. Natürlich vergaß er die Sponsoren nicht, nannte die Werkstatt für behinderte Menschen und die Unternehmung Stahl- und Metallbau Ihnen; beide stellen immer wieder Laster und teils Fahrer zur Verfügung.

Ein Glücksfall waren die Verbindungen von Heinrich Hahnenkamp, Oberstleutnant der Reserve, zur Bundeswehr. Sie stellte Lebensmittel und im Zuge ihrer Umstrukturierungen hochwertige Möbel zur Verfügung, mit denen ganze Einrichtungen in Litauen ausgestattet werden konnten.

Max Gerfried van Lengerich, der Hauptredner des Abends („Liebe Malteser und Nicht-Malteser“), hatte die Aufgabe, Heinrich Hahnenkamp nach all diesem segensreichen Tun zu entpflichten und zu verabschieden. Er skizzierte die Anfänge der Malteser in Aurich.

2005 hatte die Pfarreiengemeinschaft Neuauwiewitt einen ersten Hilfstransport nach Litauen auf den Weg gebracht, schon begleitet von Heinrich Hahnenkamp. Seit 2006, dem Gründungsjahr der Malteser Aurich-Wiesmoor, liegen Organisation und Verantwortung der Transporte in den Händen der Hilfsorganisation.

Max Gerfried van Lengerich sprach bei der Verabschiedung über die Aufbauarbeit und den nachhaltigen Erfolg von Heinrich Hahnenkamp, der Hochachtung verdiene. Er lobte ihn, es zeuge von großem Führungsstil, wenn jemand erkenne, wann die rechte Zeit sei aufzuhören, dankte dem Scheidenden für die „langfristige Einarbeitung des Nachfolgers“ und erhoffte sich mit einem etwas gewagten Zitat aus der französischen Erbmonarchie Kontinuität in der Amtsführung: „Der König ist tot, es lebe der König“.

1-Hahnenkamp4
Steffi Holle überreichte für die Malteser einen Schnuppkorb und eine tolle Fotocollage…

1-Hahnenkamp1
… die gleich in der Versammlung bewundert wurde.

Van Lengerich überreichte Alfred Dellwisch (57), der seit 2006 stellvertretender Stadtbeauftragter sei, die Ernennungsurkunde. Alfred Dellwisch sprach mehr zu sich: „Jetzt bin ich der Chef und kann auch was sagen.“ In der Einladung heiße es, er habe nun das Wort. So hielt er es und dankte mit einem Wort für das Vertrauen. Die Anwesenden wünschten mit kräftigem Applaus gutes Gelingen.

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Abschied für Heinrich Hahnenkamp (r.) und Auftakt für Alfred Dellwisch (l.). Präses Johannes Ehrenbrink (rechte Ecke, unten) und Max Gerfried van Lengerich freuen sich.

Johannes Ehrenbrink sprach über die vielfältigen sozialen Aktivitäten und Anforderungen in der Gemeinde – und vor allem über die Arbeit, die zu tun bleibt. Er forderte die Malteser auf, weiterhin für Litauen stark zu sein und sich zudem vor Ort zu engagieren. Der Pastor sieht Handlungsbedarf im Bereich der Flüchtlingsarbeit: „Ich halte sie für eine der wichtigsten Herausforderungen der nächsten Jahre.“ Hier könnten Malteser mit ihrer Infrastruktur viel bewegen. Die Versammlung applaudierte. Ehrenbrink gab sich nicht zufrieden. Er hakte nach, ob der Applaus ein „Ja“ zur Mithilfe bedeute. Die Malteser bestätigten das.

Caritas-Geschäftsführerin Steffi Holle ergänzte die Einschätzung des Pastors aus ihrem praktischen Alltag. Hilfe werde dringendst gebraucht. Sie plädierte dafür, alle in der Stadt, die mit der Problematik befasst seien, an einen Tisch zu holen und gemeinsam nach bestmöglichen Lösungen zu suchen.

Alfred Dellwisch griff die Anregung des Pastors auf: Genau in diesem Bereich wollten und könnten sich die Malteser engagieren.

Da kam ein Geldgeschenk gerade recht. Pastor Carl B. Hack hatte zu seinem Silbernen Priesterjubiläum auf Geschenke verzichtet, um Spenden gebeten und die Summe noch tüchtig aufgerundet. Er überreichte Alfred Dellwisch einen Umschlag mit 1500 Euro für die Malteser und ebenso Steffi Holle einen Umschlag mit 1500 Euro für den VereinSubito.

Danach labten sich die Anwesenden an Grünkohl und Kartoffeln mit allerlei Fleischernem. Es war eine Versammlung, bei der sich auch die Gäste vom Verband, die teils von weiterher angereist waren, ausgesprochen wohl fühlten. In diese familiäre Auricher Maltesergemeinde kommen sie immer wieder gern.

 

 

Plötzlich waren die Hilfspakete weg
Schon in den 80er-Jahren bereiste Heinrich Hahnenkamp Polen

1-Hahnenberg7In gelöster Stimmung erzählte Heinrich Hahnenkamp aus seinem Leben. Am 6. Februar 1939 ist er in Lorup im Emsland zur Welt gekommen, wuchs auf dem elterlichen Hof auf, zu dem viel Heideland und eine Schafherde mit 130 Tieren gehörte. Zwar gab es einen Schäfer, aber wenn auf dem Gut andere Arbeit nötiger war, wurde er abgezogen. Dann hütete Heinrich die Schafe.

Einmal schenkte ihm der Großvater für seine Dienste eines der Tiere. Heinrich war fein heraus, denn ein Schaf konnte Lämmer bekommen, die er verkaufen durfte. So hatte er immer etwas eigenes Geld in der Tasche.

Heinrich Hahnenkamp lernte Landwirtschaft, machte sein Fachabitur und studierte. Er wurde Agrar-Ingenieur. Da sein Bruder wie vorgesehen den elterlichen Hof übernahm, suchte Heinrich sich eine andere Aufgabe und fand sie in der gemeinnützigen Niedersächsischen Landgesellschaft, die in großem Stil Flächen kauft, bevorratet, teils neu ordnet und wieder verkauft, um – wie eine Siedlungsgesellschaft – Siedlungsprojekte zu entwickeln und durchzuführen.

„Wir haben auch auf vielen einzelnen Höfen geholfen“, erzählt Heinrich Hahnenkamp; denn kleinere Projekte wie die Optimierung arbeitswirtschaftlicher Abläufe gehörten zu den Aufgaben ebenso wie die Beratung bei Stallneubauten oder bei Investitionen im Bereich erneuerbarer Energien.

Die längste Zeit verbrachte er in Aurich. Hier war er in den letzten 17 Jahren vor seinem Renteneintritt als Leiter seiner Einrichtung tätig.

Bereits Mitte der 80er-Jahre hatte Heinrich Hahnenkamp zufällig Kontakt zu Männern bekommen, die für einen Hilfstransport nach Polen Laster und Fahrer suchten. Fahren konnte Heinrich Hahnenkamp. Einen Laster hatte er zur Verfügung, und gereist war er immer schon gern. Er sagte zu und erfuhr erst später, dass er für die Malteser eingesprungen war.

„Mich hat das Ganze interessiert, und ein bisschen Abenteuerlust war wohl auch dabei“, erklärt er und schüttet gern ein ganzes Füllhorn an Geschichten aus. Einmal hatten er und sein Mitfahrer in der Obhut eines polnischen Klosters übernachtet und noch besondere Pakete im Laderaum des Lasters gehabt. „Wir hatten keine Ahnung, was drin war.“ Jedenfalls waren die Pakete plötzlich verschwunden.

Es war die hohe Zeit des Kalten Kriegs. Die Gewerkschaft Solidarność, fern der Heimat unterstützt von Papst Johannes Paul II., kämpfte unter Führung von Lech Wałęsa gegen die Herrschenden. Die Sache mit den verschwundenen Paketen war den beiden Deutschen nicht geheuer. Von irgendwoher erhielten sie immerhin die Zusicherung, sie müssten sich keine Sorgen machen. Alles sei den richtigen Weg gegangen.

Heinrich Hahnenkamp erzählt: „Erst nach der Wende haben wir erfahren, was in den Paketen gewesen war – Matrizen für die Solidarność.“

Ein anderes Mal waren sie schon auf dem Rückweg von einem Hilfstransport, hatten aber noch zwei Kartons voller Schokolade im Vorrat. Sie kamen an einer Schule vorbei. Die Kinder hatten Pause. Heinrich Hahnenkamp und sein Kompagnon stoppten kurzerhand, holten die Kartons hervor und verteilten die Schokolade. Die eilig herbeirennenden und schnauzenden Lehrer konnten die Kinder nicht stoppen. Alle Tafeln gingen weg.

1-Hahnenkamp9Anni und Heinrich Hahnenkamp.

2005 war er dann das erste Mal bei einem Litauen-Transport dabei (siehe oben).

Gern ist Heinrich Hahnenkamp für seine Frau Anni, seine drei Kinder, seine sieben Enkel und überhaupt die große Familie da, die mit seinen Geschwistern samt Partnern und Nachwuchs knapp 70 Leute umfasst. Sie treffen sich häufig und feiern gern. Etwa gleich groß ist die Familie seiner Frau.

Heinrich Hahnenkamp ist sehr an Geschichte interessiert. Auf ihren Spuren möchte er reisen. Das ist sein Wunsch für die nächsten Jahre.

Heinelt, Hubert | Pfarrer i.R.

Ein Portrait zum Goldenen Priesterjubiläum | Von Delia Evers

1-heinelt-hubertAm Freitag, 30. Januar 2015, feierte Pfarrer i.R. Hubert Heinelt in St. Willehad in Esens sein Goldenes Priesterjubiläum mit einen Dank- und Jubiläumsgottesdienst, gestaltet von Pfarrer Matthias Schneider und Pastor Karl Terhorst. Viele Auricher erinnern sich gern an den Mann, der hier in den 70er- und 80er-Jahren mit anderen Priestern in einem Konvent lebte, die Jugend betreute und alte Zöpfe kappte.

Hubert Heinelt wurde am 26. Mai 1938 als jüngster von drei Brüdern im schlesischen Breslau geboren. Im Jahr darauf begann der Krieg. 1940 wurde Vater Georg eingezogen und an die russische Front beordert. Acht Jahre blieb er in Krieg und Gefangenschaft und fehlte der Familie.

Mutter „Käthe“ Katharina schenkte ihren drei Jungen viel Aufmerksamkeit. Sie schickte sie in die Ortskirche, wo sie mit Oblatenpatres in Kontakt kamen, die ihr Leben ganz Gott hingeben wollten. „Die Kirche wurde für uns eine Art Vaterersatz“, und Hubert erhielt eine erste Vorlage für seinen späteren Beruf.

Die drei Brüder waren vor Ende des Kriegs elf, zehn und sechs Jahre alt; die beiden Älteren standen als Messdiener im Altarraum. Da wollte Hubert auch hin.

Gern erinnert er sich daran, wie die Mutter mit ihm, wenn er zu Bett gegangen war, noch sang. Der kleine Hubert liebte diese innige Zeit im Warmen und Vertrauten. Meist stimmte die Mutter Lieder an, die liturgisch für den folgenden Sonntag im Gottesdienst zu erwarten waren. Texte und Melodien lernte er schnell. „Wenn ich dann im Gottesdienst war, und ich sah vorn am Altar meine Brüder, und die Orgel spielte die ersten Töne, und ich wusste, was kommen würde, freute ich mich schon.“ Die Musik liebt er bis heute.

1-heinelt-hubert3Immer wieder begleitete Hubert Heinelt im Lauf der Jahrzehnte Ereignisse auch auf der Gitarre.

Auf Breslau fielen Bomben. Gemeinsam mit seiner Mutter sah er zum ersten Mal in seinem Leben kriegszerstörte Häuser. Er hatte keine Angst. „Ich habe mich an den Mantel meiner Mutter gedrückt. Ich war in ihrem Schutz.“

Ende Januar 1945 kam der Evakuierungsbefehl. Breslau war zur Festung gegen die vorrückende Rote Armee erklärt worden. Die Zivilbevölkerung musste raus aus der Stadt. Der Winter war streng und Breslau überfüllt, denn längst hatten Flüchtlinge aus dem östlichen Odertiefland in langen Trecks die Stadt geflutet. Als Anfang Februar die Panik immer größer wurde, weil die Eisenbahnzüge die Menschenmassen nicht aufnehmen konnten, und Frauen und Kinder auf einen Fußmarsch gezwungen wurden, den Tausende in klirrender Kälte mit dem Leben bezahlten, war die Familie Heinelt bereits geflohen.

Sie hatte sich unmittelbar, nachdem die Rote Armee am 28. Januar 1945 das KZ Auschwitz befreit und am 30. Januar 1945 in der Ostsee die „Wilhelm Gustloff“ mit mehr als 10.000 Menschen an Bord versenkt hatte, auf den Weg gemacht. Hubert spürte die Ängste, die Hilflosigkeit und die Planlosigkeit der Mutter, die ihn doch immer geschützt hatte, und fiel irritiert selbst in Angst. „Was sollten wir tun? Wo sollten wir hin? Also erst mal rein in einen Zug und weg!“ Die Dampflokomotive sieht er noch vor sich. Sie brachte die Familie über Berlin nach Hamburg.

Wieder war es die Kirche, die ihnen Halt und Schutz gab. Auf Vermittlung einer Verwandten kamen sie nach Hamburg-Reinbek. Hier wirkte in einem Kloster der Schwestern von der Heiligen Elisabeth eine Großtante als Nonne. Sie konnte Familie Heinelt, die schließlich in Zwölfer-Stärke vor der Pforte stand, in einem Haus unterbringen, das zum Klosterensemble gehörte. Die Nonnen freuten sich über die Heinelt-Jungen, die fortan ministrierten. „Manchmal steckten sie uns etwas zu.“

Auch die Jungen gaben ihr Bestes und waren bei den Nonnen gern gesehen. „Das hat uns gestärkt.“

Die Brüder gingen wieder zur Schule. Wenn Ferien gewesen waren, fragte der Lehrer, was die Kinder mit Mutter und Vater unternommen hätten. Hubert hatte nichts mit seinem Vater unternommen. Der Junge begann zu stottern, „aber nur in der Schule.“ Die Mutter blieb bei ihrem Satz: „Papa kommt wieder!“ Für den Vater „beteten wir kniend am Tisch den Rosenkranz.“ Ein Jahr lang war der Vater vermisst, dann erhielten sie die Nachricht, dass er lebte. Eines Tages – 1948 – hieß es: Er kommt morgen mit dem Zug.

Sie gingen in Reinbek zum Bahnhof. Hubert hatte sich Vorstellungen von seinem Vater gemacht. Als er den heruntergekommenen und verlausten Mann wie einen Bettler vor sich stehen sah, schämte er sich.

1-heinelt-hubert2Hubert Heinelt in seiner Wohnung in Esens.

Hubert Heinelt war längst schon Pfarrer in Esens, als der Vater ihn wie so oft besuchte und gestand, dass er damals – 1948 – seine Frau Käthe kaum erkannt habe. Als er an die Front musste, sei sie für ihn, den gestandenen und erfolgreichen Kaufmann eines Feinkostgeschäftes in Breslau, wie ein Mauerblümchen gewesen. Bei seiner Rückkehr hatte er eine starke Frau vorgefunden, die alles regelte. Das sei schwer für ihn gewesen, zumal er selbst schwach und arbeitslos gewesen sei.

Die Jungen machten ihren Vater mit der neuen Politik vertraut, erzählten von Konrad Adenauer, Kurt Schumacher und Erich Ollenhauer. „Vater wusste ja nichts.“ Die Familie half ihm ins Leben zurück. Hubert besserte die Haushaltskasse auf. Jeden Tag trug er drei Stunden lang das Hamburger Abendblatt aus.

Überhaupt der Familienzusammenhalt: Das gemeinsame Leben war geprägt von Vertrauen. Wenn die Jungen ausgingen, reichte der mütterliche Hinweis: „Kommt nicht zu spät nach Hause.“ Nie wäre den Söhnen eingefallen, das Vertrauen zu missbrauchen, das keine bindende Abmachung brauchte.

Einmal blieb Hubert in der Schule sitzen. Er war immer „der kleine Star“ gewesen. Das Sitzenbleiben kam genau richtig für eine Lektion: Setze deine Kräfte da ein, wo sie im Moment am ehesten gebraucht werden. Er bekam keine Standpauke, die Lektion reichte.

Immer wieder kam er mit Priestern in Kontakt, die ihn beeindruckten. Ein junger Kaplan förderte Hubert besonders, lud ihn zur Beichte ein, inspirierte ihn, traute ihm, der längst wie seine Brüder Messdiener war, etwas zu, führte ihn an Aufgaben heran; und ohne dass Hubert Heinelt groß etwas merkte, „wuchs ich langsam in Verantwortung hinein.“ So hielt er es später selbst, als er seine ersten Messdienergruppen leitete.

In der Oberprima ging plötzlich die Post ab. Er las Goethes Faust I. Die Gedanken und Fragen sprangen ihn an. Faust im Studierzimmer, seine Zweifel, wie der Beginn des Johannes-Evangeliums richtig zu übersetzen sei. Was war im Anfang: Das Wort? Der Sinn? Die Kraft? Faust entscheidet sich: „Im Anfang war die Tat.“

Die Oberprima besuchte im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg die längst legendäre Neuinszenierung des Faust unter Regie und Intendanz von Gustaf Gründgens mit Will Quadflieg als Faust und Gründgens als Mephisto. Ganz großes Theater. Und ein ganz großes Erlebnis für die Jungen.

Sie diskutierten, philosophierten über die Wette mit dem Teufel, über Glück und über das, was die Welt im Innersten zusammenhält. In Hubert Heinelt war etwas aufgebrochen.

An der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen in Frankfurt, die den Jesuiten anvertraut ist, begann er sein Theologiestudium bei guten Professoren. „Das war wie eine Fortsetzung von Faust I„, sagt er heute.

Der neue Papst Johannes XXIII. verstärkte das Suchen und Fragen mit den bahnbrechenden Veränderungen, die er auf den Weg brachte. „Diese Phase vor dem Konzil war wie ein Rausch. Johannes hat uns Feuer unter den Hintern gesetzt und geistig voll erwischt – ähnlich wie heute Franziskus.“

Viele Priesteranwärter – Heinelt besuchte das Priesterseminar in Osnabrück – und Geistliche hinterfragten das eigene Priesterbild, sahen sich plötzlich mitten in die Welt gestellt, runtergerutscht von den Rössern, an der Seite der Arbeiter und Arbeitslosen. Sie wollten als Arbeiterpriester in die Fabriken, um wie jedermann ihr eigenes Geld zu verdienen und Seite an Seite den normalen Wahnsinn des Lebens zu teilen. „Wir wussten: Wir müssen an die Ränder der Gesellschaft gehen, um bei den Menschen zu sein. Das hat mich fasziniert.“

Mit dem Zweiten Vaticanum waren Arbeiterpriester, die oft Mitglieder der kommunistischen Gewerkschaften gewesen waren und deren körperliche Tätigkeiten verboten worden waren, wieder erlaubt.

„Wir waren damals zukunftsorientiert, wir wollten Freiheit in Verantwortung.“ Sie dachten sie sich auch für die Sexualität. Den Zölibat glaubten sie am Ende. „Sexualität musste von der Gottesliebe her verantwortet werden“ – wie alles andere auch; dann war es gut: Das war ihre feste Überzeugung.

Doch bald erstarrte das Leben in alten Verkrustungen.

Was hatte die Kirche falsch gemacht?

Hubert Heinelt formuliert die Frage freundlich um. Er möchte lieber beantworten, was erfalsch gemacht hat.

Nachdem er am 30. Januar 1965 von Bischof Helmut Hermann Wittler im Osnabrücker Dom zum Priester geweiht worden war, waren er und junge Kollegen voll hochfliegender Pläne. „Wir wollten die Menschen retten.“ Sie glaubten, den Schlüssel in der Hand zu haben. „Der Glaube machte uns frei.“ Doch plötzlich sagten Katholiken: „Der Glaube macht uns nicht frei; wenn wir aber frei sind, brauchen wir nicht mehr in die Kirche zu gehen.“ Das erste Joch, das viele abstreiften, war das der tradierten Zwänge. Mit den Zwängen blieb vielfach das Vertraute und das Haltgebende und das verantwortete Miteinander auf der Strecke.

„Wir haben versucht, Gläubige aus dem Zwang direkt in die Freiheit zu führen. Das hätte peu à peu passieren müssen.“

Hubert Heinelt hatte in seiner Kinder- und Jugendzeit eine solche Schritt-für-Schritt-Führung erfahren dürfen, eine, die ihm in dem Maße, wie er reifte, etwas zutraute und Verantwortung übertrug. Das erlebte er besonders in Zeltlagern. Hier konnten junge Menschen sich austoben und zugleich behutsam in Aufgaben für andere hineinwachsen. Da fand sich für jeden ein Dienst am Nächsten. „In einem Zeltlager kann man alles lernen.“

Er selbst ging vorbehaltlos auf andere zu – und besonders wie in seiner Sturm- und Drangzeit auf die Menschen an den Rändern der Gesellschaft. „Da kommt man automatisch runter vom Roß.“ Heinelt nennt das „Pastoral Auge in Auge“. Da lerne man schnell, Menschen nicht über einen Kamm zu scheren. Kein Konzept passe auf alle. Jede Not habe ihre eigene Geschichte und ihre eigenen Anforderungen an Hilfe. Das hatte er selbst erfahren. „Die eigene Not konnte ich gut verwerten.“

Braucht das Leben Leid, um Verwertbares herzugeben? Heinelt antwortet mit einer Gegenfrage: „Wie erfährt man Leid? Wie kommt es an einen heran. Als Kind habe ich gehungert. Das war Leid. Meine Mutter streichelte mich. Und das Leid war vorbei.“ Leid brauche Menschen, die es linderten.

Seine ersten Stationen als Priester waren Osnabrück, Eutin in Holstein und Hagen im Teutoburger Wald. 1971 wurde er Pfarrer in Esens. Das Feuer war noch immer da. Er und einige Mitpriester suchten neue Formen des Zusammenlebens. So gründeten Heinelt und die Pastoren Norbert Krümel, Heinrich Munk und Peter Jonen für ihren Beritt mit Aurich, Esens, Oldersum und Spiekeroog den „Konvent Ostfriesland“. Sie wollten das Beste vor Ort möglich machen und sortierten ihre Talente. Hubert Heinelt „übernahm“ Jugend, Krankenhausseelsorge, Messdiener und: Messdienerinnen; in Heinelts Zeit sahen Kirchgänger die ersten Mädchen im Dienst am Altar.

Jahrzehnte sind vergangen. 33 Jahre, von 1971 bis 2004, hat Hubert Heinelt vor allem in der St.-Willehad-Gemeinde in Esens und in St. Peter auf Spiekeroog gewirkt; Aufgaben in St. Bonifatius Wittmund und St. Nikolaus Langeoog kamen hinzu. Immer schaffte er es, Menschen zu begeistern und in den Dienst Christi zu stellen. Nach der Esens-Zeit wechselte er mit einer Gemeindeschwester für dreieinhalb Jahre nach Juist, ehe er 2008 in „seine“ Stadt zurückkehrte, die ihn 1999 für sein außerordentliches Engagement mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet hatte.

Vier Wochen nach seiner Rückkehr erlitt er auf dem Weg nach Brasilien bei einem Zwischenstopp in Lissabon einen Schlaganfall. Er war halbseitig gelähmt und hatte seine Sprache verloren. Der, der immer alles hatte bewegen wollen, Zeit seines Lebens passioniert Fußball, Handball und Tischtennis gespielt hatte und regelmäßig die weitesten Strecken mit dem Rad gefahren war, brauchte unversehens Menschen an seiner Seite, die sein Leid linderten. Sehr schnell waren seine beiden Brüder da und stärkten ihn ebenso wie das medizinische Personal und seine Freunde.

Heute sagt er ohne Koketterie, der Schlaganfall sei die beste Vorbereitung aufs Altern gewesen. „Auch das will gelernt sein.“

Längst läuft und radelt er wieder, ist ein Erzähler vor dem Herrn, singt in Chören und ist als „Basisarbeiter“ noch immer den Aufgaben zugetan, in denen er Augennähe herstellen kann: in der Krankenhausseelsorge, im Hospizdienst, in einer Seniorengruppe, in der Flüchtlingsbetreuung und in einem Arbeitskreis Juden und Christen.

Auricher, die ihn in den 70er- und 80er-Jahren vor Ort erlebt haben, schwärmen von Heinelts Arbeit, seinem schlichten Auftritt, seiner mitreißenden Art, seiner Motivationskraft und seiner Gabe, Kinder und Jugendliche durch Zutrauen und Zumutung beim Reifen zu begleiten.

Hubert Heinelt lächelt. Von Aurich hat er gerade wieder Erhebendes gehört. Es freut ihn ungemein, dass dort gute Jugendarbeit zu Hause ist. Das ganze Gesicht strahlt.

Er sagt, als wundere er sich selbst ein bisschen: „Das Feuer brennt immer noch.“

Herz-Jesu-Freitag

Herz-Jesu-Verehrung entstand im 17. Jahrhundert

Am dritten Freitag nach Pfingsten feiert die katholische Kirche das Hochfest des Heiligsten Herzens Jesu und begeht an jedem ersten Freitag eines Monats den Herz-Jesu-Freitag. Die Herz-Jesu-Verehrung wirkt auf einen Teil der Gläubigen heute eher befremdlich.

Sie erlebte ihre Blüte im Mittelalter, nachdem im Jahr 1673 der französischen Nonne und Mystikerin Margareta Maria Alacoque, die vor einem Tabernakel kniete, Jesus Christus erschienen war und ihr die Verehrung seines Herzens aufgetragen hatte.

herz-jesu-arnold-janssenDass das Herz-Jesu-Fest und der Herz-Jesu-Freitag heute weniger Zuspruch der Gläubigen finden als früher, wird auch mit der Entmythologisierung, der Versachlichung des menschlichen Herzens erklärt, das im Extremfall durch Transplantation ersetzt werden kann. Die Austauschbarkeit des Organs hat die Vorstellung vom Herzen als dem mystischen Sitz von Liebe und Barmherzigkeit verändert.

Für Arnold Janssen, den heiliggesprochenen Gründer des Steyler Missionswerks, stand das Herz Jesu im Zentrum seiner Theologie. Seine erste Zeitschrift benannte er nach ihm: „Kleiner Herz-Jesu-Bote“.

„Kleiner Herz-Jesu-Bote“ nannte der heiliggesprochene Arnold Janssen seine erste Zeitschrift.

Mit dem Herzen Jesu befasste sich der Mainzer Bischof Emanuel Freiherr von Ketteler über weite Strecken seiner berühmt gewordenen Predigt in Kevelaer, die er am 6. Oktober 1873 vor 25.000 Gläubigen hielt.

herz-jesu-kettelerKetteler (Bild) ermunterte die Gemeinde, „ein Herz, eine Seele“ zu sein wie die erste Christengemeinde. „Betet für die Kirche und betet endlich recht zum Herzen Jesu. (…) Versammelt Eure Kinder zum heiligsten Herzen Jesu. Gott hat versprochen, jedes Haus soll besonders gesegnet werden, wo die Andacht zum Herzen Jesu innig betrieben wird. Vater und Mutter, ehre du selbst das Herz Jesu, damit die Kinder lernen, das Herz Jesu zu ehren.“

Schon die ersten Christen sahen in der geöffneten Seite des Gekreuzigten, dort wo die Lanze eingedrungen war, den mystischen Hort, aus dem die Sakramente in die Welt flossen.
herz-jesu-nonne„Hinter der Herz-Jesu-Verehrung steht das Anliegen, in enger Verbindung mit der Liebe Jesu zu leben“, schreibt Marc Witzenbacher in der Monatszeitschrift „Magnificat“ über diesen Kult, den die französische Ordensschwester Margareta Maria Alacoque (1647-1690) zu einer besonderen Andachtsform entwickelt hat.

Jesus erscheint der hl. Margareta Maria Alacoque, Gemälde am Seitenaltar der Spitalkirche von Eferding, Oberösterreich

Margareta Maria war mit zehn Jahren an Kinderlähmung erkrankt und lebte schon als Kind in großer Religiösität. 1671 trat sie in den Konvent der Schwestern von der Heimsuchung in Paray-le-Monial (Burgund) ein. In der Ausübung ihrer tiefen Herz-Jesu-Verehrung erlebte die Nonne Auditionen und Visionen. 1675 erhielt sie im Rahmen dieser mystischen Erfahrungen von Christus den Auftrag, ein besonderes jährliches Herz-Jesu-Fest einzuführen.

Nachdem ihren Visionen zunächst mit großer Skepsis begegnet worden war, wurde die Ordensfrau schließlich von ihren Mitschwestern und vom Klerus als eine „begnadete Seele“ eingeschätzt. 1686 wurde in ihrem Kloster in Parayle-Monial zum ersten Mal ein Herz-Jesu-Fest gefeiert. – Ihre Heiligsprechung erfolgte 1920. Ihr kirchlicher Festtag ist der 16. Oktober.

Martin Willing

Hochgebet und die Frage „für alle“ oder „für viele“

Martin Willing | Im neuen Messbuch wird es Änderungen gebenhochgebet-messkelch

Es handelt sich nicht um eine akademische Diskussion, die uns nicht weiter berühren könnte. Es geht um nicht weniger als die Frage, was genau Jesus beim letzten Abendmahl gesagt hat: Ist er „für alle“ gestorben oder „für viele“?

Im eucharistischen Hochgebet während der Wandlung, also tief im Herzen des katholischen Glaubens, heißt es künftig, dass das Christi Blut „für viele vergossen wird“, nicht mehr „für alle“.

hochgebet-papst-benediktDie Änderung, die mit Einführung des neuen Messbuchs vollzogen werden soll, geht auf das Einwirken von Papst Benedikt XVI. zurück.

Papst Benedikt XVI. : „für viele“, nicht „für alle“.

Benedikt hatte am 14. April 2012 in einem Brief an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, angemahnt hat, dass die Worte Christi textgetreu mit „für viele“ und nicht interpretierend mit „für alle“ übersetzt werden müssen.

Die entsprechende Stelle im eucharistischen Hochgebet lautet:

► „Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch, dankte wiederum, reichte ihn seinen Jüngern und sprach: Nehmet und trinket alle daraus. Das ist der Kelch des neues und ewigen Bundes, mein Blut, das für euch und für alle vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Tut dies zu meinem Gedächtnis.“ – In der Neufassung wird es heißen: „… für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden.“

Den genauen Wortlaut in Aramäisch und Hebräisch, den von Jesus gesprochenen Sprachen, haben die vier Evangelisten nicht selbst gehört. Weil der hebräische Urtext unbekannt ist, ist die griechische und lateinische Übersetzung maßgeblich, und dort liest man „polloi“ (griechisch: für viele) und „pro multis“ (lateinisch: für viele). Aber im Hebräischen, auf dem alle Übersetzungen fußen, wird das Wort „viele“ auch sinngleich für „alle“ benutzt.

Seitdem das Hochgebet nicht mehr in Latein, sondern in der jeweiligen Muttersprache gesprochen wird, heißt es – in den deutschen Diözesen – „für alle“, wo bis dahin „pro multis“ gesagt wurde. In Messbüchern aus der Zeit vor den Veränderungen im Gefolge des Zweiten Vatikanischen Konzils („Schott“), die die lateinischen Passagen brachten und daneben die deutsche Übersetzung, war „pro multis“ mit „für viele“ übersetzt worden.

Die interpretierende Übersetzung („für alle“) wird mit der katholischen Glaubenslehre begründet, denn die sagt klar: Christus ist für alle Menschen gestorben.

Gilt das nun nicht mehr? Papst Benedikt gab in seinem Brief an die deutschen Bischöfe eine Antwort, die schlichten Gläubigen nicht auf Anhieb eingehen dürfte:

► „Dass Jesus Christus als menschgewordener Sohn Gottes der Mensch für alle Menschen, der neue Adam ist, gehört zu den grundlegenden Gewissheiten unseres Glaubens. (…) Wenn dies so klar ist, warum steht dann im Eucharistischen Hochgebet ‚für viele‘? Nun, die Kirche hat diese Formulierung aus den Einsetzungsberichten des Neuen Testaments übernommen. Sie sagt so aus Respekt vor dem Wort Jesu, um ihm auch bis ins Wort hinein treu zu bleiben.“

Und:

► „‚Alle‘ bewegt sich auf der ontologischen Ebene – das Sein und Wirken Jesu umfasst die ganze Menschheit, Vergangenheit und Gegenwart und Zukunft. Aber faktisch, geschichtlich in der konkreten Gemeinschaft derer, die Eucharistie feiern, kommt er nur zu ‚vielen‘. (…) Wir sind viele und stehen für alle. So gehören die beiden Worte ‚viele‘ und ‚alle‘ zusammen und beziehen sich in Verantwortung und Verheißung aufeinander.“

Das päpstliche Schreiben, das eine entsprechende Anordnung zur Textänderung enthält und verbindlich ist für die deutschen Bischöfe, löste ein zwiespältiges Echo aus. Einige Bischöfe, so auch Felix Genn (Münster), begrüßten die Intervention von Benedikt XVI.. Bischof Genn erklärte in einer Stellungnahme, nur im deutschsprachigen Raum werde eine interpretierende Übersetzung (“für alle“) benutzt. Benedikt XVI. habe deutlich gemacht, „dass es um Übersetzung und nicht um Auslegung“ gehe. Von einer politischen Entscheidung – etwa als Zugeständnis an die Piusbrüder – könne keine Rede sein.

Der „Übersetzungsstreit“ ist im „Fußvolk“ der Katholiken noch nicht angekommen. Das kann sich bald ändern, denn Papst Benedikt hatte vor seiner Emeritierung die Bischöfe ausdrücklich aufgefordert, das Thema in die Gemeinden zu tragen und in der Deutung der Hochgebetsworte darzulegen, dass sich durch die textgetreue Übersetzung nichts an den bestehenden Glaubensinhalten geändert habe.

Ob das die Kirchgänger auch so unproblematisch sehen oder ob ihnen die Ohren klingen, wenn sie den „neuen Text“ zum ersten Mal während der Messfeier hören, hängt weitgehend von der künftigen Unterweisung der Gemeindemitglieder durch ihre Priester ab. Mancher Pfarrer, so ergibt sich aus vertraulichen Gesprächen, ist über die zu erwartende Reaktion der Gläubigen besorgt.

Die Zeitschrift Christ in der Gegenwart hat das Thema aufgegriffen (19. Januar 2014). In Deutschland werde an einer neuen Übersetzung des römischen Messbuchs gearbeitet, die 2016 oder 2017 vorliegen könnte. Dann müsse die neue Formulierung eingeführt werden.

Für die Neuformierung werden drei Gründe angeführt:

die höhere Wörtlichkeit der Übersetzung sowohl gegenüber den biblischen Quellentexten als auch gegenüber der römischen Liturgie, wo es „pro multis“ heißt;

zweitens die größere Einheitlichkeit des Hochgebets in den verschiedenen Landessprachen;

drittens die Vermeidung des Missverständnisses, es gäbe eine Art Heilsautomatismus.

Thomas Söding, der Autor des Beitrags in der zitierten Zeitschrift, versichert:

► „’Für alle‘ ist die sachlich richtige Wiedergabe des biblischen Textes. Sie entspricht auch am besten dem Sinn der Eucharistie. ‚Für viele‘ hingegen wirft im heutigen Deutsch Fragen auf, die im ursprünglichen Zusammenhang nicht bestanden. Man muß mühsam erklären, was gemeint – und vor allem, was nicht gemeint ist. Zumal die nachträgliche Veränderung wird Zweifel aufkommen lassen: Wird das Opfer etwa nicht mehr ‚für alle‘, sondern nur noch ‚für viele‘ dargebracht? Das kann doch nicht wahr sein, wird aber so verstanden werden. Jene, die zum Gastmahl der ewigen Herrlichkeit geladen sind, sind nicht wenige, sondern unendlich viele, nämlich alle. Wen Gott dann in seinem Reich willkommen heißen wird – wer will das wissen? Daß es alle seien, die eingeladen sind – wer wollte das nicht hoffen?“

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Thomas Söding, Dr. theol., geb. 1956, Professor für Biblische Theologie in Wuppertal; Mitglied der internationalen Theologenkommission des Vatikan und der Akademie der Wissenschaften in Nordrhein-Westfalen. Zahlreiche Veröffentlichungen.

Hoffnungskirche in Westrhauderfehn

hoffnungskirche-westrhauderfehn„Es ist schon außergewöhnlich, dass unsere Hoffnungskirche mitten im Zentrum der hoffnungskirche-westrhauderfehn-2Gemeinde liegt. Wer hier aus der Tür tritt, ist nach drei Metern auf der Bundesstraße. Wir sind also immer mitten im Geschehen“, sagt Gerd Bohlen, Superintendent des Evangelisch-lutherischen Kirchenkreises Rhauderfehn.

Die Kirche mitten in Zentrum: Hoffnungskirche in Westrhauderfehn.

Er erläutert die enge Verflechtung der Kirchengemeinde mit der Seefahrt:

Die Hoffnungskirche wurde 1848 eingeweiht. In der Folgezeit lebten zahlreiche Fehntjer von und mit der Schifffahrt, oft waren sie auf großer Fahrt unterwegs oder als Fehnschiffer tätig. Diese Geschichte spiegelt sich natürlich auch in der Hoffnungskirche wieder, die eng mit der Geschichte der Gemeinde Rhauderfehn verbunden ist.

Die Verbundenheit der Gemeindemitglieder mit der Seefahrt zeigt auch die originalgetreue Nachbildung der Dreimastbark „Hoffnung“ aus dem Jahr 1944, die in der Mitte des Kirchenschiffs hängt. „Hier wird der maritime Charakter der Kirche noch einmal besonders deutlich“.

(Nach einem Bericht auf der Homepage des Kirchenkreises Rhauderfehn)

Holle, Stefanie | Geschäftsführerin Caritasverband

Geschäftsführerin des Caritasverbands Ostfriesland | Von Delia Evers

holle-steffi1_1Im Herbst 2012 wechselte Stefanie Holle ihren Beruf. Bis zum 31. Oktober arbeitete die damals 32-Jährige als Dekanatsjugendreferentin; seit dem 1. November 2012 ist sie Geschäftsführerin des neu strukturierten Caritasverbands Ostfriesland.

Längst sind ihr weitere Aufgaben zugewachsen. So setzt sie sich im gerade genannten Bereich zwar weiterhin mit ganzer Kraft, aber „nur“ noch mit halber Stelle ein. Die andere Hälfte investiert sie seit dem 1. April 2016 als Geschäftsführerin in das Emder Altenheim „Haus Simeon“. Es gehört unter’s Dach des Caritasverbands.

Eine gelernte Krankenschwester und Sozialpädagogin ohne Erfahrung in der freien Wirtschaft auf dem wichtigsten Posten des Caritasverbands? Geht das? Das Bistum Osnabrück, mit Holles Qualitäten seit vielen Jahren vertraut, hat die Frage erst gar nicht gestellt, sondern gleich mit „ja“ beantwortet. Es geht, wenn die ausgewählte Persönlichkeit Steffi Holle heißt.

Steffis Lebensgeschichte beginnt in Bösensell im Münsterland. Hier kommt sie als Nachzüglerin zur Welt: Am 10. April 1980 sind die zwölf Jahre alte Schwester Barbara und die beiden elf und neun Jahre alten Brüder Ulrich und Jürgen bereits auf dem Bauernhof von Maria und Hermann Holle zu Hause, umgeben von viel Land, Schweinen, Hühnern und Katzen.

„Ich hatte eine schöne Kindheit“, erzählt Steffi Holle, „wir lebten ein Stück weit in einer anderen Welt.“ Das verdankt sie ihrer Familie und dem bäuerlichen Alltag, „wir hatten immer Leben und Leute auf dem Hof.“

Zwar kann Steffis Vater Hermann, Jahrgang 1940, „sich schon mal deutlich aufregen“; doch zugleich entdeckt er mit schlafwandlerischer Sicherheit Menschen, die Hilfe brauchen; er ist ohne große Worte zur Stelle und steht ihnen bei. So hat es schon sein eigener Vater, Steffis Großvater, gehalten, der den Hof in der „braunen Zeit“ zu einem Zufluchtsort für Bedrängte gemacht hatte.

Steffi durchläuft ihre Grundschulzeit in Bösensell (Einschulung 1986) und ihre Realschulzeit in Senden (bis 1996; „ich war nicht sehr ehrgeizig und hab‘ mich ein bisschen durchgehangelt“).

Sie ist 15 Jahre alt, als sie in Bösensell den Pastoralassistenten Markus Hoffmeister kennenlernt. Er spricht Steffi so passend an, dass sie vorübergehend das Wörtchen „nein“ aus ihrem Sprachschatz suspendiert. Sie sagt „ja“, als er ihr, dem Teeny, eine Mitarbeit im Pfarrgemeinderat anträgt; sie kandidiert und wird gewählt. „Jetzt musste ich ran!“

Vier Jahre lang ackert die Bauerntochter auf einem etwas anderen Feld, rackert für Kinder und Jugendliche, „ich konnte mich schon immer für Dinge begeistern“ , geht mit ihrer frohen Art auf andere zu, „das hat mir noch nie was ausgemacht“, gewinnt viele Neue, bindet sie ein, entrümpelt im Konzert mit ihnen eine Abstellkammer im Gemeindehaus und macht einen Jugendraum daraus.

holle-steffi2Steffi Holle mit ihren Eltern Maria und Hermann Holle, Schwester Barbara Kröger, Nichte und Patenkind Franziska sowie Dechant Johannes Ehrenbrink (r.) bei Steffis Verabschiedung als Dekanatsjugendreferentin im Bonihaus zu Aurich.

Sie arbeitet gern und viel mit Markus Hoffmeister zusammen, dessen Inspirationen sie als Glücksfall für ihren Werdegang bezeichnet. „So jemanden habe ich gebraucht.“ Sie machen sich im Verein TheoMobil stark, der im Münsterland bis heute eine Fülle von religions- und kulturpädagogischen Veranstaltungen bietet, über Land fährt, um Erzieherinnen, Lehrer, Katecheten und Hauptamtliche zu schulen und um Kinder und Jugendliche erlebnispädagogisch und spirituell zu stärken.

„Diese Zeit hat mich sehr geprägt“, erzählt Steffi Holle; sie arbeitet dort gern weiter mit, als sie sich nach ihrem Fachabitur (1998 in Lüdinghausen) im Universitätsklinikum in Münster zur Krankenschwester ausbilden lässt. Nach ihrem Abschluss 2002 wird sie in der Neurologie für Schlaganfallpatienten eingesetzt, übernimmt Nachtschichten, sieht Menschen leiden und sterben, erlebt die Verzweiflung der Angehörigen, muss hinnehmen, wie bürokratische Verrichtungen einen wichtigen Teil der Arbeitszeit schlucken, die sie sinnvoller mit den Patienten oder ihren Familien verbringen könnte, und will so nicht langfristig eingesetzt werden.

Sie interessiert sich für Sozialpädagogik und Sozialarbeit, bewirbt sich an der katholischen Fachhochschule Osnabrück, erhält eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch, Schwerpunkt menschliche Kompetenz, glaubt nicht wirklich daran, einen Studienplatz zu bekommen, und erhält doch eine Zusage. Parallel schiebt sie weiter Wochenendschichten fürs TheoMobil und Nachtschichten in der Neurologie.
Sie ist dankbar für diese Zeit in der Universitäts-Klinik. Sie lernt im Team, Krisen auszuhalten und mit anderen Menschen durchzustehen. „Ich bin darum nicht abgebrüht“, sagt sie, „aber ich kann sicherer mit schweren Situationen umgehen und erkenne schnell, was gesagt oder getan werden muss.“

Auch im religiösen Miteinander – Steffi erinnert sich an ein vier Wochen altes Baby in der Kinder-Kardiologie, das operiert werden sollte. Die Chancen waren nicht die besten. Kurzentschlossen führten sie und liebe Kollegen mit den Eltern eine Nottaufe durch – die Eltern fanden zu einer bewegenden Stärke.

Als sie ihr Studium in Osnabrück aufnimmt, „konnte mich so schnell nichts mehr schocken.“ Das Lernen fällt ihr durch die Vorprägungen leicht. Steffi, die schon immer gern mehrgleisig durch die Welt gereist ist, packt sich eine Zusatzausbildung zur Theaterpädagogin in Unna auf. „Das hat mir später beim Umgang mit Kindern und Jugendlichen immer gut geholfen“, erzählt sie. Improvisationstheater und Rollenspiele erzählen ihr oft mehr über ihre Schützlinge als ein Gespräch.

Nach sechs Semestern Theorie und zwei Semestern Praxis ist Steffi staatlich geprüfte Diplom-Sozialpädagogin und absolviert im Dekanatsjugendbüro in Voerden ihr Anerkennungsjahr. Bald hat Steffi klar: „Ich will Jugendreferentin werden.“

Sie wendet sich an die Fachaufsicht des Bistums Osnabrück. Tatsächlich werden Stellen frei. Bis heute staunt sie darüber, dass sie am Ende genau dorthin verschlagen wird, wo sie auf keinen Fall hinwill: nach Ostfriesland. Doch der Leiter des Diözesanjugendamts Bruno Krenzel bleibt hartnäckig. Da die Stelle nun einmal angeboten ist, solle sie sich Aurich wenigstens ansehen. „Es war Schietwetter. Ich fuhr incognito hin, fand alles grau und trist und kehrte heim mit dem Entschluss: ‚Dahin nie!‘“

Doch Krenzel will ein Vorstellungsgespräch in Aurich, mindestens. „Ich bin also noch mal hingefahren“ – und trifft unter anderem auf Pfarrer Johannes Ehrenbrink und Bruno Krenzel. Sie erinnert sich, dass Johannes Ehrenbrink sie gefühlte drei Mal mit der Frage nervt, ob sie Autofahren könne. Langsam schwant ihr, dass das Dekanat irgendwie ein bisschen größer sein müsse als andere. Dann beschließen die Herren, Steffi möge sich draußen die Füße vertreten. Sie wollen zu einer Entscheidung kommen. Was Steffi will, ist vorerst nicht gefragt. Sie setzt sich auf einen der Findlinge im pfarramtlichen Vorgarten, und mit der zehnminütigen Wartezeit reift ihre Entscheidung: Wenn die anderen „ja“ sagen, wird sie mit „ja“ quittieren.

Sie beginnt im Jahr 2006 in Aurich.

Steffi räumt mal wieder auf. Sie beruft Renovierungswochenenden ein, schafft eine Anlaufstelle, die Leben anzieht, veranlasst die Sanierung der sanitären Anlagen und macht das Haus Zug um Zug zu einem Ort wirklicher Begegnung, in dem immer wieder Dutzende von Kindern und Jugendlichen zu Freizeiten, Fortbildungen und Projekttagen zusammenkommen. Sie leben hier gemeinsam, lernen und schlafen in Doppelstockbetten – ein letztes Überbleibsel mit dem spröden Charme von Jugendherbergs-Betten der 70er-Jahre.

Sie schöpft für ihr Tun aus ihrem menschlichen Fundus, der durch gute und harte Zeiten geprägt ist, wirbelt in Ferienlagern, bei Fahrten und Freizeiten (ihre Ausbildung zur Krankenschwester hat ihr und anderen vielmals geholfen), bei Fortbildungen für Gruppenleiter, Firmvorbereitungen, beim monatlichen Gebet der Jugend, bei Jugendgottesdiensten, bei der Unterstützung ehrenamtlicher Teams, der Vertretung ihres Beritts in Bistum und Politik. „Überall war sie das Gesicht des Dekanats“, sagt Pfarrer Johannes Ehrenbrink zu ihrer Verabschiedung im Rahmen eines Gottesdienstes, in dem er und Pastor Carl B. Hack Steffi Holle würdigen.

Ein Beispiel für ihre Art zu helfen ist der Verein Subito e.V., den sie mit anderen gründet und der Menschen in finanzieller Bedrängnis unbürokratisch und schnell helfen möchte: Steffi will nicht großartig reden und Forderungen stellen, sondern wissen, was los ist, und zupacken, bis ein Ergebnis bei der Hand ist.

Ihre sechs Jahre im Dekanat waren anstrengend, „vor allem haben sie Spaß gemacht. Ich habe gern die Entwicklung der Teams begleitet. Und natürlich entwickelt und verändert man sich selbst. Ich bin mit der Zeit lockerer geworden.“ Wie gelingt ein solches Miteinander? „Es ist wichtig, echt zu sein. Kinder fühlen sofort, ob es jemand ehrlich mit ihnen meint.“ Und was braucht man noch? Bodenständigkeit und Erdberührung – alles Abgehobene mag sie nicht. „Außerdem kann ich mich sehr mit anderen Menschen freuen.“

Irgendwann wusste sie, dass sie nicht zehn Jahre Jugendarbeit machen wollte. Sie begann parallel eine theologische Ausbildung an der katholischen Fachhochschule in Paderborn. In vertrauensvollen Gesprächen sondierte sie mit Verantwortlichen im Bistum, wohin sie sich entwickeln könnte.

Und wieder kam es anders, als Steffi gedacht hatte. Das Bistum sah sie als neue Geschäftsführerin des Caritasverbands Ostfrieslands: mit der gesamten ostfriesischen Halbinsel samt dem ehemaligen Verbandsbereich Leer als Einsatzgebiet. „Ich wusste nicht, ob ich das konnte“, sagt sie offen. Das Bistum befand: „Sie können!“

Sie hegt einen großen Plan. Sie möchte den Caritasverband, der in manch anderem Bistum eher kühl nach den Regeln eines Wirtschaftsunternehmens geführt wird, eng mit der Pastoral verknüpfen. Das ist ein Risiko, denn Pastoral bindet Zeit, Geld und Personal, bringt aber keinen „Umsatz“. Diesmal hat Steffi Holle sich, wenn nicht die Quadratur des Kreises, dann doch einen Spagat vorgenommen – eine große Aufgabe mit einer froh machenden Chance.

Steffi Holle kann es schaffen, denn sie arbeitet anders als Menschen, die ihr Gewerk eher fachspezifisch angehen: Sie wirbelt als Generalistin, als Vielkönnerin und Organisationskünstlerin, funkt und empfängt auf allen Kanälen, ist hier Sozialarbeiterin, da Krankenschwester, Theaterpädagogin, Lebensbegleiterin, Netzknüpferin, Teamworkerin, Chefin oder auch mal eine unter vielen – meistens ist sie alles gleichzeitig.

Am 1. November 2012 hat Steffi Holle ihre Arbeit beim Caritasverband begonnen. In eine andere Stadt ziehen musste sie nicht. Ihr Büro bleibt am Georgswall in Aurich. Sie ist lediglich ins Bonihaus übergesiedelt. Jetzt wird sie wie gewohnt ein Netz spinnen und Menschen gewinnen, die mit ihr im Team Gutes tun. Und gewiss ist dies: Irgendwo wird sie wieder einen Raum entdecken, den sie entrümpeln kann, egal ob darin alte Nierentischchen vor sich hingammeln oder verstaubte Ideen.

Caritasverband Ostfriesland
Georgswall 17
26603 Aurich

Telefon: (0 49 41) 69 70 88 5
E-Mail: sholle@caritas-os.de
www.caritas-ostfriesland.de

Hospiz Aurich e.V.

„Wenn der Mensch den Menschen braucht“

hospizverein► Der Auricher Hospizverein (Hospiz Aurich e.V., Hasseburgerstraße 1, Aurich, Tel: 04941-6051182, Fax 04941-6051238, E-Mail: hospiz-aurich@t-online.de) stellt sich auf seiner Homepage vor:

• Wir sind eine unabhängige Gruppe von Frauen und Männern aus unterschiedlichen Berufen –
• haben uns auf die Begleitung von Menschen in der letzten Lebensphase und deren Angehörigen intensiv vorbereitet –
• unterliegen in unserem ehrenamtlichen Einsatz der Schweigepflicht –
• begleiten Menschen unabhängig von Konfession und Weltanschauung –

Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hospizvereins sind gut  ausgebildet. Sie nehmen regelmäßig an den Gruppentreffen, Fortbildungen und der Supervision teil.

„Wenn der Mensch den Menschen braucht“, steht auf dem Banner des Hospizvereins, der auf seiner Homepage erläutert:

► „Gemeint ist damit die letzte Phase in unserem Leben, die Zeit, in der unser Leben seinem Ende entgegen geht. Wir wissen nicht, wann diese Zeit gekommen ist; das kann früh im Leben eines Menschen sein, das kann in den besten Jahren eintreten oder am Ende eines langen Lebens. Aber wir alle wünschen uns dann ein friedvolles, gnädiges, humanes Sterben. – Schwere und schwerste, nicht mehr therapierbare Krankheit, die letzlich auch zum Tode führt, ist oft verbunden mit körperlichen Symptomen wie Luftnot, Schmerzen, Appetitlosigkeit, Schwäche, Schlaflosigkeit aber auch mit Symptomen wie Angst, Verzweiflung, Einsamkeit. Palliativmedizin und Hospizbewegung nehmen sich in dieser Situation des Mitmenschen an – Wenn der Mensch den Menschen braucht!“

Nach dem Tod eines nahen Angehörigen werden Rat und Hilfe oft wieder im Hospiz gesucht. So war es naheliegend, ein Gesprächs-Café für trauernde Angehörige einzurichten, wo Betroffene miteinander reden und sich Kraft holen können. Dieser Treffpunkt besteht nun seit 2005, inzwischen in den Räumen des Hospizbüros an der Hasseburgerstraße 1; sie zweigt von der Julianenburger Straße ab – und zwar vom Georgswall kommend links. An jedem ersten Mittwoch des Monats und an ausgewählten Sonntagen lädt das Trauercafé von 16 bis 18 Uhr ein.

Wer Kontakt sucht, wendet sich zunächst an eine der drei Koordinatorinnen:

hospizverein-koordinatorenUte Gerkens Schilling, Eva Weigelt und Meike Mennenga (v.l.). Fotos: Hospiz Aurich e.V.

Ute Gerkens Schilling, Fachwirtin für betriebswirtschaftliche Leitung von Pflegeeinrichtungen, examinierte Krankenschwester, Palliative-Care-Fachkraft für Erwachsene und Kinder, Beraterin im Hospiz- und Palliativbereich nach systemisch-lösungsorientiertem Ansatz. Tel: 0 49 41 – 60 51 182.
Eva Weigelt, examinierte Krankenschwester, Pflegefachkraft im ambulanten Pflege- und Hospizdienst, berufsbegleitendes Studium der Pflegewissenschaft, Palliative-Care-Fachkraft. Tel: 0 49 41 – 60 51 182.
Meike Mennenga, examinierte Krankenschwester mit langjähriger Berufserfahrung in verschiedenen medizinischen Abteilungen, Palliativ-Care-Fachkraft; ehrenamtliche Koordinatorin. Tel: 0 49 41 – 60 51 182.

Erster Vorsitzender des Vereins Hospiz Aurich e.V. ist Eike Zabel (Hasseburgerstraße 1, 26603 Aurich).

Hospizbewegung

Moderne Hospizidee nahm in England ihren Ausgang

Auf seiner Homepage erläutert der Hospizverein Aurich die Entwicklung zur modernen Hospizbewegung. Sie nahm ihren Ausgang in London, wo die Ärztin Dr. Cisely Saunders am St. Christophers Hospital eine Palliativstation einrichtete, auf der schwerstkranke und sterbende Patienten und deren Angehörige betreut wurden, heißt es in einem Beitrag von Dr. Max Freyland.

1992 wurde der Deutsche Hospiz- und Palliativverband (DHPV), 1995 die Deutsche Hospiz Stiftung gegründet. In Deutschland gibt es inzwischen über 180 stationäre und etwa 1.500 ambulante Hospizeinrichtungen und 231 Palliativstationen.

Weiterführend:
Hospiz Aurich e.V.
Deutsche Hospiz- und Palliativverband (DHPV),
www.hospiz-nds.de

Finanzen | Der Haushalt des Bistums Osnabrück

Kirchensteuer und Dotationen – Finanzen der Kirche

kirchensteuer-4„Das Bistum Osnabrück finanziert seine Arbeit in den verschiedenen Bereichen zu einem wesentlichen Anteil mit den Mitteln aus der Kirchensteuer“, informiert Generalvikar Theo Paul (Bild) in einem Flyer, der in den Schriftenständen der Kirchen Ende 2013 ausgelegt war. Knapp 140 Millionen Euro standen für das Haushaltsjahr 2013 zur Verfügung. Rund 80 Prozent dieser Stumme stammen aus Kirchensteuern.

Im Grundgesetz ist das Recht zur Erhebung der Kirchensteuer verankert. Sie wird in Niedersachsen und Bremen von den Finanzämtern eingezogen, ist dem Bistums-Flyer zu entnehmen. Dafür erhält der Staat als Aufwandsentschädigung vier Prozent des Kirchensteueraufkommens.

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Die Einnahmen des Bistums Osnabrück.
Grafik: Bistum Osnabrück

Die Kirchensteuer beträgt neun Prozent der Lohn- oder Einkommenssteuer. Niemand muss allerdings mehr als 3,5 Prozent seines Einkommens als Kirchensteuer zahlen. „Die Kappung geschieht automatisch durch die Finanzämter. In bestimmten Lebenssituationen – etwa bei Verlust des Arbeitsplatzes, oder wenn einem Unternehmer besondere Steuerpflichten entstehen – kann ein Teil der Kirchensteuer erlassen werden. Dafür ist ein formloser Antrag beim Bistum notwendig.“

Wofür die Einnahmen im Bistum Osnabrück eingesetzt werden, zeigt die untenstehende Grafik für das Haushaltsjahr 2013.

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Die Ausgaben. Grafik: Bistum Osnabrück

Die grundgesetzliche Verankerung des Rechts, Kirchensteuer einzuziehen, scheint inzwischen nur noch bedingt „sattelfest“ zu sein. Im Vorfeld der Bundestagswahl 2013 wurde die Sonderstellung der Kirchen in Wahlprogrammen einiger Parteien infrage gestellt – ausgelöst durch fortschreitende Säkularisierung sowie stärkere Präsenz des Islam. Gravierende Veränderungen, so war in den Programmen für 2013 festgehalten, streben die Grünen, Sozialdemokraten, Freien Demokraten und Linken an. Die Partei Die Linke ging dabei am weitesten: Sie will die Zusammenarbeit von Kirche und Staat beenden sowie die Kirchensteuer, soweit vom Staat eingezogen, und außerdem die Militärseelsorge ersatzlos streichen.

Das deutsche System der Kirchenfinanzierung wurde Ende 2012 auf einer europäischen Experten-Tagung in Graz/Österreich erörtert und daraufhin überprüft, ob es als Erfolgsmodell in anderen Ländern zu übernehmen sei. In einigen Ländern müsse die Kirchenfinanzierung dringend verbessert werden. Das deutsche System, bei dem die Mitglieder der betreffenden Kirchen über Steuern ihre Kirche selbst finanzierten und nicht der Staat, sei eine beispielhafte, bewährte Lösung.

kirchensteuer-3Eugenio Pacelli, der spätere Papst Pius XII., unterzeichnet mit Franz von Papen (l.) am 20.7.1933 das Reichskonkradt zwischen Vatikan und Nazi-Deutschland.
Bildquelle: Vatikanisches Bundesarchiv

Die Selbstfinanzierung durch Kirchensteuer deckt den mit Abstand größten Teil der Aufwendungen ab. Ein geringerer Teil der Einnahmen stammt aus sogenannten Dotationen des Staates. Zuletzt wurden solche Zuwendungen des deutschen Staates an die katholische Kirche am 20. Juli 1933 völkerrechtlich vereinbart. Der Staatskirchenvertrag mit dem Vatikan ist bis heute gültig.

Solche Zuwendungen des Staates an die Kirche waren bereits 1919 in die Weimarer Reichsverfassung eingearbeitet worden, freilich mit dem Verfassungsauftrag, diese Staatsleistungen auslaufen zu lassen und schließlich abzuschaffen. Dieser Auftrag, die Zahlungen einzustellen, wurde 1948 auch im Grundgesetz der Bundesrepublik verankert. Aber weder zur Zeiten der Weimarer Republik, noch in den Jahrzehnten seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland haben sich Politik oder Kirche dieser Aufgabe zugewendet.

Um was geht es eigentlich bei diesen Dotationen des Staates?

Im Kern sind das Entschädigungszahlungen für Enteignungen aus der Zeit der großen Säkularisation in der napoleonischen Ära – also aus der Franzosenzeit, in der – etwa von 1800 bis 1810 – Kirchen und Klöster enteignet wurden. Der damals nach französischem Vorbild geformte deutsche Staat ließ die Pfarreien und auch die jeweiligen Pfarrerwohnungen (Pastorate) unangetastet. Außerdem wurden nun die Pfarrämter und Gehälter der Pfarrer sowie die Besoldungen der Bischöfe aus allgemeinen Steuern des Staates – den Dotationen an die Kirche – finanziert.

Daran hat sich im Prinzip bis heute nichts geändert, heißt es. Belastbare Informationen über die Verwendung der Staatsleistungen sind allerdings aus den veröffentlichten Quellen kaum zu gewinnen. Speziell darüber, wie die Pfarrämter heute finanziert werden, kursieren Informationen, die sich widersprechen.

Obwohl die Finanzierungsform durch allgemeine Steuern seit über zwei Jahrhunderten Praxis in Deutschland ist, kennt sie kaum jemand. Eine Aufrechnung der Verluste, die die Kirchen durch die Enteignungen in der Franzosenzeit erlitten haben, mit den Ausgleichszahlungen über nunmehr zwei Jahrhunderte durch den Staat gilt als überaus kompliziert. Die einen Fachleute sagen, die Verluste seien längst – vielfach überbezahlt – ausgeglichen worden; die anderen warnen davor, „das Fass zu öffnen“: Die Kirche könnte ohne diese Zahlungen in die Situation geraten, viele ihre Aufgaben in der Gesellschaft nicht mehr finanzieren und leisten zu können.

Dem steht im deutschen Grundgesetz die Verpflichtung gegenüber, die Ausgleichszahlungen zu einem befriedigenden Ende zu führen – eine nunmehr hundertjährige Aufgabe, für die eine Lösung immer noch nicht gefunden ist.

Etwa beim Symbolthema Staatsleistungen: Für viele Bundesbürger sind die Zahlungen von 460 Millionen Euro jährlich, die die Kirchen vom Staat als Ausgleich für Enteignungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts erhalten, nicht mehr vermittelbar. Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) appellierte daher als ZdK-Mitglied an die Kirchen, sie müssten von sich aus Vorschläge zur Umwandlung dieser Zahlungen vorlegen. „Wir dürfen nicht warten, bis den Kirchen eine Lösung abgetrotzt wird.“

Der wiedergewählte ZdK-Präsident Glück zeigte sich November 2013 grundsätzlich aufgeschlossen für den Vorschlag, auf die Dotationen zu verzichten, forderte jedoch ein Gesamtkonzept für die Kirchenfinanzen. Ein schneller Verzicht auf Staatsleistungen bringe zwar kurzfristig ein gutes Image. Die Wirkung würde jedoch verpuffen, wenn sich nicht insgesamt etwas am Finanzgebaren ändere.

Beim Abschluss des Vertrags zur Bildung einer Großen Koalition (November 2013) stellte sich allerdings heraus, dass weder die CDU, noch die SPD gewillt sind, die Frage nach den Staatsleistungen grundsätzlich neu zu beantworten. Das Internetportal domradio.de berichtete: „Grüne und Linke sowie die Sozialdemokraten hatten in ihren Wahlprogrammen teilweise deutliche Reformen verlangt. Hiervon ist keine Rede mehr. Im Gegenteil. Am Ende warnten selbst SPD-Obere, das schwierige Thema der Staatsleistungen anzutasten.“

 

Ehesakrament | Heirat, Anmeldung und Vorbereitung

Eheleute spenden sich das Sakrament

Eine Trauung in der Kirche bedeutet, sich vor Gottes Angesicht das Eheversprechen zu geben und die Ehe auch im Glauben an Gott zu gestalten.

Unter der Assistenz eines Priesters oder Diakons spenden sich die Eheleute das Sakrament der Eheschließung gegenseitig selber.

Für einen reibungslosen Ablauf ist es ratsam, sich einige Monate vorher im Pfarrbüro oder beim Pastor zu melden. Der Trauung geht ein Traugespräch mit dem Pastor voraus.