Chauffiert vom bayrischen Erwin

Es regnete Bindfäden, als die Neuauwiewitter Regensburg-Reisenden an ihrem vierten Tag in Bayern Richtung Altmühltal chauffiert wurden, diesmal vom echt bayrischen Busfahrer Erwin…

… der den Schwarzen Peter für das graue Wetter seinem „ostfriesischen“ Fahrerkollegen Thomas zuschob: „Für den Regen kann ich nichts. Den ist der Thomas schuld.“

Thomas (der an diesem Tag eine Lenkpause einhalten musste) freute sich über so viel Frechheit, die Busgesellschaft lachte, nur der Himmel nicht.

An der Befreiungshalle auf dem Michelsberg hoch über Kelheim zwischen Donau und Altmühlmündung strengte sich der Regen an, in puncto Wassermenge die dahinströmenden Flüsse auszustechen.

Schwester Magdalena und Markus im Regen an der Befreiungshalle.

Nach 400 Metern war die riesige Freitreppe der rundklotzigen Befreiungshalle erreicht und rasch erklommen. Drinnen war’s trocken, imposant und ziemlich triumphal. König Ludwig I. von Bayern hatte den Bau einst aus Kelheimer Kalkstein auf die Bergkuppe setzen lassen. So feierte er die siegreichen Schlachten gegen Napoleon während der Befreiungskriege 1813 bis 1815.

34 beflügelte Siegesgöttinnen in Riesenformat reichen sich im Inneren der Halle zum Zeichen der Eintracht unter den Mitgliedsstaaten des Deutschen Bundes reihum die Hände. Denn die Eintracht in der Vielfalt der deutschen Länder und damit der Föderalismus hatten zum Sieg geführt: Davon war der König überzeugt.

Riesige Halle mit Siegesgöttinnen,die einander die Hand reichen.

Die Göttinnen etwas vergrößert mit Mitgliedern unserer Gruppe…

… und noch vergrößerter.

Die zahlreichen Standbilder und Erinnerungstafeln in der Halle stehen für grauenhafte Schlachten, zum Beispiel die Völkerschlacht bei Leipzig. Sie gilt mit dem Einsatz von 600.000 Soldaten als die größte Schlacht der Weltgeschichte bis zum 20. Jahrhundert. Napoleon wurde vernichtend geschlagen. Er musste seine Machtbestrebungen in den deutschen Gebieten endgültig aufgeben.

Die Neuauwiewitter durchwanderten die riesige Halle; einige erstiegen über 82 Stufen die Galerie. Von oben aus hörten sie Gesang. Unten hatten sich Menschen zu einem Chor formiert und nutzten die Akustik des Baus.

Kurz vor dem Verlassen der Halle sangen auch einige aus unserer Pfarreiengemeinschaft ein Lied: „Lobet und preistet ihr Völker den Herrn“. Sie meinten alle Völker der Welt und den Frieden, der in der Einheit mit dem Einen gelingen kann.

Weiter ging es zum Donau-Schiffsanleger mit Fahrtziel Kloster Weltenburg. Auf sechs Kilometern Flussstrecke zu berg schipperten die Neuauwiewitter an den Sehenswürdigkeiten der uralten Felsformationen vorbei, sahen bei Kaffee und Kuchen das Klösterle, die Reste eines gewaltigen Meteoriteneinschlags vor 15 Millionen Jahren, Steinhaufen mit märchenhaften Namen wie „Napoleons Reisekoffer“, „Steinerne Kanzel“, „Die Versteinerte Jungfrau“ oder „Peter und Paul“.

Die eigentliche Attraktion wartete vor dem Kloster Weltenburg: der Donaudurchbruch. Ursprünglich hatte die Donau ihr Bett, das Urdonautal, weiter nördlich genau dort gehabt, wo heute die Altmühl fließt. Immer wieder hatte die Donau von dort aus mit ihrem wilden Wasser Steinformationen ausgeschwemmt, bis sie schließlich bei Weltenburg einen Durchbruch schaffte und der Strom sich neue Bahn brach.

Donaudurchbruch bei Weltenburg.

Gisela und Fritz staunen.

Wolfgang fühlt sich hinter der Brücke fast in seinem Element.

Das Passagierschiff der Unseren machte am Anleger zwischen Durchbruch und Benediktinerabtei fest. Auf ging’s in einen Speiseraum der Klosteranlage. Hier warteten Krüge mit dem Bier der ältesten Klosterbrauerei der Welt auf die Ostfriesen. Es muss zudem gut sein, denn gleich drei Mal in den letzten Jahren gewann es den World Beer Cup als bestes Dunkelbier der Welt.

Schwester Magdalena hat Kaiserschmarrn bestellt: Sieht toll aus und schmeckt.

Im Speisesaal mit Liesel und Helmut.

Pünktlich machten sich die Ostfriesen auf den Weg zum Bus. Und pünktlich kamen alle an. Bis auf zwei: Die Turmflüsterin und Freundin Maria.

Jemand hatte sie mit der Wegbeschreibung: „Durch dieses Tor und dann rechts immer an der Donau entlang“ aus der Spur gebracht. In diesem Fall wäre links das Rechte gewesen. Aber die beiden, von Natur aus voll Vertrauen gegenüber jedermann und jederfrau, stiefelten freudig nach rechts. Irgendwann begannen sie sich zu wundern, dass sie niemanden aus ihrer Reisegesellschaft trafen. Schließlich fragte die Turmflüsterin eine Ortskundige, wo denn der Parkplatz für die Reisebusse sei. Die Frau guckte mitleidig und zeigte wortlos nach links.

Hups, jetzt wurde es höchste Eisenbahn. Die Abfahrtszeit für den eigenen Bus war nur noch fünf Minuten entfernt, der Parkplatz über einen Kilometer. Die Turmflüsterin rief Markus an und avisierte freundlich die erwartete Verspätung. Dann spurteten die beiden Frauen los.

Die Busgesellschaft erwartete sie mit gnädigem Lächeln und etwas zeitverzögert (damit die beiden sich erholen konnten) mit herrlichem Spott. Der Busfahrer bekam die Anweisung, sich bitte künftig immer in der Nähe der Turmflüsterin aufzuhalten.

Das missachtete er gern schon beim nächsten Halt in Beilngries an der Altmühl, wo die Gruppe direkt unterhalb der Türme von St. Walburga ausstieg und sich zu einem kleinen Bummel in die schönen Gässchen verstreute.

Hübsches Beilngries.

Die Unseren „verstreuten“ sich.

Bei einem Eis stärkten sie sich für die Rückreise und zeigten kleine Einkäufe vor, darunter eine rote Wetterjacke. Die Verkäuferin hatte Helmut aus Ostfriesland die Jacke mit der Bemerkung schmackhaft gemacht, die könne man sogar im Norden tragen.

Ein Mitfahrer setzte noch einen drauf: „Helmut, du kannst sowieso alles tragen. Und wenn es ein Koffer ist.“

Am Abend war für viele Fußball angesagt. Auch da gab es keine Klagen.

Leckeres Eis und lustige Gespräche: Renate, Gerlinde, Gerd und Wolfgang.