Dringend gesucht: der Geist der Weihnacht

2015-11-29 GD Gassenhauer4_1Von Delia Evers | Wenn das an die Öffentlichkeit kommt! In der St.-Ludgerus-Kirche herrschte ausgerechnet am ersten Adventswochenende das blanke Chaos. Und Pfarrer Johannes Ehrenbrink saß in der vordersten Kirchenbank und schaute begeistert zu. Die Gassenhauer waren los!

Sie hatten sich eine tolle Einstimmung in die Adventszeit einfallen lassen und suchten – als „Predigtersatz“ für den Gottesdienst – im Dutzend vorn im Altarraum etwas Außerordentliches: den Geist der Weihnacht. Unter ihnen waren zwei Reporterinnen, die den Auftrag bekommen hatten, die anderen nach diesem Geist zu befragen. Was, um Himmels Willen, war dieser Geist der Weihnacht?

Ein Geschenkeonkel, der das ersehnte Handy auf den Gabentisch legt oder das Buffet zum großen Fressen und Saufen eröffnet?

Eine Reporterin ließ mit ihren Interviews nicht locker, obwohl der Redaktionsschluss gefährlich nahe war und niemand den Geist wirklich zu kennen schien. Sie fragte immer weiter und stieß auf einen höchst traurigen Herrn. Der hatte mit Weihnachten abgeschlossen. Er erwartete nichts Gutes mehr, war nicht einmal wütend, sondern nur noch einsam. Für ihn wollte die Reporterin unbedingt den Geist der Weihnacht finden und merkte gar nicht, dass sie ihm genau dadurch längst nahe war: Sie nahm sich Zeit, blieb geduldig und zugewendet.

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Der „Mann“ war untröstlich: Für ihn war Weihnachten gestorben. Er erwartete nichts Gutes mehr. Neben ihm die beiden Reporterinnen.

Doch alle, die rund um den Altar tanzten, hatten offenbar nicht den leisesten Schimmer, wonach gesucht wurde. Der Geist der Weihnacht? Allenfalls eine Erfindung des Handels! Kindermärchen. Eine Lachnummer.

Die Gassenhauer-Jugendlichen legten tolle Solo-Auftritte hin, darunter den einer Business-Frau, deren Beruf es war, das Chaos anderer Leute zu verwalten. Schließlich stellte sie fest: „Ich selbst bin das Chaos.“ Das war urkomisch und tiefernst zugleich: Wer nur noch herumhetzt, verfehlt den Geist der Weihnacht.

Und während das kunterbunte Geschehen immer mehr Fahrt aufnahm, saß ein Darsteller einsam auf einer Altarstufe und bewegte sich nicht. Er hatte ein handgeschriebenes Pappschild vor sich: „I come from Syria.“

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Alles wuselte um den „Syrer“ herum, ohne Notiz von ihm zu nehmen, und schleppte Einkaufstaschen; doch nirgendwo war der Geist der Weihnacht drin.

Fernab des ganzen Trubels kam ein Mädchen zu ihm, und über alle Sprachprobleme hinweg verständigten sich die beiden. Schnell wurde klar: Das Mädchen meinte wirklich diesen Menschen. Es gab keine Ruhe, bis es wusste, was für ein Schicksal der Syrer erlitten hatte. Er war geflohen. Er wusste nicht, was aus seiner Familie geworden war. Er hatte Hunger. Da zückte das Mädchen etwas Geld, das es hatte, und lud den Mann zum Essen ein. Es drückte ihm nicht einfach Geld in die Hand. Es blieb an seiner Seite.

Der Geist der Weihnacht war gefunden, beinahe nebenher, fernab der großen Bühne, von einem Mädchen, das fast noch ein Kind war.

Eine der Darstellerinnen rief ins Publikum: „Finden Sie den Geist der Weihnacht.“

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Ein Teil der Darstellerinnen und Darsteller am Ende der Aufführung, die auch mit guter Musik aufwartete.

Eine beeindruckende Vorstellung. Es setzte einen ganz großen Applaus. Und Johannes Ehrenbrink konnte den Gottesdienst in gewohnter Manier fortsetzen.

Später, beim Adventskaffee, wurde es im Bonihaus knalleng. Die Menschen, darunter viele Gassenhauer, saßen dicht gedrängt an den schön dekorierten Tischen, knabberten Adventsgebäck und erzählten und erzählten. Mancher nahm vom Eine-Welt-Verkaufsstand schöne oder köstliche Kleinigkeiten mit.

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Einige der Darstellerinnen und Darsteller gesellten sich nach dem Gottesdienst noch zum Adventskaffee – sehr zur Freude der anderen. Mehrfach gabs Lob und Dank für die Gassenhauer.

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Blick in einen kleinen Teil des vollen Bonihauses beim Adventskaffee.