Dritter Litauen-Tag: umschwärmt von fliegenden Ameisen

Gleich nach dem Frühstück brach unsere litauisch-deutsche Reisegesellschaft Mittwoch nach Osnabrück auf und war bald sehr umschwärmt: vor allem von fliegenden Ameisen, die momentan die Stadt erobert haben.

In den Dom haben sie es glücklicherweise nicht geschafft. Er war die erste Anlaufstation. Dr. Caroline Bäßler von Domschatzkammer und Diözesanmuseum erzählte die Geschichte des Gotteshauses, das den Heiligen Petrus zum Patron hat. Das klang ungefähr so: Als Kaiser Karl der Große („Den kennen Sie doch wohl?“) in Norddeutschland die Sachsen unterwarf und missionierte, richtete er in der Nähe des heutigen Dombereichs um 780 eine Missionsstation ein. Der erste Bischof des neuen Bistums war der Friese Wiho. Der Dombau, viele Bischöfe und sehr viele Priester-Weiheakte  folgten, darunter ungefähr 1200 Jahre später, genauer am 13. November 1976, auch die Weihe von Johannes Ehrenbrink.

Dr. Caroline Bäßler vor der Schauseite des Doms bei Erläuterungen zur Geschichte.

Chorraum mit güldenem Altarbild, das bei näherem Hinsehen bunt ist. Die Unseren hatten sich im Chorgestühl links einen Platz gesucht. Die Gästeführerin bat darum, die Plätze zu räumen. Es sei vielleicht nicht angemessen, sich dort niederzulassen.

Führung mit Blicken durch den Domraum.

Weiter ging es nach der Führung zur Diözesangeschäftsstelle des Malteser Hilfsdienstes in Osnabrück. Die Diözesan-Auslandsbeauftragte und Litauenbeauftragte Octavie van Lengerich sowie Geschäftsführer Ludwig Unnerstall – selbst Litauenfahrer – empfingen die Gäste mit einem schlichten und sehr leckeren Suppenmahl samt Nachtisch in essbaren Waffeltöpfchen.

Ona (r.), Arunas (2. v.r.) und Romas (l.) überreichten mit sehr lieben Dankesworten Mirbringsel an Octavie van Lengerich und Ludwig Unnerstall. Sie betonten, die Unterstützung durch die Malteser aus Deutschland sei eine große Hilfe für die Arbeit der Gemeinden und der Malteser in Alytus. Ona und Arunas sprachen aus vollem Herzen.

Diese beiden waren verantwortlich für die leckere Suppe: Charlotte Hengelbrock, Dienststellenleiterin der Malteser in Hunteburg, und Hermann Otte, dort Ortsbeauftragter. Die beiden kochen auch zu vielen anderen Gelegenheiten, zum Beispiel bei der Telgter Wallfahrt. Als sie Mittwoch ihre Gäste hinreichend beköstigt hatten, schleckten sie mit Genuss die Reste aus den Dessertschüsseln.

Die Reisegruppe bei den Maltesern.

Ludwig stellte sein Haus vor, nannte Kernzahlen des Großvereins (Weiteres siehe Webseite der Malteser) und führte seine Gäste in die nahe Kolumbariumskirche Heilige Familie. Bei Pfarrer Rytis stieß sie auf besonderes Interesse. Die Kirche, die nach einer Pfarrfusion „überflüssig“ geworden war, erhielt ein neues Gesicht. Sie ist in ihrer Mitte noch immer Gottesdienstraum. Um die Mitte herum runden sich zwei Mauern. Sie beherbergen Urnennischen.

Der Übergang von Feierraum und Trauerraum ist fließend. Zwischen Taufbecken im Eingangsbereich und den Urnen im Mauerrund liegt die Spannbreite christlichen Lebens auf Erden – von der Taufe bis zum Tod. Die Asche der Verstorbenen und das Gedenken liegen buchstäblich nah. In einem Prospekt heißt es: „In der Kolumbariumskirche werden der Glaube und das Leben gefeiert – gemeinsam mit den Verstorbenen.“

Die Kolumbariumskirche.

Die Urnenwände.

Drei Bullis am Dom.

Eine kurze Bullifahrt führte die Reisenden zurück in die Osnabrücker Innenstadt. Sie war in allen Straßen überfüllt von überaus lästigen Flug-Ameisen-Geschwadern, die am liebsten auf Halsausschnitten und Krägen landeten. Die Biesterchen hockten und flogen einfach überall (eine wurde aus Versehen in einem Bulli nach Ostfriesland überführt. Kaum war die Tür geöffnet, verschaffte sie sich Zutritt zur Freiheit und könnte im kommenden Jahr in Neuauwiewitt…, nein, daran wollen wir lieber nicht denken). Der Bummel war trotzdem schön und entspannend, ehe es nach Neustadtgödens ging, wo in St. Joseph alles gewohnt gastfreundlich für ein gepflegtes Abendessen vorbereitet war.

Maria versuchte vergeblich, ihre Gäste zu sportlichem Tun zu verleiten. Die schauten lieber der wendigen Maria beim Sackhüpfen zu.

Tini (im Glockenturm) zieht an den Seilen, was das Zeug hält. Es klingt mächtig laut.

Arunas möchte auch mal. Es klingt gut.

Maria Döldissen-Schlömer zeigte und erklärte die alte Kirche. Jeder ihrer Sätze machte deutlich, wie froh sie über den Bestand von Kirche und Gemeinde ist.

Im Saal und im lauschigen Garten folgten schöne Stunden mit viel Frohsinn und guten Gesprächen. Immer wieder beeindruckend war, wie viel die Gäste trotz vorgerückter Stunde wissen wollten.

Wurden sie denn gar nicht müde? Anstrengend war’s schon, sagte Jonas, der im Bereich palliativ-medizinischer Hilfe sehr engagiert ist.

Und dann sagte er: „Ich habe seit zehn Jahren keinen Urlaub mehr gemacht. Für mich sind diese Tage wie Urlaub.“

Text und Fotos: Delia Evers