Funke, Elisabeth | Mutige Helferin in St. Ludgerus

Am 27. November 1947 brachte Maria Koopmann in Westrhauderfehn ihr erstes Kind zur Welt, ein Wicht. Der weitere Weg schien klar: Mädchen gingen zur Volksschule, lernten Hauswirtschaft…

… heirateten und bekamen Kinder. Elisabeth, so hieß die neue Erdenbürgerin, geriet anders, aber der Reihe nach…

Ihr Vater Johannes hatte Schmied gelernt und dann statt des älteren Bruders, der im Krieg vermisst blieb, die Landwirtschaft seiner Eltern übernommen. Die Familie hielt Schweine, Kühe und Geflügel. Fleisch und Feldfrüchte reichten aus, um die Familie durchzubringen. Das war nicht selbstverständlich, denn in sehr kurzer Folge drängten weitere Kinder auf die Welt: vier Mädchen und drei Jungen.

Der Großvater war Viehhändler. An manchen Sonntagen diente sein Transporter einem anderen Zweck. Elisabeth: „Dann machten wir mit dem Viehwagen einen Ausflug. Ein Auto hatten wir nicht. Die Eltern saßen vorn, wir Kinder auf der Ladefläche.“ Der Vater kutschierte sie bis zum Küstenkanal irgendwo zwischen Unterer Hunte und Ems. Sie fühlten sich bei aller Kürze der Fahrt wie auf Reisen.

Die Eltern mit Elisabeth (an der Hand des Vaters) und zwei jüngeren Geschwistern.

„Ich hatte eine Super-Kindheit“, erzählt Elisabeth, „liebevoll, mit ganz viel Freiheit und Platz und Kindern um mich herum. Ich habe nichts vermisst.“ Religion war entspannt in den Alltag eingebettet. Sonntags besuchte die Familie die Heilige Messe. Mittags vorm Essen wurde gebetet, bei Gewitter noch einmal extra, und alle vier Wochen ging’s zur Beichte. „Das war eine Selbstverständlichkeit.“ Kirchgang, Beten und Beichten „gehörten dazu wie das Zähneputzen“.

Elisabeth entpuppte sich als gute Schülerin. Allerdings war für sie, siehe oben, keine höhere Bildung vorgesehen. „Doch ich hatte einen lieben Lehrer.“ Der empfahl den Eltern, Elisabeth auf die Mittelschule zu schicken. Das Mädchen durchlief leichten Sinns die Probewoche und die Prüfung in Rhauderfehn, während ein Junge aus der Nachbarschaft durch den Test rasselte. Elisabeth erlebte, ohne es zu ahnen, eine erste „feministische“ Regung: Mädchen musste man nur lassen…

Die Eltern hatten längst selbst gemerkt, dass Elisabeth gern lernte und Lexika las, wie andere Kinder die Bücher von Bullerbü. Sie freute sich über Querverweise, ging ihnen nach, erschloss sich Zusammenhänge und war fasziniert vom Wissen der Welt.

Das brachte Vorteile, die die Geschwister mit kleinem Neid begleiteten. Immer mal wieder hieß es, Elisabeth brauche in Haus und Hof nicht zu helfen: „Elisabeth muss lernen.“ Um die Kartoffelernte kam sie nicht herum. Dafür wurden auch ihre Hände gebraucht.

Die Koopmanns bei ihrer Silberhochzeit 1972 mit ihren acht Kindern. Elisabeth ist – die größte – ganz rechts.

Sie war gut in Sprachen. Englisch, Französisch, Latein und Deutsch fielen ihr leicht. Sie suchte nach einem passenden Beruf. Da machte sie im Leeraner Borromäus-Hospital ein Ferien-Praktikum, um sich ein paar Mark zu verdienen. Elisabeth war hingerissen. „Das Krankenhaus hat mich so fasziniert, dass ich nur noch Krankenschwester werden wollte. Das war ein ganz neuer Kosmos für mich. Er hatte etwas Geheimnisvolles. Da wollte ich dabei sein.“

Am liebsten hätte sie sich gleich nach der Mittleren Reife 1964 die Schwesternschürze umgebunden, aber sie war noch keine 18 und brauchte eine hauswirtschaftliche Lehre. Wie gut, dass am Aa-See in Münster eine weitläufig verwandte Dame als Oberin einer privaten Frauen-Klinik wirkte.

Elisabeth trocken: „Da lernte ich nun also Hauswirtschaft – und Rauchen. Abends haben wir auf dem Bett gesessen und Lungenzüge geübt, bis wir von der Kante gefallen sind, weil uns übel wurde.“

Elisabeth füttert 1966 in der Nachtschicht einen Säugling.

Ein Jahr später begann sie im Marienhospital in Papenburg ihre Ausbildung zur Krankenschwester, diesmal unter den Fittichen von Thuiner Franziskanerinnen. „Wir haben nur gearbeitet, von 6 Uhr morgens bis mittags, dann eine Stunde Pause, dann Unterricht, dann von 17 bis 20 Uhr Stationsdienst und oft noch Sitzwachen bei Patienten, die beobachtet werden mussten.“

Eine harte Zeit? Ach was! Eine arbeitsreiche und eine „schöne Zeit, in der wir Mädchen unendlich viel Spaß hatten. Wir haben zusammen gelernt und gefeiert.“

Das Feiern ereignete sich notgedrungen nachts. Dann büxten die angehenden Krankenschwestern aus dem Schwesternhaus aus. „Einmal stellten wir uns zu Fünft oder Sechst an die Straße und fuhren per Anhalter zum Heeder Schützenfest.“ Eine Kameradin, die dort zu Hause war, hatte angeboten, die kleine Schwesterngesellschaft könne in der Scheune der Eltern im Heu schlafen. Doch irgendwann kam ihnen die Kameradin abhanden und damit die Übernachtungsgelegenheit. Zerknirscht machten sie sich auf den Rückweg ins Schwesternhaus. Ein paar Jungen, die sie kennen gelernt hatten, brachten sie hin (das ging damals noch).

Elisabeth (3.v.l.) immer mitten drin – hier mit feierfreudigen Kameradinnen im Schwesternwohnheim 1966.

Ihr Pech: An diesem Abend hatte eine bestimmte Nonne Aufsicht. Ihr Markenzeichen: Haare auf den Zähnen. Ihr entglitten alle Gesichtszüge, als die Mädchen zu vorgerückter Stunde klingelten. Das Donnerwetter war gewaltig, der Nachhall auch: vier Wochen Hausarrest, Putzdienst für alle Fenster im Wohnheim. Elisabeth fröhlich: „Als ich meinem Vater davon erzählte, sagte er entspannt, ‚ruft mich beim nächsten Mal an, dann hole ich euch ab‘.“

Das Lernen ging weiter. Das Feiern auch. 1968 war Elisabeth Koopmann examinierte Krankenschwester. Sie schloss eine Ausbildung zur OP-Schwester an und wechselte 1969 zum Kreiskrankenhaus nach Hildesheim.

Frisch examinierte Krankenschwestern: Elisabeth ist die zweite von rechts in der oberen Reihe.

Bevor sie dort loslegte, gönnte sie sich einen Monat Freizeit. Dieser Entschluss nach anstrengender Zeit stellte die Weichen ihres Lebens neu. Sie schloss sich einer Reisegesellschaft nach Italien an. In Rom saß an ihrem Hoteltisch ein Mann aus der Gruppe. Sie plauderten. Als die Gruppe bald darauf das Kolosseum besuchte, begann es sacht zu regnen; und sacht legte ihr jemand eine Jacke über die Schultern. Der Mann vom Hoteltisch. Elisabeth Koopmann und Johannes Funke hatten sich gefunden.

Im Kreiskrankenhaus in Hildesheim schnitt sie einen alten Zopf ab. Bis dahin hatten die Schwestern bei Chefarztvisiten mit gestärkten Schürzen anzutreten und angemessen ergriffen den „Gockel in Weiß“ vorbeiziehen zu lassen. „Damit ist Schluss!“, befand Elisabeth. Der Chefarzt war empört und Elisabeth unbeeindruckt. Sie scheute nie eine Auseinandersetzung mit Argumenten. Der Zopf blieb ab.

Nach zwei Jahren Dienst in Hildesheim wechselte Elisabeth 1971 erneut, diesmal in die kommunale Frauenklinik am Westerberg in Osnabrück. Denn in Osnabrück studierte Johannes. Schnell stieg Elisabeth auf der Privatstation für Wöchnerinnen zur Stationsschwester auf (das war sie auch in Hildesheim gewesen).

1972 verlobten sich Elisabeth und Johannes. 1973 heirateten sie.

Elisabeth und Johannes 2000 in der Türkei – eines der Lieblingsfotos ihrer Söhne („Vater sieht aus wie George Clooney“ – und Elisabeth ein bisschen wie Meryl Streep).

Johannes begann im Sommer desselben Jahrs an der Integrierten Gesamtschule Aurich-West seinen Schuldienst. Elisabeth trat ihre neue Stelle als Krankenschwester beim Gesundheitsamt in Leer an. Fortan kümmerte sie sich um Pocken- und andere Schutzimpfungen sowie Schuluntersuchungen.

Im Büro des Gesundheitsamtes 1976.

Sie bildete sich fort, wurde Beauftragte für sprach- und hörbehinderte Kinder und chauffierte ein Mama-Mobil durch die Landschaft, eine Art fahrbares Sprechzimmer mit Liege und Wickeltisch. Sie brachte jungen Müttern Wissen und Beratung bis vor die Haustür. Elisabeth genoss die selbstständige Arbeit und – ganz neu – das freie Wochenende.

Es blieb nicht frei. Schon in ihrer ersten Auricher Zeit hatten Elisabeth und Johannes über einen Schwippschwager Kontakt zu St. Ludgerus geknüpft – nämlich über den Pastor und Religionspädagogen Heinrich Munk, der mit seinen Amtsbrüdern Hubert Heinelt, Norbert Krümel und Peter Jonen für Aurich, Esens, Oldersum und Spiekeroog den „Konvent Ostfriesland“ im heutigen Schwesternhaus ausgerufen hatte.

Norbert Krümel sprach Elisabeth an. Er gewann sie für die „Freunde psychisch Kranker“, ein Verein, der betroffenen Menschen eine Lobby gab. In der Gemeinschaft arbeiteten Angehörige mit, die Ökumene!, Studenten der Fachrichtung Soziales der Emder Hochschule und hochkarätige Fachleute. Über Jahre stellte Elisabeth sich als zweite Vorsitzende zur Verfügung, organisierte Gesprächskreise mit und gab Lebenshilfe in ganz konkreten Situationen.

Sie zog sich erst zurück, als Ende der 1980er-Jahre auf kommunaler Ebene eine psycho-soziale Anlaufstelle installiert wurde.

In St. Ludgerus wurde gern gefeiert, wie hier beim Grillfest 1988.

Schon damals unterhielt die Gemeinde einen Caritas-Helferkreis, ähnlich dem Anpackerkreis von heute. Mittendrin mit vielfältigsten Angelegenheiten betraut: Elisabeth Funke.

Eine weitere Gruppe brauchte Hilfe – die der Anonymen Alkoholiker (AA). Hubert Heinelt hatte in seinem Pfarrhaus in Esens alkohol-abhängigen Menschen seine Wohnung überlassen. „Er konnte jede Hilfe brauchen.“ So sammelte Elisabeth einmal in der Woche mit ihrem Wagen Alkoholiker in Aurich und Umgebung ein und fuhr sie zum AA-Treffen nach Esens.

Ein anderes Mal nahmen sie und Johannes eine in Not geratene Frau mit drei Kindern im eigenen Haus auf. Die Vier blieben drei Jahre. Immer anwesend: die helfenden und wärmenden Hände von Elisabeth und Johannes.

Die beiden verstanden sich blind. Sie teilten dieselbe Art von Fürsorge und Bereitschaft, für andere einzustehen und mit frohem Herzen kürzer zu treten. Sie waren immer mitten drin im Geschehen, genau da, wo handfest und entschieden, kraftvoll und ohne Klage gehandelt werden musste, weil wohlklingende Worte keinen Magen füllen.

Ende März 1978 waren die beiden seit fünf Jahren verheiratet. Und endlich konnte Elisabeth die schönste Nachricht verkünden: Sie war schwanger. Weihnachten brachte sie Christian zur Welt. „Das war traumhaft, die Erfüllung unserer Wünsche“, sagt Elisabeth.

Als das Kind daheim in seinem Bettchen lag, kam Johannes in jeder Schulpause, um das kleine, große Wunder zu bestaunen. Dann eilte er zurück zur Schule.

Elisabeth hörte auf, beruflich zu arbeiten – und wurde nicht glücklich damit. „Ich war mehr in Bildungshäusern als zu Hause“. Sie besuchte im Ludwig-Windthorst-Haus ein soziales Seminar, schulte sich in Sachen Ehevorbereitung und bot heiratswilligen Paaren gemeinsam mit Brigitte Hesse und Norbert Krümel Kurse an. „Das waren schöne Erfahrungen. Auch für mich selbst habe ich viel mitgenommen.“

Im Oktober 1980 kam Florian zur Welt, im März fünf Jahre später Sebastian.

Es war eine besondere Zeit. „Die Frauenbewegung war in vollem Gange.“ All die großen Fragen zu Selbstverständnis und Rollenbild, zu Abtreibung und Sexualität wollten besprochen und beantwortet werden. 1987 wählten die kfd-Frauen Elisabeth auf Dekanatsebene zu ihrer Vorsitzenden (ihre Amtszeit endete 1993). Im Vorstand war sie schon vorher aktiv gewesen.

Pfarrer Norbert Krümel gratuliert Elisabeth 1987 nach der Vorstandswahl.

Elisabeth erzählt von Großveranstaltungen mit 250 Leuten: „Da waren die Säle voll.“ Die Frauen diskutierten über ihre Rolle in der Kirche. Sie stritten, oft verbissen, über die Frage, ob Mütter berufstätig sein dürften oder sich ihren Kindern zu widmen hätten. Für etliche gab es nur das eine oder das andere. Für die Kirche auch: Sie predigte das Mutterdasein zu Hause. Frauen wandten sich enttäuscht ab. Ehen gingen auseinander.

„Trotzdem wurde für Frauen eine Menge erreicht“, sagt Elisabeth.

Sie freut sich an der Selbstverständlichkeit, mit der Mütter und Väter heute Kinderbetreuung und Beruf verbinden und Last, Freude und Verantwortung teilen.

Elisabeth stieß zum Kommunionhelferteam und veränderte die „Kleiderordnung“: Wenn schon Kommunionhelferin, dann nur in Gewand und mit Einzug! So kam es. Frauenseelsorger Pfarrer Norbert Krümel stützte die Initiativen nach besten Kräften.

Elisabeth entlastete Gemeindeschwester Perpetua und übernahm Vertretungen für sie. Im Klinikum in Emden leistete sie Sitzwachen und später Nachtwachen; und sie schulte im Auftrag der LEB, der Ländlichen Erwachsen-Bildung, Krankenpflegehelferinnen.

1989 wählte der Pfarrgemeinderat sie zu seiner Vorsitzenden. „Die Bindung war früher stärker als heute“, meint Elisabeth. „Wenn die Gemeinde irgendwo etwas veranstaltete, gingen die PGR-Mitglieder wie selbstverständlich hin.“

Ein Jahr später wollte sie wieder beruflich arbeiten und begann in der privaten Auricher Wix-Klinik als Nachtwache. Doch der schlaf-feindliche Rhythmus ging auf ihre Gesundheit. Fünf Jahre hielt sie durch. Dann hörte sie auf.

Die Eltern Koopmann mit Kindern, Schwiegerkindern und Kindeskindern. Elisabeth (mittlere Reihe links) hält Sebastian im Arm, über ihr Johannes, in der unteren Reihe sind Christian (r.) und Florian (3.v.r.) zu sehen.

In der Zwischenzeit hatte sich die Rendantin und Pfarrsekretärin Christa Kurth entschieden, langsam aber sicher ihre Ämter in jüngere Hände zu geben. Der damalige Pfarrer Dr. Burghard Sauermost wusste schon, an wem die Hände der Pfarrsekretärin bereits saßen: an Elisabeth.

Sie sagte „Ja“, belegte im Schnelldurchgang einen Computer-Kurs in Osnabrück und stellte das Büro vom Zeitalter handschriftlicher Korrespondenz auf digitale Arbeit um. Die Dinge, die gemacht werden mussten, gingen ihr leicht, schnell und effizient von der Hand. Und sie leistete, wie Bekannte warmherzig erzählen, eine Aufgabe, die mit Geld nicht aufzuwiegen war. Elisabeth war vor Ort, sie hörte zu, fragte, nahm in den Arm, tröstete und ermunterte Besucherinnen und Besucher, die sich fühlten wie in einer Art Vorseelsorgebüro. Bei Elisabeth spürten sie, dass sie aufgenommen waren. Sie erinnert sich: „Das ergab sich. Ich war da, und irgendwie blieb immer Zeit für Gespräche. Ich habe mich selbst sehr wohl gefühlt.“

Dann kam der Wechsel von Dr. Burghard Sauermost auf Dr. Thomas Nonte. Ohne Vorwarnung erhielt sie einen Anruf. Sie erinnert sich an die Worte: „Sie haben Ihren Posten zu verlassen.“ Elisabeth war wie vor den Kopf gestoßen. Sie ging.

In der Pfarrgemeinde nahmen die Dinge ihren traurigen Lauf. Eine weitere Sekretärin kam und ging innerhalb kurzer Zeit. Elisabeth Funke, die immer entschieden für die Rechte von Frauen, Ehrenamtlichen und Schwachen eingetreten war, wurde unter Zeugen vom Pfarrer abgekanzelt wie ein vorlautes Kind. Sie hätte sich mutig weiterhin in jede Diskussion gestürzt. Nur wurde nicht mehr diskutiert, sondern von oben herab angeordnet. „Er ließ einfach seine Macht heraushängen. Das war eine böse Zeit.“

Noch war Elisabeth Vorsitzende des PGR, doch als der Pfarrer sie auch dort offen vor allen brüskierte, legte sie den Posten nieder. Elisabeth war nicht die einzige Betroffene. Weitere ehedem engagierte Pfarrangehörige wendeten sich von der Gemeinde ab, darunter mehrere junge Paare mit Kindern. Sie gründeten einen Familienkreis, der bis heute besteht.

In der Gemeinde gab es damals durchaus Mitglieder, die mit der Arbeit des Pfarrers zufrieden waren oder von den Auseinandersetzungen nichts mitbekommen hatten. Elisabeth erzählt: „Wir wollten nicht, dass die Gemeinde sich spaltet, und haben uns deshalb in diesen Familienkreis zurückgezogen.“ Fortan gestalteten sie selbst religiöse Feiern, um der Kirche aus gebotener Ferne nah zu bleiben.

Sie ist heute sicher, dass das Wohl und Wehe einer Gemeinde „von einer einzigen Person abhängen kann“.

Elisabeth hilft bei den Theateraufführungen der Gassenhauer im Hintergrund mit, hier mit v.l. Mechthild Möhlenkamp, Dezhwan Fatah und Veronika Göhlinger.

Ein Gutes gewinnt sie den Vorgängen von damals ab. Sie war frei, sich auf eine Stelle des Paritätischen Wohlfahrtsverbands zu bewerben, der eine stellvertretende Pflegedienstleiterin für Organisation und Abrechnung suchte. Sie bekam die Stelle. 15 Jahre war sie für den „Pari“ aktiv und verschenkte dort über die bezahlte Arbeit hinaus ihre Talente.

Seit Jahren arbeitet sie im Vorstand der Seniorengemeinschaft  LAB (Lange-Aktiv-Bleiben)  mit. „Wir haben eine eigene Begegnungsstätte und wöchentlich ein Programm. Das ist auch schon wieder ein großer Teil meines Lebens.“

In Gremien und feste Strukturen ließ sie sich über Jahre nicht mehr einbinden (erst 2018 kandidierte sie wieder für den Pfarrgemeiderat und wurde gewählt). Sie engagiert sich vor allem da, wo es lockerer zugeht: beim Anpackerkreis, im Litauenausschuss, bei den Klüngeltüngels (für die sie zusammen mit Hildegard Lüken erstklassige Ausflüge organisiert) und beim Mobilen Einkaufswagen.

Nur einer Mitgliedschaft ist sie über die ganze Zeit treu geblieben: der im Kirchenchor. Längst ist sie seine Vorsitzende.

Elisabeth und Johannes mit Kindern, Schwiegerkindern und Kindeskindern.

Elisabeth und Johannes 2015.

Sie hat sich immer daran gefreut, im Chor gemeinsam mit Johannes die Stimme zur Ehre Gottes erheben zu dürfen. Am 4. November 2016 ist er nach 42 gemeinsam durchlebten und durchliebten Jahren gestorben.

Im Alltag kommt sie mit ihrem Organisationstalent gut zurecht. Was sie nicht kann, bringt sie über ihre Söhne mit den wachsenden Familien und andere gute Menschen auf den Weg. Sie spürt die Verbundenheit mit der Gemeinde und ist tief dankbar dafür.

Den Platz von Johannes kann sie nicht füllen. Elisabeth sagt: „Es ist so leer im Haus“ und „Das Schwerste ist, niemanden zu haben, mit dem ich reden kann wie mit Johannes.“

Zugleich macht sie anderen schon jetzt Mut durch ihre Stärke: Sie geht ihren eigenen Weg weiter und wird dabei mitunter zur „Superheldin“. Das ist sie auf jeden Fall für die Eltern eines Säuglings. 2017 rettete sie ihm beherzt das Leben.

Text und Fotos (3): Delia Evers
Fotos (11): Archiv Elisabeth Funke

Elisabeth Funke in ihrem Garten an der Tilsiter Straße in Aurich.