Albrecht, Manfred-Franz | Herr über die Kandidatenkür

25 Jahre lang hat Manfred-Franz Albrecht die Gremienwahlen in Aurich als Vorsitzender des Wahlausschusses geleitet. Die Wahl 2018 war seine letzte als „Herr über Kandidatenkür und Stimmenzählung“.

1993 hatte er zum ersten Mal als Vorsitzender eines Wahlausschusses darüber gewacht, dass in St. Ludgerus alles mit rechten Dingen zuging. Das konnte der diplomierte Finanzwirt, weil er schon von Berufs wegen über Recht und Ordnung Bescheid weiß.

Zu seinem 25-Jährigen im Jahr 2018 legte er eine Broschüre an. Er hat sie freundlich mit einem Vers von Wilhelm Busch überschrieben: Einszweidrei im Sauseschritt | Läuft die Zeit | Wir laufen mit.

Wie sie gelaufen ist, das dokumentieren in der Broschüre die Aufrufe und Kandidatenlisten zu den Gremienwahlen zunächst noch im Dreijahresrhythmus 1993, 1997 (verlegt), 1999 und 2002 – und danach im Vierjahresrhythmus 2006, 2010, 2014 und 2018.

„Die Basis muss stimmen!“, so sinnig und doppeldeutig war Manfreds erste Wahl bistumsweit überschrieben. „Mitbauen an der Kirche von morgen“ sollten die Gemeindemitglieder. Manfred formulierte damals: „Mitdenken – Mitentscheiden – Mitgestalten. Diese drei Worte betonen das Miteinander, die Gemeinschaft aller in Verantwortung. … Sie rufen zur Bereitschaft auf, Verantwortung in der Kirche zu tragen.“

Das „Jubiläums-Heftchen“ von Manfred dokumentiert ein Stück Zeitgeschichte, gerade wegen der Kandidatenlisten mit Kopfbildern, die einen erstaunt hauchen lassen: Sooo hat die W. oder sooo hat der H. damals ausgesehen?

Manfred zeigt Horst, wie der Rendant 1997 ausgesehen hat (große Veränderungen konnten nicht festgestellt werden. Nur die Haarfarbe intensivierte sich Richtung Weiß).

Diese Listen mit Namen, Berufsangaben und Bildern zeitigten ihre Wirkung. Das lag an Manfred. Er gab Wählerinnen und Wählern diese Entscheidungshilfe ab 1993 an die Hand. Viele hatten zuvor die Kandidierenden vom Sehen oder Hören gekannt, Namen und Personen aber nicht zuordnen können. Das war nun anders. „Manche Gemeindemitglieder kamen mit den Listen zur Wahl.“

Außerdem unterfütterte Manfred, bewandert u.a. in Fragen der Liturgie und der Verkündigung, die Wahlinformationen mit geistlicher Anregung.

So erklärte er die Arbeit des Pfarrgemeinderats mit Aussagen des II. Vatikanischen Konzils. Und er ermunterte zur Mitarbeit mit treffenden Zitaten aus dem Neuen Testament.

Manfred, ursprünglich selbst Mitglied im Kirchenvorstand, ließ sich 1997 nicht mehr aufstellen. Seine Frau Brigitte war an Multipler Sklerose erkrankt und schon bald auf einen Rollstuhl angewiesen. Manfred, im Finanzamt als Steueramtmann tätig, brauchte seine „freie“ Zeit für die Pflege und die Betreuung seiner Frau. Schnell schritt zudem ihre Demenz voran. Sie starb 2005.

Eine Arbeit behielt Manfred bei: Er blieb über die Jahre Vorsitzender des Wahlausschusses.

„Aber jetzt ist Schluss“, sagte der 71-Jährige (Stand 2018) ohne Wehmut mit Blick auf sein Alter.

Manfred mit Eva-Maria (r.), die er sich als Nachfolgerin vorstellen kann – mit im Bild Renate Holzbach vom Wahlvorstand nach der Stimmenzählung.

Der Abschied fiel ihm auch deshalb leicht, weil eine Nachfolgerin in Sicht ist. „Ich möchte, dass es in geordneten Bahnen weitergeht.“ Die hat er geebnet und Eva-Maria Stephan eingearbeitet.

Sie hat die gleiche berufliche Qualifikation wie er: Sie ist Diplom-Finanzwirtin und kennt sich mit Rechtsvorschriften aus. Sie weiß sie anzuwenden und auszulegen. Natürlich ist Eva mit Manfreds Vorschlag nicht schon zur Vorsitzenden des Wahlausschusses für 2022 bestimmt. Aber sie „hat’s drauf“, und sie ist bereit, sich einzusetzen.

Wenn Manfred, der korrekte, resolute und pflichtbewusste Vorsitzende, auf 25 Jahre Wahldienst zurückschaut, sagt er froh: „Es hat jedes Mal geklappt.“ Klar, es habe auch Unmut und einmal sogar eine Beschuldigung gegeben, aber solche Anwürfe hätten sich anhand von Tatsachen aus der Welt schaffen lassen.

Irgendwie sei es immer gelungen, bei Einhaltung aller Vorschriften – „und der Kunst der Auslegung dieser Vorschriften“ – einen praktikablen Weg zu finden.

Dankbar ist er für die Wahlhelferinnen und Wahlhelfer, „die einfach top waren“. Seit 2010 hatten im Wahlvorstand Renate und Wolfgang Holzbach sowie Hildegard Lüken an der Seite von Manfred und Pfarrer Johannes Ehrenbrink gute Arbeit geleistet – in diesem Jahr unterstützt durch Eva-Maria Stephan. „Da ist alles harmonisch und stressfrei über die Bühne gegangen“, sagt Manfred. „Das ist ein Geschenk.“

Ein Geschenk also! Und was hat das Amt ihm sonst noch eingetragen? Manfred grinst. „Arbeit!“

Dann präzisiert er: „Ich habe eine Aufgabe übernommen, die ich für sinnvoll erachte – eine Pflicht der Gemeinschaft gegenüber“. Offenbar ist er erfolgreich seinem eigenen und allerersten Aufruf aus dem Jahr 1993 gefolgt, nämlich „Verantwortung in der Kirche zu tragen“.

Text und Fotos: Delia Evers