Klüngeltüngels lasen: K-Freitag geschlossen

Im Oktober machten sich die Klüngeltüngels auf den Weg nach Wiefelstede, um sich dort im Heimatmuseum die Fotoausstellung „30 Jahre nach dem Mauerfall – unterwegs im Osten Deutschlands“ anzusehen.

Am Freitag, 20. Januar 1989, titelte die Bildzeitung: „Honnecker:  Mauer bleibt noch hundert Jahre.“

Tatsächlich  erscheint den meisten Zeitgenossen die  DDR zu dem Zeitpunkt  stabil, obwohl  sich das aufziehende wirtschaftliche Desaster schon am Horizont abzeichnet.

Der Zwang zur Veränderung in der DDR kommt  von außen.

Die Sowjetunion befindet sich in einer schweren politischen und  ökonomischen  Krise und sucht den Schulterschluss mit dem Westen.  Um das Wettrüsten zu beenden und die daraus resultierenden Militärausgaben zu begrenzen, unterschreibt die Moskauer Führung im Januar 1989 das  KSZE -Abkommen, in dem sie sich zudem verpflichtet, ihre Bürger  frei aus- und auch wieder einreisen zu lassen.

Ulrich Kropp, Initiator der Ausstellung, im Gespräch mit Elisabeth Funke.

Im Mai 1989 bauen ungarische Grenzsoldaten den Stacheldrahtzaun  zu Österreich ab. Viele ostdeutsche Urlauber nutzen die  Gelegenheit,  lassen alles stehen und liegen und machen sich auf den Weg über die offene Grenze.

Hunderttausende DDR-Bürger warten auf die Genehmigung ihres Ausreiseantrags. Auf  ersten Demonstrationen wird das Recht auf Ausreise eingefordert. Die DDR-Regierung bleibt hart.

Zu  Beginn der Sommerferien besetzen Ausreisewillige die ständige Vertretung der Bundesrepublik in Ostberlin, die Botschaften in Prag, in Warschau und in Budapest. Tausende fahren nach Ungarn, um von dort über Österreich in die Bundesrepublik zu gelangen.

DDR-Kult-Auto (Trabi) Trabant mit denkwürdigem Nummernschild.

Im September öffnet die ungarische Regierung die Grenze zu Österreich offiziell  für DDR-Bürger.

Die Regierung in Prag unterstützt weiterhin die SED und verwehrt ostdeutschen Bürgern  den  Grenzübertritt nach Ungarn. Ende September besetzen ungefähr 5.000 DDR-Bürger die Deutsche Botschaft in Prag, um ihre Ausreise zu erzwingen. Auf Intervention der Bundesrepublik gibt Honnecker nach, und am 30. September verkündet der westdeutsche Außenminister Genscher den Menschen in der Botschaft, dass ihre Ausreise bevorsteht.

Danach lässt die DDR-Regierung die Grenze nach Ungarn schließen. Honecker befiehlt, zur Einschüchterung der Bevölkerung Panzer auffahren zu lassen. Dieser Befehl  wird von den führenden Militärs des Lands verworfen.

Am 17. Oktober wird Erich Honecker im SED-Politbüro gestürzt. Nachfolger wird Egon Krenz. Er kündigt eine Wende an, doch die Demonstrationen breiten sich auf die gesamte DDR aus. Hunderttausende sind auf den Straßen und fordern freie Wahlen, Zulassung von Oppositionsparteien und Reisefreiheit.

Am 9. November 1989 fällt die Mauer.

Mit einer  Chronologie der Geschehnisse im Jahr 1989 führte Ulrich Kropp, Initiator der Ausstellung,  pensionierter Gymnasiallehrer und DDR-Kenner, die Klüngeltüngels in die Ausstellung ein.  Er war in  DDR-Zeiten oft zu  privaten Anlässen „drüben“ und hat nach der Wende die neuen Bundesländer mit dem Fahrrad  erkundet.

Informative Ausstellung in Wiefelsstede.

Ohne weitere Worte.

Dabei gab es viele interessante Begegnungen mit den Menschen dort und viele unterschiedliche Einschätzungen über die politische und soziale Situation in Gegenwart und Zukunft – und: Es sind viele Bilder entstanden.

Sogar an dem Tag, an dem die Mauer geöffnet wurde, befand er sich in der DDR und konnte so das Geschehen hautnah miterleben. Auf der Autobahn Magdeburg-Helmstedt standen die Autos Stoßstange an Stoßstange, so dass die Reisegruppe von Kropp auf inoffiziellen Straßen den Weg in die Bundesrepublik suchte. Das war nicht so leicht, denn Straßenschilder, die in den Westen führten, gab es nicht.

Der Mauerfall  beendete symbolisch nicht nur die Teilung Deutschlands, sondern auch Europas und der Welt und ist ein historisches Ereignis von globaler Bedeutung.

Wunderbare Erfahrung.

Durch die Zusammenstellung von Fotos, Plakaten, Dokumenten und Schildern soll dem Betrachter dieses Stück deutscher Geschichte nähergebracht, aber auch darauf hingewiesen werden, dass bis zur Ankunft in einem weltoffenen und demokratischen Europa noch eine lange Wegstrecke zurückgelegt werden muss.

K-Freitag im säkularisierten Land.

Beim  Anschauen der Fotos wurden bei den Besuchern viele Erinnerungen wach, und es gab einen regen Austausch über die Ereignisse der damaligen Zeit.

Es wurde aber auch festgestellt, dass die Mauer nach 30 Jahren noch immer nicht aus  den Köpfen vieler Menschen verschwunden ist.

Die DDR-Bürgerrechtlerin Marianne Birthler brachte es in einer Rede so zum Ausdruck: „Mir macht neuerdings eine neue Mauer Kopfzerbrechen. Und das ist die Mauer zwischen denen, die die Freiheit lieben, und denen, die sie fürchten.“

Am Ende der Führung bedankte sich Ida Fangmeyer im Namen der Gruppe bei Ulrich Kropp dafür, dass er seine Zeit geopfert hatte, um die Klüngeltüngels durch die Ausstellung zu führen, und überreichte ihm ein kleines Präsent.

Dann ging es auf zum Kaffeetrinken in ein wunderbares Bauerncafe in Bad Zwischenahn.

Text: Elisabeth Funke, Fotos: Hildegard Lüken

Klüngeltüngels im Gespräch.

Ulrich Kropp erklärte viele Exponate.

Gruppenbild mit dem Initiator der Ausstellung, Ulrich Kropp.