Klüngeltüngels lernten Häuptlinge kennen

Am Zwanzigsten trafen sich sage und schreibe 30 Küngeltüngels im schönen Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft. Gästeführerin Heinke Harms brachte ihnen die Geschichte der Landschaft näher.

Und die hatte nichts mit der Umgebung zu tun, die an diesem trüben Tag etwas unwirtlich wirkte. Die Landschaft – das ist für Ostfriesen ein Jahrhundertwerk. Gründungsanlass der Ostfriesischen Landschaft war die Tatsache, dass der Häuptling Ulrich Cirksena im Jahre 1464 in den Grafenstand erhoben worden war…

Die Friesen waren von jeher ein freies Volk und regierten sich bis ins hohe Mittelalter selbst. Friesland bestand aus einzelnen Gauen und autonomen Landgemeinden. Die Friesen hatten es immer verstanden, auswärtige Landesherren von sich fern zu halten. Sie konnten aber nicht verhindern, dass Mitglieder einheimischer, vermögender und einflussreicher Familien im 13. Jahrhundert die Herrschaft über sie erlangten.
Die sogenannten Häuptlinge teilten Friesland unter sich auf; in Aurich herrschte nach den tom Broks die Familie Cirksena.

Heimke Harms vor der Ahnengalerie der Cirksenas im Ständesaal.

Es gab viel zu sehen.

Den Cirksenas war es gelungen, durch geschickte Verhandlungen und kriegerische Auseinandersetzungen immer mehr Landgemeinden in Ostfriesland in ihren Besitz zu bringen, so dass der Erbe Ulrich sich „Häuptling von Ostfriesland“ nennen konnte.
Dieses reichte ihm aber nicht aus, und so machte ihn, nach mehrfacher Intervention (es soll auch ziemlich viel Geld geflossen sein), Kaiser Friedrich III. zum „Reichsgrafen von Ostfriesland“.

In der kaiserlichen Urkunde bestätigte der Kaiser allerdings den Ostfriesen, dass die Rechte und Freiheiten, die ihnen von seinen Vorgängern eingeräumt worden waren, weiterhin ihre Gültigkeit behalten sollten.

Auf dieser Grundlage entwickelte sich als Vertretung der Bevölkerung und um deren Rechte wahrzunehmen die „Ostfriesische Landschaft“ als Körperschaft der drei Stände: Bauernschaft, Ritterschaft und Bürgerschaft mit Handwerkerschaft.

Im Ständesaal spiegeln sich die Stände Ostfriesland in der Deckenbemalung wider, gekennzeichnet durch die Rüstung für die Ritterschaft, das Handwerksgerät für die Bürgerschaft und das Landwirtschaftsgerät für die Bauernschaft.

Das Upstalsboomwappen.

Um 1600 baute die Ostfriesische Landschaft ihre Stellung gegenüber dem Grafen noch aus. Sie erhielt die Hoheit über die Gesetzgebung, die Steuererhebung und die Rechtsprechung.

Im Jahre 1678 verlieh ihr Kaiser Leopold I. ein eigenes Wappen – das Upstalsboomwappen –  und erkannte damit ihre besondere Position an. Somit konnte sich der Absolutismus in Ostfriesland nie wirklich durchsetzen.

Nach dem Aussterben der Familie Cirksena gelangten die Friesen unter die Herrschaft der Preußen und dessen König Friedrich (der Große). In der napoleonischen Zeit war Ostfriesland kurze Zeit französische Provinz , anschließend waren sie Untertanen des Königreichs Hannover und Großbritannien.

Unter dieser Fremdherrschaft wurden die Rechte der Ostfriesischen Landschaft stark beschnitten, und obwohl diese fast 30 Jahre für ihre Souveränität kämpfte, blieb ihre Mitwirkung bei der Gesetzgebung und Steuererhebung aufgehoben.

Seit einem Besuch des englischen Königs Georg V. (Regierungszeit 1910 bis 1936) in Aurich zeigt das Landschaftsgebäude das gleiche Erscheinungsbild wie wir es bis heute kennen.

Heute ist die Ostfriesische Landschaft ein aus den Kreistagen Aurich, Leer und Wittmund und dem Stadtrat Emden gewähltes Gremium, das sich der Kultur, Bildung und Wissenschaft widmet und die umfangreiche Landschaftsbibliothek betreut.

Die Klüngeltüngels durften sich im Prunkzimmer umsehen.

Da dümpelten auch diese eindrucksvollen Schiffe.

Zum Abschluss ihres Landschaftsbesuchs hatten die Klüngeltüngels die Gelegenheit, sich in dem sogenannten Prunkzimmer umzusehen, das nach Aussagen der Führerin seit ca. 20 Jahren verschlossen und der Öffentlichkeit normalerweise nicht zugänglich ist. Hier befinden sich Möbel und Gebrauchsgegenstände der Cirksena-Zeit.

Zu Ende ging der Nachmittag natürlich wieder mit Tee oder Kaffee und leckerem Kuchen in einem Cafe in der Fußgängerzone.

Am nächsten 20. gibt es Grünkohl!

Text: Elisabeth Funke, Fotos: Delia Evers

Die Gruppe vor der Landschaft.