Litauen-Besuch: von Krippenkindern bis Goldhochzeitspaar

Die Litauer sind wieder daheim. In den Gedanken vieler Neuauwiewitter sind sie gleichwohl präsent. Sie möchten mit den Fragen und Anregungen weiterarbeiten, die die Freunde aus Alytus aufgeworfen haben.

In einer großen Runde am zweiten Tag hatten sie geschildert, was sie an guten Werken tun und wo es hakt. Sie fragten immer wieder nach den Gegebenheiten bei uns, nach Verwaltung, Struktur und Konzepten unserer Arbeit in Neuauwiewitt.

So freuten sie sich darauf, am Donnerstag vor dem Abschiedsmorgen noch einmal geballt mehr über Institutionen bei uns zu erfahren – am Beispiel des Hauses für Kinder und Familien. Im Bonihaussaal berichtete Leiterin Tina Hardy kurz, knapp und verständlich, wie der rechtliche Rahmen für die Arbeit in Kindertagesstätten gestrickt ist. Horst Stamm, Trägervertreter und Kita-Rendant, steckte die finanziellen Eckdaten ab.

Dann ging’s zur Freude der Litauer in die Anschauung: mitten hinein in die Krippe. Wie auf Kommando flogen bei den Gästen die Mundwinkel gefühlt zehn Zentimeter hoch und machten erst an den Schläfen Halt. In der Krippe U3 tafelten ein paar Winzlinge mit ihren Erzieherinnen, nicht ohne ein Dankgebet „gesprochen“ zu haben. Die Kleinen klopften den Text auf den Tisch. Einige waren vom plötzlichen Andrang der Riesen so fasziniert, dass sie vergaßen, ihre offenen Münder mit Pizza zu füllen.

Ein Fall von gegenseitigem Interesse.

Lina und Tadas konnten nicht anders: Sie lächelten.

Ganz „gesittet“ saßen die Kinder auf ihren Holzstühlchen, und wer von ihnen nicht gerade wie oben beschrieben verharrte, pickte sich geschickt mit einer Gabel die Pizzastückchen auf und schob sie, ohne anzupieken, in den Mund. Enorm, was die Kleinen an Geschicklichkeit, Ruhe und Konzentriertheit an den Tag legen!

Arunas begab sich gleich auf Augenhöhe.

Tina mischte sich unter die Erzieherinnen, leitete die Kinder mit an und erzählte wie nebenher von Religionspädagogik und Sprachförderung – die beiden Spezialitäten des Hauses für Kinder und Familien. Denn Kitas sind seit langem keine „Kinder-Verwahranstalten“ mehr, sondern arbeiten an der frühkindlichen Bildung mit.

Weiter ging es in den Kiga für die Ü3-Kinder. Hier stand dieser Bildungsauftrag buchständlich an der Wand: Dort versammelten sich Alphabet, Zahlen und vieles mehr, das die Kinder spielend lernen. Vor allem geht es darum, Alltagskompetenzen zu vermitteln, zum Beispiel feste Tagesabläufe mit Frühstücken, Zähneputzen, Mittagessen, Schlafen und Spielen. Eine Art Tageskalender in Bildern zeigt den Kindern, die 22 verschiedene Muttersprachen sprechen, in welcher Phase sie sich gerade befinden. Besuche z.B. auf dem Markt oder bei der Polizei erschließen weitere Lebenswirklichkeiten.

Romas und Arunas studierten den bildhaften Tageskalender der Kinder. Der grüne Pfiel stand auf „Spielen“.

Kinderbetten für das Mittagsschläfchen entzückten genauso wie der Bewegungsraum, die Mini-Sanitäranlagen und andere Einrichtungen.

Viele der Kinder sind selbstbewusst. Eine Reihe von ihnen kam vom Außenspielplatz ins Haus und schlängelte sich im Gegenverkehr mitten durch die Besuchergruppe aus Litauen. Ein Knirps verstellte den „Alten“ den Weg, stemmte die Hände in die Hüften und rief verblüfft: „Mensch, was ist hier los?“ Eine Lütte piepte: „Wo kommen all die Leute her?“ Ein Mini-Mädchen schleuste der Reihe nach andere Kinder durch das Gewusel und präsentierte den staunenden Erwachsenen jedes von ihnen mit Vornamen. Das alles ergab ein herrlich ungezwungenes Bild (die Mundwinkel der Gäste ankerten noch immer an den Schläfen).

Eine Reihe von Kindern schlängelte sich durch die Erwachsenengruppe.

Tina präsentierte Mappen, die den Alltag eines jeden Kindes in Wort, Dokumenten und Bildern festhalten: beredtes Zeugnis intensivster Arbeit.

Tina zeigte eine der Mappen. Dokument einer anregenden Zeit im Haus für Kinder und Familien.

Immer wieder hinterfragten die litauischen Gäste, was sie hörten, sahen und erlebten. Sie wollten wissen, wie die Elternberatung funktioniert und erfuhren, wie sehr Krippe und Kiga bei Problemen aller Art zum Dreh- und Angelpunkt für qualifizierte Hilfe werden. Familien erfahren frühestmöglich Unterstützung, einfach weil die Erzieherinnen nah an den Familien „dran“ sind und gut geschult erkennen oder angesprochen werden, wenn Probleme aufkeinem. Ganz wichtig: Die Eltern vertrauen den Fachfrauen in der Tagesstätte.

Besonders dieser Punkt erstaunte manchen Gast: „Die Eltern vertrauen euch wirklich?“ „Sie besprechen mit euch ihre Probleme?“ Ja, das tun sie. Schwierigkeiten, die die Erzieherinnen in diesem frühen Stadium – auch über ein Netzwerk an Hilfsmöglichkeiten – gemeinsam mit den Eltern lösen, wachsen sich erst gar nicht zu Problemen aus, die später viel aufwendiger aus der Welt geschafft werden müssten.

Das durfte an diesem Tag auch noch sein. Melanie, stellvertretende Haus-Leiterin, feierte Geburtstag. Horst hatte, wie zu allen Geburtstagen „seiner“ Damen in der Kita, einen Blumenstrauß dabei.

Und DAS durfte ebenfalls sein: Arunas zeigte freudig das Kind im Manne.

Tina und Horst kamen mit ihrer Führung pünktlich mit dem 12-Uhr-Läuten an St. Ludgerus zu Rande. Die Glocken zum Angelus riefen die Gruppe in die Kirche. Steffi Holle streifte die Geschichte des Gotteshauses und berichtete von Besonderheiten, unter anderem vom Kreuzweg. Dr. Max Freyland hat ihn gemalt und der Gemeinde zur Verfügung gestelllt.

Einige litauische Gäste waren hochinteressiert und wollten bei einem kleinen Rundgang wissen, warum Jesus auf einem der Stationsbilder auf einer Trage liege und ringsum medizinische Apparaturen der heutigen Zeit zu sehen seien.

Steffi gab einige Erläuterungen zur St.-Ludgerus-Kirche. Wie immer übersetzte Birute.

Aufmerksame Gäste in der Kirche.

Nach entspannten Stunden an der Küste bei Neuharlingersiel ging es am Abend in die Wiesmoorer Kirche Maria – Hilfe der Christen. Pfarrer Johannes Ehrenbrink sprach über den Gott, der von sich sagt: „Ich bin der ‚Ich bin da'“. Für ihn sei diese Zusage eine der schönsten Stellen der Bibel. Der Glaube an diesen menschennahen Gott sei auch das Bindeglied zwischen den Partnergemeinden in Litauen und in Deutschland.

Wie schon bei der Heiligen Messe in Wittmund sang die Gemeinde vor allem Lieder, die keiner Übersetzung bedurften, weil sie in kurzen Versen z.B. auf Latein angestimmt werden können. Den Kommuniongang bereicherte Markus Husen leise, getragen und schön mit einem Taizé-Lied, das er auf der Gitarre begleitete.

Jugend im Gottesdienst: Josua und Jannis waren mit der Malteserflagge eingezogen, Tadas las die Lesung und Ralf diente.

Heilige Messe in Wiesmoor mit v.l. Johannes, Ralf, Christa, Romas, Elia, Arunas und Rytis.

Im Gemeindesaal folgten alle Gäste der Ansage von Johannes, den letzten gemeinsamen Abend vor der Abfahrt zu genießen. Das fiel angesichts der vielen netten Menschen und des erstklassigen Buffets nicht schwer.

„Wir sehen uns“, hieß es nach schönen Stunden beim Abschied oder: „Wir bleiben in Kontakt“. Stoff für Gespräche und weitere Taten gibt es genug. Das haben die zurückliegenden Tage deutlich gemacht.

Text und Fotos: Delia Evers

Rita Meyer-Brunken begrüßte die Gäste in Wiesmoor ebenso kurz wie herzlich im Namen der Gemeinde. Birute übersetzte; neben Rita Brigitte Gerdes, Daniel Gauda und Ralf Ruhnau.

Beifall für Rita und für die Gastfreundschaft der Wiesmoorer Gemeinde.

Und etwas ganz Besonderes zum Schluss. Just an diesem Tag, dem 18. Juli, feierten Christa und Peter Jankowski ihre Goldene Hochzeit. Wie schön, dass sie das Fest in der Gemeinde in diesem besonderen Gottesdienst und mit diesen besondern Gästen feiern konnten. Das Bild zeigt sie mit Gottesdienstbesuchern, die gerade aus der Kirche kamen.

Litauen-Tagebuch

19.07-2019 | Litauen-Besuch: Bewegender Abschied von Freunden
18.07.2019 | Litauen-Besuch, 4. Tag: von Krippenkindern bis Goldhochzeitspaar
17.07.2019 | Litauen-Besuch, 3. Tag: umschwärmt von fliegenden Ameisen
16.07.2019 | Litauen-Besuch, 2. Tag: von Kilos, Wissen und Freundschaft
15.07.2019 | Litauen-Besuch, 1. Tag: Am Abend gab es „flüssiges Huhn“
14.07.2019 | Litauen-Besuch, Anreise: Freunde aus Alytus auf dem Weg zu uns