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Reisetage 7 und 8: Munter aus Vulkaneifel zurück

[1]Alle Trier-Reisenden sind Montag gesund, munter und auch ein bisschen müde zurückgekehrt. Busfahrer Thomas brachte sie in Rekordzeit heim. Beleuchten wir noch einmal den siebten Tag und sagen Dank.

Nach den Vulkanausbrüchen im Mendiger Lava Dome am jüngsten Sonntag folgten die Reisenden in zwei Gruppen ausgemachten Vulkanexperten in die Unterwelt. Diese Unterwelt ist echt, und sie hat mit dem Ausbruch des Maria-Laach-Vulkans vor 13.000 Jahren zu tun.

Aufsteigendes Magma geriet damals in Berührung mit Grundwasser. Es gab gewaltige Wasserdampfexplosionen. Sie rissen einen Erdtrichter auf. Der Dampf schoss in die Höhe. Im Kessel verringerte sich der Druck, Gas konnte sich urplötzlich ausdehnen und katapultierte alles nach oben, was in die Quere kam.

Die Schubkraft war ungeheuer. Massen an Asche und Bims wirbelten 30.000 Meter hoch in den Himmel und regneten auf weite Teile Mitteleuropas nieder. Nach wenigen Tagen ließ der Gasdruck nach. Die Asche- und Bimssäule kollabierte. Ascheklumpen, Bims und Gesteinsbrocken krachten nach unten. Sie ergossen sich mit einem Lavastrom als glühende Lawine in die Landschaft; die erreichte auch das heutige Mendig und erstickte unter einer gewaltigen Schicht alles Leben.

Landschaft und Natur erholten sich. Der Mensch siedelte sich an und entdeckte die unterirdischen Lavavorkommen. Genau da, wo sie eine Vielzahl an Stollen und Schächten anlegten und das kostbare schwarze Baumaterial als Basaltlava abbauten, waren die Ostfriesen Sonntag zu Gast.

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Die Neuauwiewitter erfuhren am eigenen Körper, wie sich zum Beispiel tektonische Verschiebungen auswirken. Manfred verursachte mit seinen Füßen das Geräusch eines Erdbebens.

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Die vulkankundige Nicole Lawer hatte die Welt im Griff.

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Die Gruppe besah einen 74 Kilogramm schweren Stein aus Basaltlava.

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Im Lava Dome befindet sich ein Seismograph mit einer Platte davor. Wenn Gäste darauf herumspringen, erzeugen die Erschütterungen wie bei einem echten Erdbeben Ausschläge auf dem Instrument. Zunächst hüpfte ein Neuauwiewitter, dann sprangen zwei, dann drei, dann vier gemeinsam auf die Platte (siehe Ausschläge oben), dann hüpften Markus und die Turmflüsterin (siehe raumgreifendere Ausschläge unten).

Die Ostfriesen wollten tief hinunter in die Erde. Da noch immer Brocken und Bröckchen aus den Hallendecken fallen, zogen sie sich erst einmal gelbe Baustellenhelme auf. Zuvor hatten sie sich bereits organgefarbene Netze übers Haupt gestreift, damit die Schuppen und Haarteile derer, die die Helme zuvor getragen hatten, nicht mit den Schuppen und Haarteilen auf dem eigenen Schopf durcheinander geraten konnten.

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Auch Johannes unterlag sichtlich erfreut der Helmpflicht.

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Dann war Sr. Franziska an der Reihe. Schwarze Haube runter, rotes Netz drauf. Und schon war sie noch mal ganz neu unter der Haube.

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Johannes und Marlies assisierten bei der Helmprobe.

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Franziska strahlte in Gold-Schwarz-Rot. Ihren Rollstuhl hatte übrigens der Lava Dome zur Verfügung gestellt. Die Stollen und Schächte sind zum Teil etwas unwegsam. Im Rolli und mit Hilfe eines Fahrstuhls kam Franziska überall hin.

Über 148 Stufen stiegen sie in die Erde und entdeckten mit Hilfe ihrer Vulkan-Experten diese einzigartige Welt historischer Lavakeller in einer Tiefe von 32 Metern für sich.

Die Arbeit muss eine einzige Schinderei gewesen sein. Frauen und Kinder gruben die Zugänge, Männer lösten in schwerster Knochenarbeit Basaltlava aus dem Berg. Genutzt wurde er als Baumaterial und für Mühlsteine. Sie wurden im Ganzen aus dem Berg geschnitten und waren so schwer, dass sie bereits im Stollen fertiggestellt wurden, um  über die Winden nicht zu viel Material ans Licht schleppen zu müssen.

Wenn Kinder mittags ihren Vätern im Henkelmann tief unten das Essen gebracht hatten und die Männer im schwachen Petroleumschimmer die karge Kost verspeisten, räumten die Kleinen Gesteinsbrocken zur Seite, die von Decken und Wänden gefallen waren.

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Schinderei an den Steinen. Foto: Lava Dome.

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Spaltung eines Basaltblocks. Foto: Lava Dome.

Im Lauf der Jahre entstand ein Netz von Stollen und Schächten mit einer Fläche von rund drei Quadratkilometern. Tief unten herrscht bis heute ziemlich konstant eine Temperatur von sechs bis neun Grad – im Sommer ebenso wie in kältesten Wintern. So suchten Menschen bei eisigem Frost die Keller auf. Hier war es „warm“ und trocken. Zumindest ziemlich trocken, wie Vulkanexpertin Nicole Lawer ihrer Gruppe erkärte.

In Mendig kann ein einziger Regenguss denselben Menschen zweimal treffen. Wenn Nicole Lawer bei Niederschlag ohne Schirm vor ihre Haustür tritt, wird sie nass. Steigt sie 14 Tage später in die Unterwelt, hat sich der Regen Wege durch die Gesteinsmassen gesucht und tröpfelt nieder.

Die natürliche Klimatisierung der Keller lockte ein weiteres Gewerbe an. Vor 150 Jahren siedelten sich immer mehr Brauereien an, die die niedrigen Temperaturen für Gärkeller und Bierlagerung nutzten. 28 Betriebe waren es am Ende. Erst als der Hochschullehrer, Ingenieur, Erfinder und Unternehmer Carl Paul Gottfried Linde die Kühltechnik revolutionierte, blieben die Brauereien lieber an der komfortableren Erdoberfläche.

Die unterirdischen Hallen verwaisten nach und nach. Bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts kippten Bürger ihren Siedlungsmüll in die Stollenöffnungen.

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Siedlungsmüll, der eher nach Kompost als nach Abfall riecht.

Zehntausende von Fledermäusen flitzen heute in ihrer Saison durch die düsteren Gänge, die eine köstliche Kulisse für schaurig-schöne Filme – und für ein Standesamt – sind.
Das erste seiner Art war in einer Halle eingerichtet, die Höhlenmalereien zeigt, allerdings keine alten Zeichnungen, sondern ziemlich moderne. Als schließlich wiederholt Brautfrisuren von herabrieselndem Steinwerk bombardiert wurden, verlegten die Verantwortlichen das Standesamt lieber in einen anderen Saal.

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Mauer mit Höhlenmalereien im alten Standesamt.

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Das neue Standesamt mit Tisch und Bank.

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Schlussbesprechung unter der Erde.

Ansonsten dienen die unterirdischen Gewölbe nur noch dem Tourismus – und vielleicht irgendwann wieder der Wissenschaft: In einem Pilotprojekt erforschen Chemiker und Ingenieure in Minden alte Deponien. Ihre Vermutung: Das könnten Goldgruben sein, denn bis vor wenigen Jahrzehnten steckten Menschen so gut wie alles in die Tonne. Auch Elektroschrott und Mineralstoffe kamen auf die Kippe. Das Material könnte gewinnbringend recyceld werden. Der Wert der Kippen-Ware wird auf über 55 Milliarden Euro allein in Deutschland geschätzt. Die Bürger von Mendig sollten ihre unterirdisch lagernden Müll also pfleglich behandeln.