Und die Memel schaute zu

Die Litauenfahrer aus Neuauwiewitt sind samt und sonders wohlbehalten in Alytus angekommen und haben einen schönen Abend und den ersten Tag u.a. an der Memel im Kreis ihrer Gastgeber verbracht.

Am Mittwoch ging es nach einer kurzen Nacht in einem sehr schönen Hotel früh aus den Federn (das Hotel zahlen übrigens alle Mitreisenden selbst). Das Frühstück fiel mehr als üppig aus: Für jede und jeden gabs Eier, Speck, Omeletts und gefüllte Pfannkuchen satt. Mehr als eine Tasse Kaffee pro Person rückte das Personal allerdings nicht heraus.

Die erste Tour an diesem Tag führte die Neuauwitter in die Gemeinde von Pfarrer Valdas. In Windeseile waren Lebensmittel, Hygieneartikel, Gehhilfen, Schulbedarf und einige Möbel entladen.

Valdas führte seine Gäste durchs Haus, in dem ein Gottesdienstraum untergebracht ist und in dem momentan Zimmer für einen Priester in Ruhe entstehen. Außerdem baut Valdas Räume für Menschen auf Pilgerschaft, die auf der Durchreise sind und hier Quartier nehmen können.

Im Rohbau von Valdas.

 

Valdas Traum: Wieder eine richtige Kirche auf dem Gelände, auf dem wohl schon einmal ein Gotteshaus gestanden hat.

Weiter ging es zu den Maltesern in Alytus. Hier manövrierte Patrick seinen 20-Tonner rückwärts eine überaus schmale Einfahrt hoch. Die Wetten standen gegen ihn: Das schaffst du nie. Patrick schaffte es mit Einweiser Hilmar aufs Beste.

In einer Menschenkette wanderten die vielen Spenden, hier vor allem Rollatoren, Rollstühle, Krücken, Toilettenstühle, Hygieneartikel, Bettwäsche und Lebensmittel vom Laster über ungezählte Hände, die all die guten Dinge weiterreichten, in die Räume der Malteser.

Raus aus dem Laster…

… und über eine Menschenkette hinein ins Haus der Malteser.

Die Malteser bedankten sich herzlich für die Spenden von Neuauwiewitt. Sie berichteten von ihrer Arbeit in der Suppenküche und ihrem Essen auf Rädern für täglich 35 bis 40 bedürftige Menschen.

Die Malteser beliefern sie zu Hause. Da sie nur ein Dienstfahrzeug zur Verfügung haben, setzen sie oft noch ihre Privatfahrzeuge ein. Viele Wege legen sie sogar zu Fuß zurück. Von der Kommune bekommen sie für ihren wertvollen Mahlzeitendienst keinen Cent. Lediglich die Spritkosten werden mit einem sehr kleinen Jahresbetrag bezuschusst.

Später warteten im Gemeindehaus von Alytus zum Mittagessen schon eine kräftige Suppe, ein herzhaft gefüllter Blätterteigkuchen und  Kaffee, eine ebenso schlichte wie gute Mahlzeit.

Nach der Schule kommen bedürftige Kinder hierher. Sie können sich dort drei Stunden lang aufhalten und spielen und bekommen – das ist das Wichtigste für sie – eine gute Mahlzeit.

Dieses Kind freut sich über eine gute Mahlzeit.

Als Dankeschön an den Besuch aus Ostfriesland hatten die Kinder, angelehnt an ein bekanntes Märchen, kleine Geschenk-Päckchen mit Nüssen hergestellt.

Das Dankeschön der erwachsenen Litauer:  Sie hatten einen Bus bestellt, der die Neuauwiewitter in den Südosten Litauens entführte, mitten hinein in eine herrlich vielfältige Memel-Landschaft voll Seen, Wasserläufen, Störchen, bunten Wiesen, Äckern, Wäldern und Hügeln.

Übersetzerin Birute, die sich für die Deutschen extra freigenommen hatte, erzählte: „Wir wollten euch zeigen, wie schön unser Land ist.“ Wie recht sie hat!

Gang durchs Memelland.

Die Gesellschaft landete in Druskininkai, einem Kurort direkt an der Memel. Hier ging es auf ein Schiff, das gemütlich flussaufwärts tuckerte und links und rechts die volle Schönheit der Landschaft herzeigte. Der Kutter landete in Liskiava, wo eine Kirche und ein Kloster besichtigt wurden. Weiter ging es nach Panara zu einem psychosozialen Projekt für suchtkranke Menschen. Sie werden von einer katholischen Glaubensgemeinschaft betreut. Sie betreibt zudem auf acht Hektar fantastische Kräutergärten.

Schwester Emanuele griff zum Akkordeon…

… und übenahm sodann das Dirigat über einen litauisch-deutschen Chor, da Onno gekonnt gleich neben der Memel das Akkordeon übernahm.

Das Abendessen nahmen alle gemeinsam in einem Haus an einem See in der Nähe von Alytus ein. Der Abend war ein Geschenk: Harmonisch, voll guter Gespräche und guter Töne. Denn Schwester Emanuele hatte ihr Schifferklavier mitgebracht. Sie schaffte es innerhalb von Minuten, alle Deutschen ein Gotteslob auf Litauisch, Polnisch und Russisch singen zu lassen.

Als Publikumsrenner erwies sich Lasterfahrer Onno, der Emanuele kurzerhand das Akkordeon entnahm, sich die richtigen Töne zeigen ließ und Emanule so freie Hand fürs Dirigat gab.

Der See ließ sich derweil nicht stören. Er lag in stillem Frieden da, spiegelte die untergehende Sonne und die vielen kleinen Wölkchen und bot dem litauischen Busfahrer die Gelegenheit, ein Bad zu nehmen.

Die Abendgesellschaft zerstreute sich, einige wanderten zu einem Steg, andere ließen sich von einer Schaukel sanft durch den lauen Wind bewegen und lauschten den Klängen des Akkordeons, das noch immer gespielt wurde.

Zwischen Litauern und Deutschen konnte niemand mehr unterscheiden. Das war vielleicht die schönste Botschaft des Tages.

Litauische und deutsche Freunde.