Klüngeltüngels auf Spuren von Reformation und Flucht

Die Oktoberveranstaltung führte  25  Klüngeltüngels in die Johannes a Lasco Bibliothek nach Emden. Sie erlebten einen spannenden und informativen Nachmittag zu „Reformation und Flucht“.

Die Veröffentlichung der 95 Thesen von Martin Luther, die als Auslöser der Reformation im 16. Jahrhundert gilt, jährt sich in diesem Jahr zum 500. Mal. Zu diesem Anlass präsentiert die  Johannes a Lasco Bibliothek, die in den 1990er-Jahren aus den Ruinen  der Großen Kirche erbaut wurde, eine Ausstellung mit dem Titel: „Reformation und Flucht“.

Die Große Kirche wurde schon im 16. Jahrhundert als „Moederkerk“ der niederländischen Reformation bezeichnet.

Die Bibliothek ist in die Ruinen der Großen Kirche eingebaut worden – ein Glücksfall für die Reste des alten Gotteshauses: So blieben sie erhalten und wurden Jahrzehnte nach Zerstörung der Kirche im Krieg gesichert.

Dr. Klaas Dieter Voß führte die Klüngeltüngels durch die Ausstellung und verblüffte mit seinem unglaublichen Wissen.

In der damaligen Zeit war Emden ein wichtiger Ort für die Reformation. Anders als heute gehörte Emden zu den großen Städten im Deutschen Reich und hatte den größten Seehafen Europas.

Die politische Situation Ostfrieslands, die durch ein eigenes Recht und demokratische Strukturen geprägt war, und die Internationalität der Stadt Emden bildeten den Hintergrund für die große Vielfalt reformatorischer Ansätze, die es hier gab.

Emden wurde zu einem Sammelbecken religiös Verfolgter und zum Fluchtpunkt einer intellektuellen Elite, die von hier aus Einfluss auf die Entwicklung der Reformation in anderen europäischen Ländern nahm.

Die große Zahl der Glaubensflüchtlinge veränderte die Stadt nachhaltig. Sie prägten diese aber nicht nur konfessionell, sondern waren auch Impulsgeber für wirtschaftlichen Aufschwung und Wohlstand, so dass Emden zu einer wichtigen Handelsmetropole wurde und sich Ende des 16. Jahrhunderts in einen autonomen Stadtstaat verwandelte.

Einer der Glaubensflüchtlinge war Johannes a Lasco.

Johannes war katholischer  Priester und Humanist. Er entstammte dem polnischem Adel und wurde in der Stadt Lask geboren. In den 30er-Jahren des 16. Jahrhunderts wandte er sich der neuen Religion zu. Über viele Wegstationen, u.a. war er Schüler des Erasmus von Rotterdam, kam er nach Ostfriesland, wo er von Gräfin Anna von Oldenburg damit beauftragt wurde, hier eine einheitliche religiöse Lehrmeinung herzustellen.

Die Klüngeltüngels vor einem Porträt von Johannes a Lasco.

A Lasco verließ Ostfriesland 1548 und ging  nach London, um auch dort im reformatorischem Sinn tätig zu werden. Nach fünf Jahren floh er vor der englischen Königin Mary I., „Bloody Mary “ genannt, die mit der Rekatholisierung Andersgläubige verfolgen, foltern und hinrichten ließ.

Zusammen mit 170  anderen Glaubensflüchtlingen, darunter viele  Händler, begab er sich auf ein dänisches Handelsschiff. Nach einer langen Odyssee durch Ost- und Nordsee, wobei sie von vielen Ländern abgewiesen wurden,  erreichten sie den Emder Hafen und fanden hier Aufnahme.

Überall gab es etwas zu entdecken.

Dr. Voß erklärte anschaulich und informativ.

Die Herren mit den weißen Kragen gehören nicht zu den Klüngeltüngels. Sie sind aus dem 16. Jahrhundert und gehören dem Armenverein an, der bis heute existiert und gute Dienste leistet.

Über 100.000 Bücher teils kostbarster Art lagern in der Bibliothek und werden für wissenschaftliche Zwecke in die Welt versandt.

Aus dieser Zeit stammt das „Scheepken Christi“, das das Ostportal der Großen Kirche schmückt. Es trägt die Unterschrift: „Gottes Kirche, verfolgt, vertrieben, hat Gott hier Trost gegeben.“

Dr. Voß konnte über viele Persönlichkeiten aus der damaligen Zeit in Emden und ihre Lebensgeschichten berichten, und die Klüngeltüngels erfuhren ganz viel  Neues.

Nach gut zwei Stunden Führung gab es noch Gelegenheit, sich im „Bootshaus in Bedekaspel“ bei Kaffee und Kuchen zu entspannen und über das Gehörte auszutauschen.

Die einhellige Meinung war: Es war wieder ein rundum schöner Nachmittag.

Text Elisabeth Funke, Fotos: Delia Evers

Die Gruppe nach dem Kaffeetrinken vor dem Bootshaus.