16.05.25 | Sonntagsgruß von Andreas

Liebe Lesende,

schon mal vom „Priester-TÜV“ gehört? Den gibt es tatsächlich. Die theologischen Fortbildungen, an denen Priester alle zwei Jahre teilnehmen müssen, werden unter uns so genannt. Und so war ich vor kurzem wieder beim „TÜV“. Drei Tage verbrachte ich im ruhigen und idyllisch gelegenen Kloster Nette am Stadtrand von Osnabrück.

Ein Referent arbeitete mit folgendem Gedankenexperimenten:

„Der Arzt Ihres Vertrauens bietet Ihnen drei verschiedene Pillen an:

Pille 1: Sie ermöglicht es Ihnen, bei guter Gesundheit zwischen 90 und 100 Jahre alt zu werden. Kein Krebs, keine Schmerzen, kein Alzheimer. Sie werden dann am Ende so sterben, wie es sich die meisten von uns heute wünschen, ohne langes Leiden, angstfrei, ohne zu wissen, wann genau der Tod eintritt.

Pille 2: Sie werden, ebenfalls bei bester Gesundheit, rund 300 Jahre alt. Ihr Körper wird dabei während der Jahrhunderte kaum altern. Sie werden sich immer gut fühlen und über die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit verfügen, wie heute im zweiten Lebensviertel zwischen 20 und 40.

Pille 3: Sie verschafft Ihnen ewiges physisches Leben. Sie werden in einer Welt leben, in der medizinischer Fortschritt schneller voranschreitet als der natürliche Alterungsprozess. Der Tod ist besiegt. Wir können ewig leben, müssen es aber nicht. Bei dieser Pille ist ein Suizid als Exit-Option wählbar.

Für welche Pille entscheiden Sie sich? Bitte wählen Sie schnell und intuitiv.“

Die Mehrheit unter uns votierte für „Pille 1“. Das tun die meisten bei diesem Experiment. Darin kommt zum Ausdruck, dass die Sehnsucht nach gelingendem Leben im vertrauten Zeitrahmen größer ist als die Sehnsucht, unter guten Bedingungen in dieser unserer Welt ewig zu leben.

Ehrlich gesagt habe ich für „Pille 2“ gestimmt. Ich mag das Leben und die Entwicklungen, die auf so vielen Ebenen stattfinden. Daran würde ich gerne noch lange teilhaben.

Doch sowohl „Pille 1“ als auch „Pille 2“ stehen unter der Notwendigkeit, das Leben lebenswert zu gestalten, einen Sinn zu finden, der es lebenswert macht.

Seit meinem „TÜV“ gehe ich mit dieser Frage um: Welcher Sinn motiviert mich, zwar nicht ewig, aber doch möglichst lange hier zu leben – getreu dem Motto des Songs „Der Himmel kann warten“ von Böhse Onkelz? Haben Sie, habt ihr Vorschläge und Ideen dazu?

Einen schönen Sonntag, Andreas Robben