2014-07-26-Turmgeflüster

Auf nach Wittmund! (Sonntag)

Heute ist Pfarreiengemeinschaftsfest, also auf nach Wittmund! Da treffen wir uns um 10.30 Uhr zum Gottesdienst in der Kirche. Anschließend wollen wir genießen, dassNeuauwiewitt ziemlich nah an der Küste liegt. Die Teilnehmer starten zu einer Fahrradtour an den Nordseestrand über den Jan-Schüpp-Fahrradpad nach Harlesiel. Zielort und Treffpunkt ist das Quallenzelt am Strand. Dort verbringen wir schöne Stunden in Gemeinschaft mit Spielen und Speisen, die sich jeder in seinen Picknickkorb gepackt hat, und genießen die Natur (Hochwasser ist um 13:30 Uhr).

Den Fahrradtransport zur Kirchengemeinde in Wittmund und die Rücktour von
Harlesiel organisiert bitte jede und jeder selbst. Für alle, die nicht mit dem Fahrrad kommen können, ist der Treffpunkt das Quallenzelt am Strand in Harlesiel ab ca.
13:00 Uhr. Das Orga-Team freut sich auch über alle Nichtradler.

Laut Wetterbericht bleibt es den ganzen Tag trocken mit Sonne, Wolken und Temperaturen von 22 bis 23 Grad.

Also, nix wie hin zum Fest – und einen schönen Tag erleben!

Herzlich
Eure Turmflüsterin


Das Unheil der Kriege (Freitag)

In der kommenden Woche denken wir an die 17 Millionen Opfer des Ersten Weltkriegs, dessen Beginn sich zum 100. Mal jährt, mit einem ökumenischen Friedensgebet. Die Opfer hatten sich regelrecht gegenseitig abgeschlachtet.

Am 1. September vor 75 Jahren brach der Zweite Weltkrieg aus. Am Ende waren 60 Staaten mit 100 Millionen Soldaten beteiligt. 60 bis 70 Millionen Menschen kamen uns Leben.

Am 6. September jährt sich zum 70. Mal das Bombardement von Emden, das 1944 fast die ganze Stadt verheerte. In nur 18 Minuten verwüsteten kanadische Bomber mit 15.000 Spreng- und Brandbomben das „Venedig des Nordens“.

Unsere Welt ist nicht heil. Bemühen wir uns, nicht selbst Unheil in die Welt zu tragen – weder im Kleinen noch im Großen.


Der Christus-Träger (Donnerstag)

Heute verehren wir den Heiligen Christophorus. Von ihm ist nur verbürgt, dass er gelebt hat und wegen seines Glaubens ermordet wurde. Ursprünglich soll er Offerus geheißen haben. Nach einer Legende war Offerus ein riesengroßer Mann, der sich in den Kopf gesetzt hatte, den Mächtigsten zu dienen. Nach schlechten Erfahrungen mit dem Teufel beschloss Offerus, Christus nachzufolgen und Menschen zu dienen, die einen reißenden Fluss überqueren wollten. Er trug sie hinüber.

Da soll einmal ein kleiner Junge zu ihm bekommen sein. Offerus lud ihn auf seine Schultern, doch auf dem Weg durchs Wasser wurde das Kind so schwer, dass der Riese zu ertrinken drohte. Da erkannte er, dass er Christus trug. Das Kind soll ihn im Fluss getauft und dabei den Namen Christophorus gegeben haben – der Christus-Träger. Er gilt heute vor allem als Patron der Autofahrer, der sie sicher von einem Ort zum anderen bringt.


Die Spreu und der Weizen (Sonntag)

Im Sonntagsevangelium ist vom Unkraut die Rede, das im Weizenfeld wächst und nicht gleich ausgerupft werden soll. Wir tun gut daran, nicht immer sofort alles in „gut“ und „schlecht“ zu scheiden, denn so wie in einem Weizenfeld nie reiner Weizen wächst, ist auch ein Mensch nie nur das eine oder das andere.

Das Sonntagsevangelium rät dazu, alles bis zur Ernte wachsen zu lassen, also bis dahin niemanden in den Himmel zu loben oder für einen Volltrottel zu halten. Vielleicht erleben wir ja eine Überraschung, und das „Unkaut“ treibt noch kostbare Blüten. Wir kennen es aus vielen Heiligengeschichten. Einige Männer und Frauen, die wir heute verehren, waren zunächst ziemliche Halunken.

Am Ende richtet ohnehin ein anderer. Der wird die Spreu vom Weizen trennen.


Einkauf mit Ausflugscharakter (Samstag)

Ganz sicher gibt es viele ältere Menschen, denen es längst zu beschwerlich ist, sich selbst mit Einkaufstaschen in einen Supermarkt zu begeben. Auf sie ist das neue Angebot des mobilen Einkaufswagens maßgeschneidert: Helferinnen und Helfer holen sie zu Hause mit einem bequem zu besteigenden VW-Bulli ab und bringen sie in aller Ruhe zu einem Supermarkt. Da können sie mit viel Zeit, ohne körperliche Anstrengung und gern begleitet ihre Besorgungen machen.

Sicher für viele schön: Wenn die Zeit reicht – und das wird sie in aller Regel -, können sie im hauseigenen Café des Supermarkts auf einen Kaffee – und wenn gewünscht ein Stück Kuchen – einkehren und ein bisschen schnacken. So wird aus der Tour für Einkaufende und Helfende ein kleiner Ausflug, bei dem sich nette Menschen begegnen.

Helferinnen und Helfer sind in großer Zahl vorhanden. Sie freuen sich auf ältere Menschen, denen sie zur Seite stehen dürfen.


Donnernder Applaus (Mittwoch)

1-KyraEs war ein ganzes Stück Arbeit. Gemeindeassistentin Kyra Watermann hat Fotos von den Erstkommunionfeiern zusammengetragen und einen aussagekräftigen Text verfasst.

Was sie darin unterschlagen hat, ist ziemlich wichtig: Kyra hat die Kinder federführend auf ihre Erstkommunion vorbereitet – gemeinsam mit Katechetinnen und Geistlichen. Sie tat das auf eine herzerfrischende Art und mit viel Wärme. Am Ende des Dankgottesdienstes in Aurich bekam sie nebst Blumenstrauß und Geschenk einen donnernden Applaus für ihre Arbeit mit den Kindern.

Es ist auch ihr Verdienst, dass die Kinder ohne jede Scheu ihre Erstkommunionfeier mitgestalteten. Bei der Erneuerung des Taufversprechens riefen sie ihre Antworten geradezu in die Gemeinde: laut und voller Freude, eine kindliche Demonstration des Glaubens.


Versuchen Sie es später noch einmal (Montag)

Ab und an ist ein Fernseher vielleicht doch ganz praktisch. Bisher konnte ich bestens darauf verzichten, wenn da nicht alle vier Jahre die Fußball-WM wäre. Also machte ich es mir gestern Abend vor meinem iPad bequem und holte mir einen Live-Stream. Besser gesagt: Ich versuchte, mir einen Livestream zu holen.

Livestream klingt so, als könnte ich live dabei sein. Aber Livestream ist eben kein Rundfunk, bei dem ein Sender über feste Frequenzen zuverlässig seine Empfänger mit herrlichen Fußballbildern bedient. Im Livestream muss ich erst eine Verbindung zwischen meinem iPad und dem Medienserver eines Senders anfordern. Beide Geräte kommunizieren übers Internet direkt miteinander. Wenn sie denn kommunizieren.

Während mein iPad volle Verbindungsbereitschaft signalisierte, erschien beim Medienserver statt unserer WM-Elf ein rotes Kästchen. Da stand sogar was drin. Am liebsten hätte ich das rote Kästchen durch die iPad-Scheibe geholt: „Bei der Übertragung gibt es ein technisches Problem. Bitte versuchen Sie es später noch einmal.“ Bingo! WM-Finale – und ich soll es später noch einmal versuchen! Ihr spinnt wohl!

Ich hörte Radio. Den guten, alten Rundfunk. Es gab kein Übertragungsproblem. Ich sah das Tor vor meinem geistigen Auge. Weltmeister! Jetzt freuen wir uns erst mal anständig.


Fragen im Himmel (Samstag und Sonntag)

Gestern bin ich in meine Geburtsstadt gefahren, nach Emmerich am Rhein, genauer in den Ortsteil Hüthum, Heimatdorf meiner Mutter. Eine liebe Cousine ist dort gestorben. Der Diakon, der im Seelenamt über Carla sprach, warf all die Fragen auf, die sich Familie und Freunde stellen. Von der Krebsdiagnose bis zu ihrem Tod waren ganze vier Wochen Zeit geblieben. Noch in der Woche zuvor hatte sie gesagt: „Wenn mir doch wie Martin wenigstens ein Jahr vergönnt ist. Das wäre schön.“ Ein Jahr. Plötzlich so kostbar. Und dann am Ende nur vier Wochen. Der Diakon sagte der Gemeinde, dass
Carla jetzt keine Fragen mehr hat. „Im Himmel hört alles Fragen auf.“ Da ist die Liebe Gottes Antwort auf alles.


Armer Sinterklass (Donnerstag)

Ja, ist denn schon Weihnachten? Nein, noch nicht ganz. Und Schoko-Nikoläuse stehen auch noch nicht in den Supermarktregalen (das kommt erst nach den Sommerferien). Trotzdem ist Nikolaus, ganz unschokoladig, in aller Munde, richtiger: sein schwarzer Geselle ist es, der Sinterklaas oder swarte Piet. Ein niederländisches Gericht hat
geurteilt, dass der Heilige Nikolaus sich an Diskriminierung beteiligt, wenn er Sinterklaas mit in die Kinderzimmer bringt und dort das negative Klischee vom bösen schwarzen Mann verfestigen hilft. Das finden viele Niederländer ebenfalls. Der Gehilfe wirke strohdoof, unterwürfig und gebe eine rassistische Karikatur ab.

In Amsterdam muss die Verwaltung nach dem Urteil darüber nachdenken, die Rolle des „Swarten Piet“ neu zu fassen. Klaus Wowereit würde jetzt ausrufen: „Und das ist gut so!“ Finde ich auch.

Glück gehabt, dass wir nur einen Knecht Ruprecht haben! Der ist weiß, neigt aber leider zur Gewalt; zumindest ist die Rute Angstmacher genug. Der Bullerklaas gilt ausdrücklich als Gegenspieler des Heiligen. Vielleicht sollten wir die Rolle des Einschüchterers gleich mit bedenken, bevor der Kinderschutzbund den nächsten Prozess anstrengt. Ganz im Ernst: Wo der Heilige Nikolaus es nicht schafft, Kinder zu begeistern, wird auch Knecht Ruprecht nichts ausrichten.


Von Selfies und Foodies (Dienstag)

Egal, wo ich mich aufhalte, überall werden Selfies geschossen: Fotos, auf denen sich jemand mit seiner Smartphone-Kamera selbst verewigt. Er streckt sein Gerät auf Armeslänge von sich und richtet den Sucher auf sein eigenes Konterfei, gern vor doller Kulisse oder umringt von lieben Menschen. Klick und fertig ist das Selfie.

Das wird umgehend getwittert oder anderweitig geteilt – mindestens mit rund 300 Facebook-Freunden.

Das Teilen ist wichtig – nicht nur bei den Selfies, auch bei den Foodies. Foodie-Freaks fotografieren ihr Essen und schicken die Bilder von eigenen Koch-Kreationen oder Restaurant-Bestellungen rund um die Welt.

Warum machen die sowas? Nähern wir uns der Antwort durch Einführung eines weiteren Begriffs, diesmal eines Kunstwortes. Die Fotografierer folgen dem sogenanntenPoidh: Pics – or it didn’t happen; zu deutsch: Schießt Bilder oder euch glaubt kein Schwein. Was nützt der Besuch eines Dreisterne-Lokals, wenn ich meinen Freunden nicht zeigen kann, was ich mir leiste. Erst das Foodie schafft Realität und bei flüchtigen Ess-Ereignissen ein Stückchen Ewigkeit.

Da ist er wieder – der Hang, etwas Bleibendes zu kreieren. Jetzt müsste nur noch die Frage erörtert werden, ob es etwas geben könnte, dass wichtiger ist als ein „gehabtes“ Essen.


Die primitive Seite der Existenz (Montag)

„Die Zeit“ berichtet in ihrer jüngsten Ausgabe über die Arbeit von Therapeuten in der ganzen Welt. Das ist hochinteressant. Oft gründen die Probleme hilfesuchender Menschen in politischen und gesellschaftlichen Systemen. Der Therapeut Yin Pu spricht über das Wertevakuum in China nach dem Verlust der traditionellen Kultur: „Wenn Kultur und Spiritualität keinen festen Grund mehr bieten, ist das Einzige, worauf der Mensch zurückfallen kann, die primitive Seite der Existenz.“

Dann werde Mammon zu einem Lebensziel. Wer arm sei, tröste sich mit dem Gedanken, dass alles besser wäre, wenn er nur mehr Geld hätte.  Die, die dann an Geld kämen, müssten die bittere Erfahrung machen, dass Geld das Vakuum nicht füllen könne. Plötzlich stünden sie vor der Erkenntnis: „Es gibt keinen Ausweg.“

Bemerkenswerte Sätze! „Es gibt keinen Ausweg“ für die, die den Wert des Lebens in irdischen Schätzen suchen. Wer keinen Zugang zu den wahren Schätzen hat, ist arm dran.


Das Leben als endloser Spaß (Samstag und Sonntag)

Am Freitag las ich in einer ostfriesischen Tageszeitung eine Traueranzeige, die mir im ersten Moment den Atem verschlug. Der Spruch über dem Namen des Verstorbenen lautete: „Aus die Maus! Ich bin dann mal weg!“

Nach dem Namen gings ungewöhnlich weiter: „Hiermit gebe ich meinen Umzug von der …straße auf den Friedhof … bekannt. Besuche sind dort – auch ohne Voranmeldung – jederzeit möglich.“

Selbst die letzten Dinge werden inzwischen vergeckt: das Leben als endloser Spaß, der noch den Tod überdauert.

„Aus die Maus!“ Fazit eines Lebens? Das kann doch nicht alles sein, was man einem lieben Menschen nachrufen mag?