2017-03-29 | Ehrenbezeigung vor einer Mutter
Ein Video-Clip landet in meinem Postkasten: eine Szene aus einem Turnier mit Tennisweltstar Rafael Nadal. Plötzlich gleitet sein Blick ins Zuschauerfeld, die Kamera folgt dem Blick…
Jetzt schauen auch andere Menschen in die Richtung. Da ist etwas. Eine Frau steht neben einem Platzordner und schaut verzweifelt umher. Sie deutet vage in eine Richtung und malt die Kontur eines kleinen Mädchens mit langen Haaren nach. Kein Zweifel: Die Mutter hat in der Menge ihr Kind verloren.
Alle Umstehenden kommen in Bewegung. Erste Rufe werden laut, Sara. Immer mehr Zuschauer rufen den Namen. Tennis spielt keine Rolle mehr. Wie eine Welle geben Menschen die Botschaft weiter an ihre nächsten und die wiederum an ihre nächsten. Sara wird gesucht.
Die Kamera folgt der Wellenbewegung und landet bei – Sara. Das Kind steht mit hängenden Armen da und weint. Erwachsene sind zur Stelle und bedeuten Sara, dass sie keine Angst zu haben braucht. Sie halten respektvoll Abstand und sind dem Mädchen doch nah. Die Mutter wühlt sich durch die Menge, nimmt sanft ihr Kind auf und umhüllt es mit ihren Armen. Sie trägt es fort.
Eine kleine Geste hat sie noch übrig: Sie winkt den beiden auf dem Tennisplatz zu. Sie haben ihr Spiel nicht fortgesetzt – Ehrenbezeigung vor einer Mutter, die ihr Kind suchte.
Was hat diese kollektive Hilfsbereitschaft der vielen Menschen in Gang gesetzt? Was machte das hochkarätige Turnier für einen atemlosen Augenblick bedeutungslos? Das Mitgefühl von Menschen, die unversehens die Sorge einer Mutter teilten? Das hoffe ich gern.
Herzlich eure
Turmflüsterin