21.02.2025 | Sonntagsgruß von Kerstin

Moin zusammen,

mit Zumutung meine ich nicht das, was uns politisch gerade erreicht. Darüber ist in den letzten Tagen genug gesprochen worden.

Ich meine das Evangelium des heutigen Sonntags. Da mutet Jesus seinen Zuhörenden ganz schön was zu. Bei Lukas 6, 27–38 lesen wir: Liebt eure Feinde; tut denen Gutes, die euch hassen! 28Segnet die, die euch verfluchen; betet für die, die euch beschimpfen! [Und einiges mehr, das hier nachzulesen ist: https://www.bibleserver.com/EU/Lukas6 ]

»Geht das überhaupt, die zu segnen, die uns verfluchen? Kann ich denen Gutes tun, die mich hassen? Will ich das?« – Fragen, die kommen können, wenn wir die Worte Jesu hören. Denn die Herausforderung, die uns in den Evangelien begegnet, ist auf den ersten Blick eine Zumutung.

In der Psychologie gibt es einen Begriff für so ein Verhalten, wie Jeus es vorschlägt: »paradoxe Intervention«. Dabei geht es darum, sich so zu verhalten, wie der andere es nicht erwartet. Die Idee dahinter ist, dass genau dieses unerwartete Verhalten eine Veränderung im anderen bewirken kann.

Klingt sogar irgendwie logisch: Wenn mir jemand anders begegnet, als ich es gewohnt bin, kann das meinen Ärger entschärfen. Vielleicht wird der Streit sofort unterbrochen oder mein eigenes Verhalten verändert sich. Häufig ist es gerade diese Überraschung, die eine innere Reflexion anstößt.

Interessanterweise steckt im Wort »Zumutung« auch das Wort »Mut«. Denn es braucht Mut, aus der Spirale eines Konflikts auszubrechen und eine unerwartete Reaktion zu zeigen – sei es in einem Streit oder einem Missverständnis. Diese Haltung geht vollkommen gegen den natürlichen Impuls, sich zu verteidigen oder zurückzuschlagen. Es ist eben eine »paradoxe Intervention«, die in eine völlig neue Perspektive versetzt.

Ob Sie Lust haben, das vielleicht in kleinen Konflikten im Alltag auszuprobieren, weiß ich nicht. Inspirierend finde ich diesen Gedanken allemal. Vielleicht lässt sich die Spirale von Ärger und Gewalt auf diese Weise durchbrechen. In einer hitzigen Diskussion bewusst ruhig zu bleiben, anstatt uns in den Konflikt hineinzutreiben, könnte den Ärger unterbrechen und zu einer neuen Art der Kommunikation führen. Und was braucht unsere Welt dringender als Menschen, die Gutes tun?

Übrigens haben Forschungen gezeigt, dass uns das Gutes-Tun nicht nur anderen hilft, sondern auch uns selbst. Denn wenn wir anderen helfen, werden Botenstoffe wie Oxytocin, Serotonin und Dopamin in unserem Gehirn ausgeschüttet – allesamt Stoffe, die uns glücklich und zufrieden machen. Es ist also nicht nur ein Gewinn für den anderen, sondern auch für uns selbst.

Einen mutigen Sonntag wünscht Kerstin