31.10.25 | Sonntagsgruß von Markus
Liebe Leserinnen und Leser, liebe Gemeinde,
Ich gebe es zu: Allerheiligen klingt für mich immer ein bisschen nach Hochglanz – nach goldenen Bildern, Heiligenscheinen und Lebensläufen ohne Flecken. Und ich sitze dann da, sehe die strahlenden Gestalten auf Kirchenfenstern und denke: Na super. Ich habe es heute gerade mal geschafft, mir den Tee nicht über den Hemdkragen zu kippen – und die da oben haben die Welt verändert. Aber vielleicht ist genau das die gute Nachricht dieses Tages: Allerheiligen widerspricht dem Perfektionismus!
Denn wenn wir auf die Heiligen schauen, sehen wir nicht nur fromme Ordensgründerinnen und Märtyrer, sondern auch ganz menschliche Lebensgeschichten. Menschen mit Zweifeln, Brüchen und einer Menge Unvollkommenheit. Das Matthäusevangelium (Mt 5, 1–12a) zeigt uns, wen Jesus „selig“ nennt: nicht die Erfolgreichen, sondern die Armen, die Trauernden, die Sanftmütigen, die Hungernden nach Gerechtigkeit. Kurz gesagt – Menschen mit Herz und Sehnsucht. Und das Beste: Jesus sagt nicht „Irgendwann seid ihr selig“, sondern „Jetzt schon. Weil Gott euch nahe ist.“
„Wir sind die Heiligen von heute“ – das klingt erstmal nach Überforderung. Schließlich hat kaum jemand von uns den Anspruch, mit einem Heiligenschein durchs Leben zu laufen. Aber vielleicht geht’s gar nicht darum. Hier in Ostfriesland fällt mir dazu das Bild des Leuchtturms ein.
Wenn man an Ostfrieslands Küsten und Inseln unterwegs ist, sieht man sie fast überall. Mal rot-weiß gestreift, mal schlicht in Backstein – aber alle stehen sie fest da, trotzen Wind, Regen und Nebel. Sie machen nicht viel Aufhebens um sich, sie leuchten einfach. Sie machen aber genau damit den Unterschied zwischen einem Unglück und dem sicheren Hafen. Und genau das bringt uns erstaunlich nah an das heran, worum es an Allerheiligen eigentlich geht.
Allerheiligen lädt uns ein, genauer hinzuschauen: Für wen könnte ich selbst ein solches Licht sein? Wer sind vielleicht auch Vorbilder, an denen ich mich orientieren kann? Es braucht dazu keine Heldentaten. Ein bisschen Mut, ein bisschen Freundlichkeit – mehr verlangt das Leben selten. Unsere „Heiligen“ sind die, die das Licht anmachen, wenn andere im Dunkeln stehen. Die mit Humor durchs Leben gehen, auch wenn der Tee mal kalt geworden ist. Kein perfektes Licht, kein Dauerstrahler – eher das freundliche Blinken eines Leuchtturms bei Nebel.
Am Ende geht’s um kleine Gesten, die den Alltag heller machen. Wir sind die Heiligen von heute – manchmal windschief, abundzu ungeduldig, aber doch mit einem Herzen, das leuchten kann, wenn es gebraucht wird. Und wer weiß – vielleicht sind genau Sie heute der Leuchtturm, den jemand braucht.
Ihr und Euer
Markus









