Bischofs-Vortrag: „Gott glaubt an uns“
Von Delia Evers | „St. Michael“ in Leer war bestens gefüllt. Diözesanbischof Dr. Franz-Josef Bode referierte über das „Ringen um Gott – katholische und evangelische Christen vom Konflikt zur Gemeinschaft“.
Zwei Fragen begleiteten den Vortrag, dem auch viele Neuauwiewitter zuhörten. Die erste, nach einem Zitat aus dem Lukas-Evangelium gestellt vor 2000 Jahren: „Wird der Menschensohn, wenn er wiederkommt, auf der Erde noch Glauben vorfinden?“ (Lk 18,8) Und die zweite, gestellt vor 500 Jahren von Martin Luther beim Studium des Römerbriefs: „Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?“
Antworten könne man nicht „nach Konfessionen aufteilen“, sagte Bode und war mitten im Thema: Beim ökumenischen Ringen helfe nicht das Trennende, sondern das Gemeinsame. Drängende Fragen von jeher sowie Suche und Sorge um angemessene Antworten als gemeinsamen Nenner zu erkennen, darauf muss man in all der scheinbar unabweisbaren Auseinandersetzung über Jahrhunderte erst einmal kommen. Naheliegend klingt das erst, wenn es ausgesprochen ist.
An welchen Gott glauben wir? Wie wird Glaube gelebt? Diese Fragen, so zitierte Franz-Josef Bode Papst Benedikt XVI., bedrängten viele Menschen angesichts der Verwüstungen in der Welt. Bode nannte Habgier, Gewinnsucht, Gewalt, Hunger und Armut. Das Böse sei keine Kleinigkeit.
Friedenstiftende Antworten suchten viele Menschen allerdings nicht mehr bei den verfassten Religionen. Sie seien dazu übergegangen, sich ihren eigenen Gott zu „stricken“, quasi einen lieben Gott im praktischen Taschenformat, den sie überall hin mitnehmen und bei Bedarf nutzen könnten. Das sei kein Gott, der einem auf den Leib rücke und Entscheidungen erwarte.
Doch Entscheidungen seien vonnöten – zum Beispiel bei den ethischen Fragen in den Bereichen Pränataldiagnostik und -medizin oder Sterbebegleitung. Hier könnten die Christen der verschiedenen Konfessionen „aufrichtig nach der Wahrheit suchen“ und bei aller Unterschiedlichkeit „so viel gemeinsam wie möglich miteinander sprechen und handeln“.
Bode rief dazu auf, sich als Urgrund allen Tuns „auf das gemeinsame Bild Gottes zu besinnen, der immer der Souverän bleibt und zugleich als Mensch zu uns Menschen gekommen ist“. Bode weiter: „Davor relativiert sich alles.“
Es dürfe zwischen den Konfessionen nicht um eine Art Wettstreit gehen, wer den besseren Glauben habe; vielmehr solle die eine Konfession, so zitierte Bode einen Mitbruder, sich bei der anderen absehen, was der Heilige Geist dort gesät habe. So könne Ökumene zu einer Art Seelsorge der Konfessionen füreinander werden.
Es gehe in der Ökumene weniger um informellen Austausch, als um das Bewusstsein, dass Kirche immer zu reformieren und zu verändern sei – auch dank der Kraft des Gebets. „Das Ringen im Gebet ist das Ringen um Gott und mit Gott. Das verbindet uns.“ Schließlich sei das Ringen selbst Gebet.
Eine weitere Verbindung der Konfessionen: „Wir leben davon, dass Gott an uns glaubt. Wir glauben, dass er uns hält.“
Der letzte Satz des Bischofs nach Referat und Antworten auf diverse, teils vom Thema wegführende Fragen lautete kraftvoll: „Es gibt so viel Sehnsucht, so viel teils verborgene Gottessuche, die in den Menschen steckt, dass der Menschensohn, wenn er wiederkommt, Glauben vorfindet.“
Da hatte er bereits die Ermunterung an alle Gläubigen ausgesprochen, getrost mal innezuhalten und aufzuatmen. Dabei tauche am Abend vielleicht die Frage auf: „Habe ich heute über mich hinausgedacht?“ Das wäre, so Bode, „schon einmal eine Gewissenserforschung, die uns offener macht“. Offenheit vor uns selbst, vor anderen mit gleichen oder anderen Einstellungen und vor Gott würde Glauben ziemlich sicher befördern.