Hack, Carl Borromäus | Pastor in Neuauwiewitt
Pastor in der Pfarreiengemeinschaft Neuauwiewitt | * 1958
Text und Foto (Porträt): Delia Evers
Am Dienstag, 9. Dezember 2014, beging Carl Borromäus Hack (Foto l.) sein Silbernes Priesterjubiläum. Manchmal staunt er selbst darüber, was aus ihm geworden ist. Geplant hatte er seine Karriere nicht.
Mutter Johanna (kl. Foto rechts mit kleinem Carl B.) hatte ihn im Januar 1958 im emsländischen Meppen nach zwei Mädchen in eine Familie hineingeboren, die rekord-verdächtig schnell wuchs: erst um vier Brüder, dann noch um zwei weitere Schwestern – neun Kinder in elf Jahren.
Die Familie durchlebte eine schwere Zeit. Vater Carl-Heinz zeichnete zunächst noch als Ingenieur für Wasserwirtschaft im Wasserwirtschaftsamt in Meppen für den Bau von Wasserwerken in der deutsch-niederländischen Grenzregion verantwortlich. Doch er wurde suchtkrank und war immer seltener zu Hause („Papa war oft nicht da“). Johanna Hack kompensierte viel. Sie war die Mutter ihrer Kinder, Hausfrau, später Fachlehrerin für Stenographie und Maschineschreiben und Sekretärin im Maristenkloster in Meppen.
Vor allem war sie „der Mittelpunkt unserer Familie“. Carl Borromäus schildert sie als liebevoll und besorgt um ihre Kinder, da sie um die Unzulänglichkeit in der Familie wusste. Und „sie war in allem unsere Ansprechpartnerin“. Carl Borromäus lernte früh, für andere da zu sein und mitzudenken, allein schon, um die Mutter zu entlasten.
Er ist bis heute froh darüber, dass er sie 2010 am Tag vor ihrem Tod besuchte. Der Sohn spendete der Mutter die Krankensalbung.
Schon als Kind hatte er wie die ganze Familie sonntags die Heilige Messe besucht. „Das gehörte dazu.“ Für Carl Borromäus war es eine Gelegenheit, aus dem Haus zu kommen. „Ich bin immer gern zur Kirche gegangen.“ Er mochte das Beten und das Singen und erlebte es als sinnliche Erfahrung.
Erste Heilige Kommunion am 17. April 1966 – mit den Geschwistern v.r. Andreas, Joachim und Erika sowie der Patentante von Joachim.
Später wurde er Messdiener in Meppen St. Paulus. Er wuchs ganz selbstverständlich in die Gemeinde und ihre Aufgaben hinein, wurde Mitte der 70er-Jahre Gruppenleiter für Kinder und Jugendliche und tat damit das, was er auch zu Hause getan hatte: Er war für andere da. Gern ging er mit Jugendlichen auf große Fahrt. Er mochte es, abends mit ihnen am Lagerfeuer zu sitzen und zu erzählen; er las ihnen Gutenachtgeschichten vor.
Carl Borromäus schloss 1974 das Gymnasium in Meppen lustlos mit der Mittleren Reife und ohne Berufswunsch ab. So blieb er anderthalb Jahre zu Hause und war in der Familie der „Mann für alle Fälle“. Er kochte, putzte, wusch Wäsche, betreute die jüngeren Geschwister und seine im September 1974 geborene Nichte.
Der erste Schultag Ostern 1964.
Einige Zeit liebäugelte er mit einer kaufmännischen Karriere („aber ich kriegte nix“). Carl Borromäus wurde „staatlich geprüfter Kriegsdienstverweigerer“. Er tauschte die Kaserne gegen ein Kinderheim in Hamburg, das von Ordensschwestern geführt wurde, und leistete mit 18 Jahren sein freiwilliges soziales Jahr.
Zwei Größen blieben ihm über die Jahre erhalten: die Kirche und der Umgang mit Kindern und Jugendlichen. Er ließ sich von 1978 bis 1980 in Düsseldorf an der Fachschule für Sozialpädagogik mit dem Schwerpunkt Jugend- und Heimerziehung zum staatlich geprüften Erzieher ausbilden.
Selbst im „praktischen Jahr“ war ihm noch nicht klar, wo seine Reise hingehen sollte. Als Mitarbeiter ins Düsseldorfer Jugendamt? Als Erzieher in ein Heim? Oder als Theologe in die Kirche? Auch die Religion hatte ihn über all die Jahre nicht losgelassen. Er hatte nie einfach nur seine Arbeit getan, sondern sie als jemand geleistet, der in christlicher Grundhaltung Gutes tun wollte und sich nicht scheute, das Wort Liebe als Schubkraft seiner Arbeit in den Mund zu nehmen.
Liebe empfand er zeitweilig auch zu einer jungen Dame („fast wären wir vor dem Traualtar gelandet“); aber beide – die Liebe und die Dame – kamen ihm abhanden. Schnell war er froh darüber. „Ich hätte mir eine eigene Familie gut vorstellen können.“ Noch besser konnte er sich vorstellen, als Priester ganz für andere da zu sein.
Er quartierte sich in Neuss im Collegium Marianum ein und begann am erzbischöflichen Friedrich-Spee-Kolleg damit, für seine Reifeprüfung zu pauken. Das war eine Vorentscheidung, denn das Kolleg war dafür bekannt, junge Männer auf dem zweiten Bildungsweg Richtung Priesterdasein zu begleiten. Das Lernen ging Carl B. leicht von der Hand, und der 22-Jährige und seine Mitstreiter fühlten sich wie der Pennäler Pfeiffer „mit 3 f“, der alle Streiche und Späße seiner Kinder- und Jugendzeit schnell wieder drauf hatte und ein bisschen das Lehrpersonal schikanierte.
Im Dezember 1982 hielt Carl Borromäus sein Reifezeugnis in der Hand. Und er wusste, wofür er es nutzen wollte. Schon in den Jahren zuvor hatten einige Geistliche ihn sehr beeindruckt. „Wir hatten in Meppen über Jahrzehnte gute Kapläne.“ Carl Borromäus sagt fast ein bisschen feierlich: „Einer davon war 1977 Johannes Ehrenbrink.“
Der junge Johannes – er hatte in Meppen seine erste Kaplanstelle inne – steckte voller Ideen und mitreißender Tatkraft. Die beiden wurden Freunde und sind es bis heute. Carl Borromäus ertappte sich damals einige Male bei dem Gedanken, eines Tages selbst an Ambo und Altar zu stehen. „Ich dachte: ‚Das könnte es werden‘.“ Wirklich reif war der Gedanke nach dem Abitur. „Da war die Sache über Jahre gewachsen.“
Carl Borromäus Hack (l.) und Johannes Ehrenbrink auf einem „Jugendfoto“.
Carl Borromäus schrieb sich von 1983 bis 1988 als Student der Theologie und der Philosophie bei den Jesuiten in Frankfurt und in Innsbruck ein, besuchte das Priesterseminar in Osnabrück und absolvierte zwischendurch sein Diakonat in Bremen St. Antonius, wo ein „alter“ Bekannter ihn herzlich begrüßte. Johannes Ehrenbrink wirkte dort inzwischen als Pfarrer. „Bei Johannes habe ich viel gelernt, weil er mich überall hin mitnahm. Ich erlebte seine Art, mit Menschen umzugehen. Und er hat mir was zugetraut.“
Mit 32 Jahren empfing Carl Borromäus am 9. Dezember 1989 im Dom zu Osnabrück durch Bischof Ludwig Averkamp seine Priesterweihe. Natürlich waren Carl Borromäus und die anderen neun frisch Geweihten aufgeregt. Vor allem aber empfand er, dass ihm etwas Einschneidendes zugestoßen war.
Sein Primizspruch lautet: „Das ist sein Gebot: Wir sollen an den Namen Jesus Christus glauben und einander lieben, wie er es uns geboten hat.“ (1 Joh 3,23)
Er durchlief 20 Jahre erst als Kaplan, dann als Pfarrer und Dechant. Schließlich fühlte er sich nicht mehr als Pastor, sondern wegen großer Bauvorhaben in seiner damaligen Gemeinde in Bad Bentheim wie der Chef eines mittelständischen Unternehmens. Das war nichts für ihn.
Pfarrer Carl Borromäus Hack 1999 mit Bischof Franz-Josef in Engden – nach einer Kutschfahrt anlässlich des 100-jährigen Kirchweihjubiläums.
Schon immer hatten er und Johannes Ehrenbrink gesponnen, irgendwann einmal etwas Gemeinsames zu machen. Carl Borromäus ließ sich 2006 in Wesuwe „parken“; aus dem anvisierten einen Jahr wurden zwar drei, aber dann klappte es. In der Pfarreiengemeinschaft Neuauwiewitt wurde Carl Borromäus, der nicht mehr als Pfarrer und Manager seiner Gemeinden arbeiten mochte, Priester zur Mitarbeit mit dem Titel Pastor. Am 14. August 2009 hielt er seinen Vorstellungsgottesdienst… Mit bekanntem Ergebnis.
Die Freunde auf Urlaubsreise (was hier alt aussieht, ist nur das Foto).
Seit zehn Jahren (Stand 2019) arbeitet er in Neuauwiewitt. Hat er gefunden, was er sich gewünscht hat? „So kann ich das nicht sagen. Ich habe mich in all den Priester-Jahren immer und überall am richtigen Platz gefühlt. Nur wollte ich irgendwann keine leitende Funktion mehr haben, sondern ganz Pastor sein.“
Das hat er zwar nicht in Vollendung geschafft (er ist u.a. stellvertretender Dechant), ist aber nicht in erster Linie gefragt. Das freut ihn. Gern übernimmt er neben dem normalen Messplan Hausbesuche, bringt die Krankenkommunion oder spendet die Krankensalbung, zelebriert bei Taufen, Trauungen und Trauerfällen – und noch immer hat er u.a. als Dekanatsjugendseelsorger einen besonderen Draht zu Kindern und Jugendlichen. Sie mögen den Priester, der manchmal trotz seiner äußeren Erscheinung mit weißem Haupthaar und vollem Bart wie ein großer schlaksiger Junge und damit wie einer von ihnen wirkt.
Er möchte für andere „einfach da sein. Nicht unbedingt viel reden. Zuhören. Zeit haben.“ Ein Grundbedürfnis der Menschen sei überall auf der Welt gleich: in Freude und Not wahrgenommen zu werden.
Das Missionieren liegt ihm nicht. Wenn ein Kind getauft werden soll, kann er die Eltern schon mal fragen: „Warum wünschen Sie sich die Taufe?“ Er will die Eltern nicht vorführen, sondern sich mit ihnen daran freuen, dass vielleicht ein Rest an Kirchenzugehörigkeit spürbar ist.
Manchmal bekommt er Rückmeldungen. Die Eltern waren berührt, fühlten ihr Kind tief gesegnet und sich selbst in unseren Kirchen willkommen. Dann freut sich Carl Borromäus. In den Getauften sieht er auch die Kirchgänger von Morgen. „Wenn sich die Eltern heute nicht willkommen fühlen, werden sich irgendwann auch ihre Kinder nicht willkommen fühlen.“
Für ihn ist es eine Ermutigung, wenn Eltern ihren Kinderwagen in den Gottesdienst schieben. Sollen die Kleinen ruhig quäken. Wer sich davon ablenken lässt, denkt er dann manchmal, könnte vielleicht an seiner eigenen Andacht feilen…
Etwas rüselig wurde es auch an seinem Silber-Feier-Tag, am Sonntag, 14. Dezember 2014, im Wittmunder Gottesdienst. „Ich weiß von nix“, sagte er im Vorfeld etwas unruhig. „Von nix wat zu wissen“ fällt ihm schwer…
Diesmal hatten sich andere Gedanken über ihn gemacht, z.B. über seine Treue, die Menschen immer wieder verblüfft und freut, und über seine Bereitschaft, sofort einzuspringen, wenn ein Priesterkollege ersetzt werden muss – egal ob in Emden, Norden oder auf einer Insel.
Nicht verschwiegen werden soll freilich, dass Carl Borromäus auch anders kann: Was er nicht will, macht er nicht. Punkt. Aus. Feierabend! Sein Sturkopp ist, neudeutsch gesprochen, unkaputtbar. Aber dieser Sturkopp wird trefflich gemildert. Es gibt kaum jemanden, der so wenig nachtragend ist wie Carl Borromäus.
Der kleine Carl Borromäus – offenkundig schon mit Prachtschädel ausgestattet.
Ein Loblied gilt seiner Stimme. Sie ist tief, klar und tonsicher. Er kann einer Kirche voll Menschen das Gefühl geben, konzertreif aus einem Mund zu singen. Im Gegensatz zu seinem Chef (dem irdischen in Aurich) singt er gern und gut die feierlichen Stellen im Hochgebet jeder Eucharistiefeier. Carls Sprechstimme ist nicht minder klar. Er grinst kokett und sagt: „Es war nett vom lieben Gott, mir meine Stimme zu schenken.“
Auf Säuglinge hat sie eine spezifische Wirkung. Sie schlummern selig vor sich hin (Anmerk. der Red.: Auf Erwachsene soll das nur in Ausnahmefällen zutreffen). Carl Borromäus redet seine Sätze nicht geziert daher. Er verkündet in der gleichen Stimmlage, mit der er auf dem Kirchhof übers Wetter predigt – ohne die Satzmelodie zu verändern. Seine Sprache fließt ruhig und kraftvoll dahin.
So kann er sagen, was er glaubt und wovon er überzeugt ist. „Ich möchte als Pastor für die Menschen da sein und ihnen die frohe Botschaft Jesu Christi und die Liebe des Vaters nahebringen.“ Sein Credo ist und bleibt die Liebe Gottes zu den Menschen, die sich jeden Tag ereignet. Sie ist seine feste Größe; sie war es auch in den Tiefen seiner Priesterzeit. „Manchmal war ich versucht, die Brocken hinzuschmeißen.“
Er hat immer wieder Halt gefunden. Seinen Chef, Priesterkollegen und Freund Johannes sieht er als einen dieser Halt-Punkte, die ihm verlässlich zur Seite gestellt sind. Von wem? Das muss man den jubilierenden Carl Borromäus nicht fragen.
Manchmal hängt der „Haussegen“ zwischen Johannes und Carl Borromäus allerdings schief. Schuld sind Werder Bremen (und Fan Johannes) sowie Bayern München (und Mitglied Carl Borromäus). Johannes hat eindeutig weniger zu lachen. Er muss etwas länger zählen, bis er den Tabellenplatz seiner Jungs erreicht hat. Dafür hatte Carl Borromäus es lange nicht so spannend, da die Bayern auf Platz 1 rangierten und ein nahezu unsportliches Beharrungsvermögen ausübten. Das ist Geschichte, und großzügig lassen sie nun auch mal andere an die Spitze. Carl fühlt sich den Freistaatlern schon deshalb verbunden, weil durch seine Adern weiß-blaues Blut rautiert. Er kann damit auftrumpfen, dass sein Großvater aus Bayern stammt.
Genau so lange in Familienbesitz wie das weiß-blaue Blut ist der Doppelname Carl Borromäus. Schon der „bayrische“ Großvater hieß so – zu Ehren jenes Mannes, der sich in der Gegenreformation für eine moralische Erneuerung der römisch-katholischen Kirche einsetzte und auf den sich die Büchereien in katholischer Trägerschaft berufen.
Und hier ein Bild des „bayrischen“ Großvaters: Opa Carl Borromäus mit Enkel Carl Borromäus sowie den Schwestern Johanna (Mitte) und Magdalene.
Überhaupt die Bücher: Carl Borromäus mag sie besonders gern, wenn sie Geschichte gekonnt in Romanform aufbereiten, und noch lieber, wenn Heilige darin vorkommen wie Elisabeth in den „Toren des Himmels“.
Wer 2014 glaubte, einen Tipp für ein brauchbares Jubiläumsgeschenk vor Augen zu haben, irrte: Carl Borromäus wäre über jedes Präsent enttäuscht gewesen, das er nicht zugunsten sozialer Zwecke hätte entgegennehmen können, zum Beispiel für den Verein für tätige soziale Hilfe in Ostfriesland Subito oder für sozial-caritative Einrichtungen in Alytus, Kaunas, Pamusis und Pakruojis – Geschenke also, die in einen Brief-Umschlag passen (was niemanden abhalten sollte, bündelweise zu schenken; schließlich gibt es Umschläge mit Füllfalz).
Wer in den Tagen vor dem Silberjubiläum mit Carl Borromäus sprach, erlebte einen eher ernsten Mann, dem durchaus feierlich zu Mute war. Er hat als Spätberufener seinen Weg begonnen. Gefunden wäre zu viel gesagt. Kein Wegstück lag und liegt klar ausgebreitet vor ihm. Erst im Voranschreiten erfährt er manchmal, wie er weitergeht. So ist er seit einem Vierteljahrhundert unterwegs und empfindet vor allem Dankbarkeit, „dass Gott mich auf meinem Weg begleitet.“
Carl Borromäus schaut mit Spannung auf das, was vor ihm liegt. Und manchmal wundert er sich ein bisschen, was aus einem Säugling werden kann, der, als er 1958 auf die Welt kam, gleich zu sterben drohte. Der Junge atmete nicht. Keins der bewährten Mittel half. Da vollzog eine Ordensschwester die Nottaufe. Der Neugeborene wurde weiter verzweifelt sacht geschlagen und in Wechselbäder getaucht. Plötzlich kam der erste Schrei.
Seine Stimme war in der Welt.
Vita
1958 Geburt in Meppen
1977 Ausbildung zum staatlich geprüften Erzieher, Schwerpunkt Jugend- und Heimerziehung
1980 Besuch des erzbischöflichen Friedrich-Spee-Kollegs in Düsseldorf
1982 Reifeprüfung an diesem Kolleg
1983 Studium der Theologie und Philosophie in Frankfurt und Innsbruck
1989 Diakonat bei Pfarrer Johannes Ehrenbrink in Bremen
1989 Priesterweihe im Dom zu Osnabrück
1990 Kaplan in Melle, Melle-Buer und Melle-Sondermühlen
1992 Kaplan in Eutin – mit den Außenstationen Ahrensbök und Pönitz – und Bad Malente
1995 Neugründung des Erzbistums Hamburg
1996 Rückkehr in das Mutterbistum Osnabrück, Pfarrer in Schüttorf und Engden;
2000 zudem Pfarrer von Bad Bentheim; Dechant im Dekanat Grafschaft Bentheim
2006 Pfarrer in Wesuwe
2009 Priester zur Mitarbeit in der Pfarreiengemeinschaft Neuauwiewitt mit dem Titel Pastor
Jesus, berühre mich
Von Delia Evers | Feier des Silbernen Priesterjubiläums von Carl Borromäus Hack
Alles passte zusammen. Und alles war schlicht: Im Altarraum durfte der Adventskranz mit seinen drei brennenden Kerzen wirken – kein üppiger Blumenschmuck nahm die Sicht auf ihn. Die Priester, die zelebrierten und konzelebrierten, waren ohne Schnickschnack in festliches Weiß gekleidet; und dass Silberjubilar Carl Borromäus Hack doch ein besonderes Messgewand trug, erfuhr die große Gemeinde erst später.
Seine Haushälterin Eleonore Smolka hatte quasi hinterrücks die Körpermaße ihres Chefs besorgt und ihm den Stoff speziell für die Jubelfeier auf den Leib geschneidert.
Carl Borromäus im neuen Messgewand und seine Haushälterin Eleonore Smolka beim Friedensgruß.
Carl Borromäus Hack trug das Geschenk samt zugehöriger Stola mit eingepasster „25“ voll Freude. Mehr Glanz brauchte es nicht für eine würdige und stimmungsvolle Feier.
Auch das Evangelium sprach von Zurückhaltung. Es erzählte von Johannes, der Menschen in Scharen taufte und gefragt wurde, wer er sei. Pfarrer Johannes Ehrenbrink sprach in seiner Predigt über die Antwort des Täufers: „Ich bin die Stimme.“
Johannes sei einzigartig, ein besonderer Mensch und habe als dieser einzigartige Mensch eine außergewöhnliche Aufgabe, nämlich Stimme eines anderen zu sein.
Konzelebranten und Zelebrant in der St.-Bonifatius-Kirche: v.l. Johannes Ehrenbrink, Günter Hillebrandt aus Rheine, Carl Borromäus Hack und Ricardas Rutkauskas aus Nürnberg.
Hier liege ein entscheidender Hinweis des Evangeliums: „Wer sich selbst findet und seine Aufgabe entdeckt, muss und kann sich nicht die großen Wünsche und Hoffnungen anderer aufdrängen lassen und kann sich nicht in Rollen hineinschieben lassen, die andere für ihn ausgeguckt haben.“
Wer seine Aufgabe aus dem Glauben heraus entwickele, müsse Sonderwege gehen. Er dürfe und müsse sich einerseits – auch aus Gottes Sicht – für unverzichtbar halten, andererseits jedoch keinesfalls als Hauptperson verstehen: „Er ist von Gott gesandt und damit Gottes Diener.“
Dieser Prediger, der sich selbst klein machte und lediglich als Diener und Stimme eine knallharte Anklage gegen die Gläubigen erhob, habe rundum recht. Er wisse: „Mitten unter euch steht der, den ihr nicht kennt und der nach mir kommt.“
Jesus Christus sei schon da, und keiner beachte ihn; er stehe dabei und werde nicht gesehen. „So hoch sind die Berge im Inneren der Menschen, so dünn sind die Pfade in ihren Gedanken, so abgründig die Schluchten in den Herzen!“
Viele Gläubige standen hinten in der Kirche, weil keine Bankplätze mehr frei waren. Aus der ganzen Pfarreiengemeinschaft und den früheren Wirkorten von Carl Borromäus hatten sich Festgäste auf den Weg gemacht.
Der Pfarrer wandte sich an Carl Borromäus: „Als Priester, als Pastor stehst du oft im Vordergrund, im Rampenlicht… Und dennoch bist du, wie Johannes der Täufer, nicht die Hauptperson. Es kommt auf dich, auf uns an, aber entscheidend ist, dass wir auf jemand anderen verweisen.“ Daher begründe die priesterliche Vollmacht auch keine Hervorhebung gegenüber Nicht-Geistlichen.
Johannes Ehrenbrink ließ eine kleine Litanei Hack’scher Eigenschaften und Eigenarten an der Festgemeinde vorbeiziehen, allesamt Grundlage und Möglichkeit für berufenes Handeln. „Du in deiner ganz eigenen Art“, sagte Johannes zu Carl Borromäus, „mit einer gewissen Sturheit manchmal und mit der kräftigen Stimme, bist seit 25 Jahren die Stimme dessen, der da ist, der aber oft unerkannt unter den Menschen steht.“
Der Freund Johannes sprach: „Deinen Weg darf ich begleiten. Dafür bin ich dankbar.“
Der Dechant verlas ein Glückwunschschreiben von Bischof Franz-Josef Bode, der Carl Borromäus Hack von Herzen für seine vielfältigen Dienste dankte.
Dank kam auch aus der Gemeinde St. Bonifatius. Peter Kirby (Foto rechts) sagte, Carl sei ein Priester, wie ihn sich jeder Gläubige nur wünschen könne. Er habe seine Zusage wahr gemacht, für die Menschen da zu sein.
Für die Pfarreiengemeinschaft sprach Ulrich Kötting (Foto rechts), der seine Rede kurz, lustig und lieb hielt, für Carls hilfreiche Litauenbegeisterung ebenso dankte wie für sein Mittun in der Doppelkopfrunde; das sei Carls einzige Chance, mitunter zu „heiraten“. Allerdings schalt Uli die „starke psychische Abhängigkeit“ des Jubilars von einem Fußballverein im Süden. Uli: „Das stößt auf! Aber wer ist schon ohne Tadel?!“
Im Namen der Osteuropahilfe St. Marien Rheine-Eschendorf e.V. dankte Josef Kuberek für Carls nachhaltige Hilfe. Gemeinsam hatten die beiden von Schüttorf aus – zusammen mit der Kolpingfamilie – Hilfstransporte organisiert und begleitet.
Carls Schwester Erika Margarete Jansen trug – auf ihren Wunsch hin leise untermalt von der Orgel – ein Engel-Gedicht vor, das sie für ihren Bruder geschrieben hatte.
Überhaupt die Musik. Der Kirchenchor gestaltete die Feier mit. Eine kleine Schola, angeleitet von Kyra Watermann und Petra Heidecker, besang den „Volltreffer – ja das bist du“. Und dabei zeigten die minikleinen sowie midi- und maxigroßen Teilnehmerinnen begeistert auf Carl Borromäus. Der lachte herzlich.
Carl Borromäus selbst hatte sich zum Auftakt ein Lied gewünscht, das ihn seit langem begleitet. „Die Sache Jesu braucht Begeisterte.“ Sich diese Begeisterung zu erhalten – dazu lud er alle Festgäste ein.
Derweil verabschiedete sich Steffi Holle (im Bild links mit Brigitte Hesse) aus der Kirche mit dem Hinweis, sie wolle sich um die weitere Orga kümmern. Draußen mussten sie und der ganze große Pulk von Helferinnen und Helfern (besten Dank für wochenlange Arbeit!) einen kleinen Schock verdauen, obwohl es leider noch nichts zu verdauen gab: Der Catering-Service mit dem superleckeren Buffet hatte sich aus wichtigem Grund verspätet.
Den Feiernden fiel nichts auf. Sie eroberten das Gemeindehaus, standen, saßen, quetschten sich noch in die letzte Ecke, und bewiesen, dass Tuchfühlung die sicherste Methode ist, ins Gespräch zu kommen. Mitten drin stand Carl Borromäus, begrüßte einen Gratulanten nach dem anderen, streichelte und herzte die Kleinen, drückte die etwas Größeren und strahlte einfach nur Freude aus.
Mittlerweile war das Buffet in einem Zelt fertig aufgebaut. Und all die vielen Menschen wurden ohne jedes Gedränge mit richtig gutem Essen satt. Begehrt waren auch die vielen selbstgebackenen und teils toll dekorierten Festkuchen.
In all den schönen Stunden des Feierns gab es vielleicht nur einen einzigen Moment, in dem Carl Borromäus, hätte er etwas sagen müssen, die sonst so verlässliche Stimme weggekippt wäre. Kyra (kl. Foto links), ebenfalls mit einer herrlich volltönenden Stimme gesegnet, begann mitten im Gewusel zu singen. Man konnte hören, wie die Menschen – erst in ihrer Nähe und schließlich im ganzen großen Rund – zu schweigen begannen, bis nur noch Kyra zu hören war und den Herrn anrief:
Jesus, berühre mich.
Hole mich ab, öffne die Tür für mich.
Nimm mich an deiner Hand, entführe mich
In deine Gegenwart.
Carl Borromäus freute sich zum Silberjubiläum sehr, dass Familienangehörige angereist waren: v.l. sein Bruder Michael und sein Vater Carl-Heinz (†) aus Meppen sowie seine Schwester Erika Margarete (die achte im Kreis der neun Geschwister) mit ihrem Mann Karl Jansen aus Ratingen.