Teil 2 | Kreuzweg in St. Ludgerus – 2. bis 4. Station
Was ist das Besondere an der Passion Jesu, die die Evangelisten im Neuen Testament beschreiben? Das beschäftigte Dr. Max Freyland, als er die Kreuzwegstationen für die St.-Ludgerus-Kirche malte.
„Sind die Geißelung, die Verspottung, die Dornenkrönung, das offensichtlich falsche Urteil und schließlich die Kreuzigung etwas besonders Leidvolles?“, fragte er. „Kennen wir aus der Menschheitsgeschichte nicht sehr viel grausamere Methoden der Ungerechtigkeit, der Schmach, der Folter bis hin zu Tötungsmethoden? Denken wir an die Grausamkeiten der frühen Christenverfolgung, an die Marterwerkzeuge der Inquisition, an die grausamen und sadistischen Verhörmethoden neuzeitlicher Militärdiktaturen. Scheint uns die Vierteilung eines Menschen, eine Steinigung oder Verbrennung auf einem Scheiterhaufen nicht ebenso grausam und unerträglich wie eine Kreuzigung bei lebendigem Leibe?“
Max Freyland überlässt es den Betrachterinnen und Betrachtern, über die vielen entsetzlichen Grausamkeiten nachzudenken, die Menschen ihren Mitmenschen antun und angetan haben.
Das Besondere am Leiden Christi werde verständlich, wenn wir daran glaubten, dass Gottes Sohn unerträgliches Leid stellvertretend für die Menschheit getragen habe, um uns für vergangene und zukünftige Schuld zu entlasten.
Sehen wir uns drei weitere Stationen an (die Bildbeschreibungen sind wie schon im ersten Beitrag der Festschrift „150 Jahre St. Ludgerus“ entnommen und teils ergänzt).
II. Station – Jesus nimmt das schwere Kreuz auf sich
Durch die Hände militanter Mächte (im Bild symbolisiert durch Männer mit Helmen) werden Menschen gewaltsam Lasten aufgeladen. Sie bedeuten Leid, Trauer, Folter und Tod. ECCE HOMO, da ist der Mensch, steht auf der Spruchbanderole. Pontius Pilatus hat dieses Wort gesagt, da er bei Jesus keine Schuld fand. Trotzdem hat er das Urteil gesprochen und seine Hände in Unschuld waschen wollen. Weit in der Ferne leuchten in Rot weitere Banderolen auf. Was mag darauf stehen? Was würden wir darauf kundtun?
III. Station – Jesus fällt zum ersten Mal unter dem Kreuz
Menschen, die sich am Leid anderer ergötzen, jubeln. Sie reißen die Hände hoch. Die Hinrichtung eines Schuldigen oder vermeintlich Schuldigen oder die Strafe eines Gesetzesbrechers werden gefeiert wie ein Fest. Alle machen mit. Die Straßen sind mit bunten Fähnchen geschmückt. Man genießt die Grausamkeit. Links im Bild steht ein Mann. Sein Gesicht wirkt bedrückt und wie mit einem Fragezeichen versehen. Seine Arme hängen herunter. Hat er Mitleid? Will er protestieren? Er bleibt tatenlos. Steht er für unsere eigene Tatenlosigkeit?
IV. Station – Jesus begegnet seiner Mutter
Maria kniet an Kreuzweg ihres Sohns. Sie weiß um sein Leid und das Leid in der Welt, um Krieg, Gewalt, das Töten und Vergewaltigen. Töchter, Söhne, Frauen, Männer und Kinder müssen sterben durch Tod bringende Waffen, die der menschliche Geist immer wieder ersinnt, baut, optimiert und einsetzt. Max Freyland lässt Panzer durch das Bild rollen. Bomben fliegen. Städte brennen. Jesus trägt das Leid der Welt mit. Er zermalmt nicht die Panzer, holt nicht die Bomben vom Himmel und löscht nicht die Städte, aber er hält das Leid an unserer Seite aus. Er geht unseren Weg mit.
Kreuzwegbeschreibung St.-Ludgerus-Kirche Aurich
Einführung und I. Station
II., III. und IV. Station
V. und VI. Station
VII., VIII. und IX. Station
X., XI. und XII. Station
XIII. und XIV. Station