Mit ganz neuen Augen Blick auf Langeoog
Im Juni waren die Klüngeltüngels von St. Ludgerus natürlich auch unterwegs, und was liegt im Sommer näher als ein Ausflug zur Insel Langeoog. Diesmal ging es allerdings nicht nur fröhlich zu…
Brigitte Hesse führte die Klüngeltüngels und eine Gruppe von Gemeindemitgliedern aus Neustadtgödens zu den Spuren russischer Kriegsgefangener, die im Zweiten Weltkrieg auf der Insel lebten. Viele starben.
Langeoog ist eine „Insel zum Leben“, aber es gibt auch diese dunkle Seite. Die Klüngeltüngels erfuhren sie.
Nach einem guten Frühstück, das liebe Mitglieder der dortigen katholischen Gemeinde für die Reisegruppe bereitet hatten, war die St.-Nikolaus-Kirche die erste Station.
Die Gestaltungsidee der Kirche ist ein von der Erde aufwärts ragender Schiffsbug. Der Turm hat die Form eines Vorderstevens. Der Innenraum präsentiert sich weit und hell und öffnet durch Klarglasfenster den Blick auf die Insellandschaft. Das Kreuz ist als Steuerrad gestaltet.
Nach einem gemeinsamen Gebet ging es weiter zum „Haus Meedland“, heute eine Begegnungsstätte der Bremischen Evangelischen Kirche.
Die Vorgeschichte ist trübe: Im August 1941 wurden sowjetische Kriegsgefangene auf die Insel gebracht, um an dem Luftwaffenstützpunkt zu bauen sowie andere Arbeiten wie Straßenbau u. ä. zu leisten.
Unterkunft, Verpflegung und medizinische Betreuung waren, wie in allen Lagern, speziell für die sowjetischen Gefangenen äußerst schlecht, und sie waren unmenschlicher Behandlung unterworfen. Innerhalb kurzer Zeit starben mehr als ein Drittel von ihnen – an Krankheiten, aber noch mehr an Hunger, härtester Arbeit und dem Terror der Wachmannschaften.
Genau wie in den anderen Lagern wurde auch in Langeoog brutal mit ihnen umgegangen. Mehr als 70 Jahre nach Kriegsende ist dieses Thema noch immer oft ein Tabu. Die Kapelle im Haus Meedland soll neben der eigentlichen Nutzung als Andachts- und Meditationsraum ein Gedenkort für die Sowjetsoldaten sein.
Der Dünenfriedhof liegt nordöstlich des Inseldorfs inmitten von Dünen. Der Friedhof ist vor allem wegen des Grabs der 1972 bestatteten Sängerin Lale Andersen bekannt. Aber es befinden sich hier auch zwei Gedenkstätten.
Die eine Gedenkstätte auf dem so genannten „Russenfriedhof“ erinnert an die 113 verstorbenen sowjetischen Kriegsgefangenen. Das Massengrab am Rande des Dünenfriedhofs wird heute durch sechs Stelen mit den Namen der 113 Toten markiert.
Die zweite Gedenkstätte erinnert an die rund 450 Baltendeutschen, die im Februar 1945 aus einem Altenheim in Westpreußen evakuiert wurden und nach einer dramatischen Flucht auf Langeoog eine neue Heimat fanden. Viele von ihnen sind in einer eigenen Abteilung auf dem Dünenfriedhof begraben.
Letzte Station des Rundgangs war die Inselkirche, deren besondere Anziehungskraft ein Altarbild von Hermann Buß aus Norddeich ist, das völlig aus dem Rahmen des Gewohnten fällt.
Geschaffen wurde es anlässlich der Restaurierung der Inselkirche in den Jahren 1988/1989.
Es zeigt als Leitmotiv ein gestrandetes Schiff.
Das Langeooger Altarbild ist eine Provokation, die sich allerdings dem flüchtigen Betrachter zunächst hinter der Harmonie der Farben und einem ‚passenden‘ Leitmotiv – einem Schiff – verbirgt.
Man muss genau und lange hinsehen, sich mit dem Kunstwerk auseinander setzen und es im Zusammenklang mit dem Kirchenraum wirken lassen.
Nach diesen ernsten, aber sehr interessanten Stunden brauchten die Klüngeltüngels Erholung, die jeder für sich gestalten konnte. Eine große Gruppe suchte diese in einer Eisdiele, einige wollten schwimmen oder wenigstens mit den Füßen ins Wasser.
Denn gefühlt war es der heißeste Tag in diesem Sommer, und von Wind war nichts zu spüren.
Erschöpft, aber sehr zufrieden mit dem eindrucksvollen Tag und Überlegungen für das nächste Treffen ging es gemeinsam zurück nach Aurich.