Mobi-Wagen: Wie kann ich das nur gut machen?
Von Delia Evers | Seinen letzten großen Ausflug unternahm der betagte Boni-Bulli aus Aurich: Er kutschierte – mit neun Personen besetzt – als Mobiler Einkaufswagen nach Leer in ein Einkaufscenter. Kein Zweifel: Der Bulli fand es toll, eine so muntere Gesellschaft zu chauffieren. Zufrieden war er auch mit Fahrer Alfred Dellwisch, der für die Abschiedstour des treuen Gefährts* noch einmal wohl dosiert Gas gab.
Alle, die sich als Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten eintragen lassen, standen schon bejackt und mit leeren Einkaufstaschen bepackt samt erwartungsfroher Gesichter hinter ihren Haustüren, als das Team sie abholte, egal ob in Großefehn, Südbrookmerland oder Aurich. Ein Gast gesellte sich kurzfristig hinzu: Er zog die Aussicht auf eine gesellige Reise spontan einem Zahnarztbesuch vor.
Jede und jeder freute sich auf den Ausflug im Advent. Alfred brachte die kostbare Fracht sicher ans Ziel nach Leer. Vor Ort begleiteten er, Marlies Weinmann und die Turmflüsterin, alle drei gehüllt in Malteserkluft, die Fahrgäste in drei Gruppen durchs riesige Zentrum.
Keiner der Wünsche, die fast alle Fahrgäste vorsorglich auf Einkaufslisten notiert hatten, blieb am Ende unerfüllt – vom Präsent für den Enkel, über Nikoläuse einer bestimmten Schoko-Sorte bis hin zu einem Lebensmitteleinkauf, der viele Kisten füllte und in der munter frotzelnden Runde den Verdacht nährte, da wolle jemand ein eigenes Geschäft aufmachen.
Es verhielt sich anders. Der Gast war froh, über den Mobilen Einkaufswagen endlich ohne Stress und Sorge vor Überforderung seine Vorräte auffüllen zu können.
Und dann kam die Turmflüsterin mit einer Kiste voller Chipstüten angeschleppt – um genau zu sein: voll mit 20 Tüten! „Noch ein neues Geschäft?“ Eher nicht. Die Tüten waren für eine Dame bestimmt, die eigentlich hatte mitfahren wollen, aber verhindert war und sich das Chips-Mitbringsel gewünscht hatte.
Mitten im Einkaufszentrum saßen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer neben ihren Tüten, Taschen und Körben schließlich noch in einem Café mit bester Rundumsicht und ließen sich bei angeregtem Plaudern Kaffee, Cappuccino und Kakao schmecken.
Dann begann Alfred mit dem Packen – eine logistische Herausforderung, denn all die vielen Sachen wollten neben Rollatoren, Stöcken, halbmeterlangen Orchideen, diversen Papiergroßpackungen für Klo und Küche, Rucksäcken und Tritthilfe so sortiert sein, dass die Personen-Reihenfolge fürs Nachhausebringen mit der Packreihenfolge ihrer Einkäufe harmonierte.
Und dann stand vor dem Bulli noch unverstaut die Großkiste mit den Chipstüten.
Alfred drohte, sie einzeln anzustechen, um Luft abzulassen. Marlies machte den glorreichen Vorschlag, die Chipse durch kräftiges Kneten zu paralysieren. Das bringe zusätzlichen Raum. Der Blick der Turmflüsterin verhalf Alfred zu einem glanzvollen Endspurt beim Packen.
Dann gings für alle heim.
Am Ende sagte eine alte Dame froh und gerührt: „Da habe ich mal nicht zu Hause gesessen! Ich war einkaufen. Ich hab‘ Kakao getrunken. Und so viele liebe Menschen um mich gehabt. Wie kann ich das nur gut machen?!“
Die Turmflüsterin fragte mit einem Augenzwinkern: „Wieso gut machen? War das nicht gut genug?“ Da lachte die alte Dame. Sie freut sich schon auf das nächste Mal.
- Der Bulli wird durch einen neuen ersetzt, der bereits in der Gemeinde angekommen ist.