Reisetag 3: Wie der Fischer-Bus auf einem Berg baden ging

Heißa, das war ein Gekraxel, ehe der Fischer-Bus sich den Effelsberg bei Bad Münstereifel hinaufgeschraubt hatte. Zwischendurch schrabbte das Gefährt mit seinem Chassis in einer engen Kehre den Asphalt auf.

Und alles nur wegen der schönen Aussicht. Fahrer Thomas hatte seinen Bus an diesem Tag wegen der vorgeschriebenen Ruhezeiten nicht selbst steuern dürfen. So kutschierte ein Eifelaner Kollege die Reisegesellschaft. Das machte er wunderbar und zirkelte das Gefährt mit Spielräumen von wenigen Zentimetern zwischen Leitplanken und Felsen höher und höher. Es wurde enger und enger – bis der Bus auf seinem Untergestell in einer Kehre hängenblieb. Einige Räder fassten keinen Fuß mehr, wie auch? Der Bauch des Busses war buchstäblich am Boden und die Reisegruppe gestrandet. Auf einem Berg, oho.

Nur wenige Menschen beherrschen das Kunststück, ohne Füße auf die Beine zu kommen. Thomas, der Busfahrer unseres Vertrauens, beherrschte die Bordtechnik samt Kriechassistent auch während seiner Ruhezeit, also quasi im Schlaf, und bekam das Chassis „mit ohne“ Räder wieder hoch. Es ruckelte und zuckelte. Bus und Reisegesellschaft waren frei (der Busbauch kam mit dem Schrecken und ein paar unschlimmen Schrammen davon).

Wie gesagt: Alles nur wegen der grandiosen Aussicht auf dem Effelsberg! Die hatte es freilich in sich. In einer Mulde scannt das zweitgrößte bewegliche Radioteleskop der Welt die Aussicht auf Welten von ET und Mister Spock und gewinnt im Auftrag des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie (MPIfR) grandiose Erkenntnisse für die Wissenschaft.

Nachdem der Bus auf dem Parkplatz angekommen war, musste noch eine Wegstrecke zurückgelegt werden. Erika schaffte sie am Rollator, als trüge sie Siebenmeilenstiefel.

Schwester Franziska, zur Freude der Neuauwiewitter mit auf großer Fahrt, schwebte an den Armen von Johannes und Markus Richtung Teleskop.

Das Radioteleskop sieht auf den ersten Blick unscheinbar aus, hat aber einen Durchmesser von 100 Metern.

Diesen Programmpunkt hatte Reiseleiter Josef Antony, u.a. maßgeblich Initiator der Auricher Wissenschaftstage, organisiert und finanziell möglich gemacht. Als Referent hatte er Dr. Norbert Junkes gewonnen. Der war vor genau 30 Jahren promoviert worden – zu CO-Schalen, HI-Löchern und Protosternen im allgemeinen sowie der Entwicklung von Supernova-Überresten im interstellaren Medium im besonderen.

Kompliziert? Ach was! Wer eine Stunde lang atemlos Norbert Junkes‘ gelauscht hat, ist überzeugt, er habe Werden und Vergehen des Universums begriffen. So begeisternd und leicht verständlich übersetzte der Presse- und Öffentlichkeitsarbeiter des MPIfR komplizierte Sachverhalte in eine bildhafte Sprache.

Er erzählte von sterbenden Sternen, von der „Leuchtkraft“ der Erde durch Lichtemission („Die belgischen Autobahnen sind nachts bis weit in den Weltraum hinein zu sehen“) und von Betelgeuse, einer Riesensonne im Sternbild des Orion, die, O-Ton Junkes, „bald verkimmelt“, sprich in kosmischer Nachbarschaft zu uns Menschenkindern in nur 650 Lichtjahren Entfernung explodieren wird, um als Supernova zu enden. Ihre Strahlkraft wäre am gesamten Firmament zu bewundern. Das Spektakel könnten wir uns ganz entspannt ansehen, denn mit weiteren Auswirkungen auf die Erde ist laut Junkes nicht zu rechnen.

Den Sterbeprozess von Betelgeuse haben die Astronomen auf dem Effelsberg mit ihrer Brille, dem Riesen-Teleskop, im Blick. Allerdings kann es sein, dass die Explosion längst stattgefunden hat, denn die Lichtsignale von Betelgeuse brauchen, siehe oben, 650 Lichtjahre, bis sie die Erde erreichen. Sollte der Crash im Sternbild des Orion also um 1369 Erdzeitrechnung stattgefunden haben, würde das All uns ungefähr jetzt darüber informieren. Wir dürfen gespannt in den Himmel schauen!

Einen hübschen Zwischenaufenthalt gab es im schönen Bad Münstereifel. Hier ließ es sich am Erftufer gut aushalten.

Hübsch anzusehen: die Innenstadt von Bad Münstereifel. In der Jesuitenkirche sangen einige Reiseteilnehmer im Kanon wohltönend „Lobet und preiset ihr Völker den Herrn“. Drei andere Besucher, offenkundig Pilger auf dem Jakobsweg, fragten, woher die Neuauwiewitter kämen. Aus Ostfriesland? So ein Zufall, die drei Pilger stammten aus Jever, kamen aus Köln und wollten weiter nach Kronenburg.

Burg in Bad Münstereifel.

Norbert Junkes sprach weiter über Sternleichen und halbtote Gestirne, die nicht mehr konstant leuchten, sondern 30 Mal pro Sekunde flackern. Er berichtete von Stern-Geburtsstätten, Stern-Kindergärten und natürlich viel über die technischen Daten des 100-m-Radioteleskops. Es beobachtet elektromagnetische Strahlung von Radiowellen bis hin zum sichtbaren Licht.

So hilft es den MPIfR-Forschern, die Physik von Sternen, Galaxien und des Universums zu erforschen und den Neugierigen dieser Erde immer präziser Antwort auf die Frage zu geben, was die Welt im Innersten zusammenhält.

Viele Detailfragen stellen sich zudem, zum Beispiel die: Gibt es Leben andernorts? Das ist wahrscheinlich, aber noch immer nicht gesichert, sagte Junkes – und dankte freundlich den aufmerksamen Neuauwiewittern, dass sie ihn auf seiner Reise „Einmal ins Weltall und zurück“ begleitet hatten.

Ein Holländer, der den Vortrag ebenfalls gehört hatte, fasste seine Eindrücke so zusammen: „Je mehr ich erfahre, desto mehr Ehrfurcht ergreift mich vor der Schöpung.“

„Vor der Schöpfung?“, fragte seine Stuhlnachbarin. Der Niederländer lächelte und präzisierte: „Vor der Schöpfung Gottes. Nichts anderes ist für mich denkbar.“

Gruppenfoto vor dem Teleskop.

Werbung am Teleskop-Parkplatz für ein 3-Gänge-Menü.

Fröhliche Gesichter im Bus.

Chormitglieder von St. Ludgerus und ein paar kurzfristig adoptierte Sängerinnen und Sänger nahmen für Dirigentin Isburga Dietrich vor dem Hotel ein Ständchen auf. Genauer: Manfred nahm es auf.

Manfred und Hildegard prüften die Qualität.

Marlies, Elsbeth und Elisabeth schauten auch noch drüber – und Hildegard drückte auf den Sendeknopf.