Reisetagebuch des Litauentransportes 2018
In der vergangenen Woche haben sich 20 NeuAuWieWitter auf die Reise in das etwa 1.400 km entfernte Litauen gemacht. Der Dreh- und Angelpunkt hat sich mittlerweile von Kaunas nach Alytus verlegt.
Zu den dortigen Pfarrern und Schwestern hat sich mit der Zeit ein sehr gutes Vertrauensverhältnis entwickelt. Von Alytus aus werden die verschiedenen Anlaufstellen angefahren. Der zuvor von Cheforganisator Alfred Dellwisch ausgetüftelte Besuchs- und Abladeplan konnte perfekt eingehalten werden. Für touristische Angebote blieb leider keine Zeit übrig. Jede Minute war im Hilfstransport eingeplant.
Neben einem 7,5 Tonner und einem 40 Tonner waren in diesem Jahr wieder zwei Bullis mit fleißgen Helfern unterwegs, darunter auch 5 Firmlinge aus Aurich und Wittmund. Eines der Ziele dieser Aktion ist, den Kontakt zwischen den Jugendlichen zu verstärken. Durch die internationale Vernetzung junger Menschen soll den nationalistischen Trends und den Abschottungstendenzen in vielen Ländern um uns herum entgegen gewirkt werden. Doreen Rajahkumar aus Wiesmoor versorgte die Bulli-Insassen unterwegs phantastisch und lecker. Da die Autobahn bis Warschau komplett ausgebaut ist, ließen sich die ersten 1.000 Kilometer zügig zurücklegen. Für die letzten 400 Kilometer über Land und Dörfer war deutlich mehr Zeit nötig. Aber alle sind wohlbehalten hin- und zurückgekommen. Die Bullis waren in der Nacht von Freitag auf Samstag zurück, die Lkw’s im Laufe des Samstags.
In Alytus bestehen inzwischen sehr enge Kontakte mit Schwester Jolenta, mit den Pfarrern Darius und Valdas und dem Dechanten Arunas, mit der Übersetzerin Birute und seit einigen Jahren auch mit den dort stationierten Maltesern, die beeindruckende Arbeit leisten. Sie haben Ideen entwickelt, junge Leute für die Malteser zu motivieren Etwa 15-20 Jugendliche sind bereits ehrenamtlich tätig. Für die Litauischen Senioren, die seit Jahren mehrmals pro Woche mit Essen auf Rädern und einer Art mobilen Pflegedienstes versorgt werden, gibt es jetzt Beschäftigungsangebote in den Räumlichkeiten der Malteser. Die älteren Mitbewohner werden per Auto eingesammelt und freuen sich nach anfänglicher Skepsis mittlerweile riesig auf die gemeinsamen Nachmittage. Diejenigen, die zu Hause kein fließendes Wasser haben, können bei den Maltesern auch geduscht werden. Darüber hinaus werden in den Kaufhäusern abgelaufene Lebensmittel gesammelt. Neben Pflegehilfsmitteln und Verbrauchsmitteln und Waschpulver und Medikamenten fehlt den Maltesern auch ein Auto, mit dem sie die Leute auf den Dörfern versorgen können. Der Kreis der zu Unterstützenden weitet sich immer mehr aus. Da unser Pastor Carl B. Hack über die Anschaffung eines neuen Autos nachdenkt, stellt er seinen jetzigen Golf Plus für einen sehr sehr kleinen Preis den Maltesern in Alytus zur Verfügung. Noch konnte der Wage nicht überführt werden, aber vor Ort wurden bereits Bilder davon gezeigt. Die Malteser haben sich überwältigend gefreut.
In Kaunas wurde ein großes Krankenhaus mit 1.000 Betten besichtigt, das im vergangenen Jahr bereits 40 Betten und in diesem Jahr 7 Betten erhielt. Wie die stellvertretende Direktorin mitteilte, erhielten sie von verschiedenen Organisationen Betten. Doch es fehlten ihnen immer noch etwa 400 Stück. Auf den Stationen wurde sichtbar, wie die Patienten in alten Betten versorgt werden. Sie liegen in einfachen Holzbetten, die sich nicht hochpumpen, verstellen oder bewegen lassen. Es fehlen Nachtkonsolen mit ausziehbaren Tabletts. Die Patienten müssen sich in ihrem Bett ohne Rückenlehne aufsetzen und bekommen das Essen auf den Schoß. Der Staat kann dem Krankenhaus kein Geld für diese Investitionen zur Verfügung stellen. Sie sind komplett auf Spenden von außerhalb angewiesen.
Weiterhin gab es Einblicke in die Küche, welche mit Arbeitsgeräten aus sowjetischen Zeiten bestückt war. Bandportionierung für das Essen gibt es natürlich nicht, auch keine Wärmewagen für die Stationen. Es werden einfache Kochtöpfe und Metalleimer mit den fertig gekochten Gerichten auf den Stationen verteilt. Wenn das Essen beim Patienten auf dem Teller angekommen ist, ist es bestenfalls noch lauwarm. In dem Krankenhaus gibt es eine Ergotherapie für Schlaganfallpatienten. Es fehlt dort an großen Geräten wie auch an einfachsten Materialien. Diese Zustände zu sehen, war für alle sehr bedrückend.
Ein besonderes Anliegen war es, Pfarrer Jurgis in Vaidotai in der Nähe der Hauptstadt Vilnius zu besuchen. Jurgis spricht fließend Deutsch, weil er vier Jahre in Deutschland studiert hat. Im kommenden Juli wird er zum Gegenbesuch in der Pfarreiengemeinschaft sein. Jurgis wurde vor sieben Jahren nach Vaidotai versetzt und hat in der kurzen Zeit dort und in der 20 km entfernten Nachbargemeinde Erstaunliches geleistet. Er hat die Gemeindehäuser renoviert, das unbewohnbare Pfarrhaus, unter anderem mit unserer Unterstützung, zu einem Schmuckstück hergerichtet. Er hat die über 300 Jahre alte Kirche im Rahmen seiner Möglichkeiten liebevoll renoviert. Er hat über 10.000 Gemeindemitglieder und ist komplett allein für alle zuständig. Beim Bischof bat er um einen Kaplan zur Unterstützung, aber der Bischof hat abgelehnt. Jurgis war schon in Ostfriesland zu Besuch und ist sehr interessiert an der NeuAuWieWitter Gemeindearbeit. Er bindet nun auch den Pfarrgemeinderat verstärkt in seine Probleme ein, statt wie üblich über seine Schäfchen zu entscheiden. Er nimmt viele Anregungen von Johannes und Carl auf und versucht sie in Litauen umzusetzen. Jugis Bericht über seine Arbeit hinterließ einen bleibenden Eindruck. In Vaidotai ist Jurgis nun seit sieben Jahren und das kann bedeuten, dass der Bischof ihn abzieht und in eine andere Pfarrgemeinde schickt. Das wäre für Jurgis, der noch viele Projekte aufbaut und begleitet, die ordentlich weitergeführt und am Ende korrekt abgerechnet werden sollen, sehr schade. Mitspracherecht haben die Pfarrer in dem dortigen Bistum bezüglich ihrer Versetzung nicht. Nun zittert Jurgis vor dem 13. Juni. Dann wird er die Entscheidung des Bischofs erfahren. Die Pfarreiengemeinschaft wird Jurgis in ihre Gebete einschließen und hoffen, dass er noch weiter in Vaidotai wirken darf.
Jurgis hat außerdem eine Kinderbetreuung aufgebaut Die Kinder kommen nach der Schule, können Hausaufgaben machen, zusammen spielen und bekommen eine warme Mahlzeit. Für dieses Projekt erhält er von der Regierung im Jahr 5.000 Euro zur Unterstützung. Von den 5.000 € finanziert er eine Mitarbeiterin in dem Kinderhort, sie ist mit 20 Stunden pro Woche angestellt und betreut zwischen 15 und 20 Kindern.
Es lässt sich leicht errechnen, dass ihr Verdienst aus unserer Sicht sehr niedrig ist. Dabei ist sie nicht etwa unterbezahlt, der Lohn entspricht dem für Litauen üblichen Lohnniveau. Dieses Beispiel zeigt wieder einmal, mit wie wenig die Menschen auskommen müssen. Dabei sind die Lebensmittel überwiegend teurer als in Deutschland. Auch tägliche Pflegeprodukte wie Zahnpasta, Shampoo und Waschmittel liegen weit über dem deutschen Preisniveau. Wie es funktioniert und die Menschen trotzdem leben können, ist kaum vorstellbar. Sicher ist, dass der im Jahr 2015 eingeführte Euro keine Erleichterung für das litauische Volk gebracht hat.
An alle Verantwortlichen hat Alfred Dellwisch Keilrahmen-Bilder mit dem Pfarreiengemeinschaftslogo verteilt. Überall war die Freude, wie auf dem Foto bei der Übergabe an die Schwestern in Kaunas zu sehen ist, groß.
Mit überwältigen Eindrücken und viel Freude im Herzen über die Gastfreundschaft und die enge Verbundenheit mit vielen Freunden in Alytus, machten sich die Helfer schließlich auf den Rückweg.
Text: Rita Meyer-Brunken
Fotos: Peter Kirby