2014-11-09 Gassenhauer Demonstration
Gassenhauer drehten filmreif auf
Von Delia Evers | Demonstration für das jüngste Theaterprojekt der jungen Darsteller
So ein Remmidemmi. Pfeifen, Kreischen, Zischen, Schreien. Nichts blieb Stefan Schmatzke, pardon, Doktor Stefan Schmatzke erspart. Dabei wollte er Aurich und den Landkreis, die Region und sogar Deutschland über ganz Deutschland hinaus nur beglücken und – zumindest für ein Theaterstück der Familie Gassenhauer – die „Kiese“ bei Tannenhausen in eine Wellness-Oase verwässern, natürlich nicht ohne dabei einen Haufen Kies zu machen. Und was war der Dank? Das oben näher beschriebene Buh-Konzert!
Allen Beteiligten machte es mächtig Spaß.
Schwester Claudia demonstriert mit Riesentrillerpfeife.
Die Theater-Familie Gassenhauer hatte sich am Bonihaus versammelt, sich für den Film von der Demo, der in ihrem jüngsten Projekt eine Rolle spielen wird, noch ein paar Instruktionen abgeholt und war dann vor’s Rathaus gezogen. Hier versorgten die Initiatorinnen und Organisatorinnen Dr. Elke Warmuth und Isburga Dietrich, die auch in unserer Pfarreiengemeinschaft eine Menge darstellen und zum Klingen bringen, die jungen Schauspieler mit weiteren Regieanweisungen, unterstützt von Theaterpädagoge Claus Gosmann und dem Berliner Profi-Kameramann Christoph Kube.
Claus Gosmann, Elke Warmuth, Klaus Schütze und Isburga Dietrich geben letzte Anweisungen vor Beginn der Dreharbeiten.
Wie bei einer richtigen Demo war für alles gesorgt. Den Fiesling Dr. Schmatzke gab lebensecht Klaus Schütze (noch einer aus unserer Gemeinde – und wirklich: in echt ein gaaanz netter Kerl). An seiner Seite klebten schmuckbehängt Filmgattin Beate und pelzbekränzt Filmmama Sigi samt Hündchen, dazu im Hintergrund Chauffeur Norbert, der keine Chauffeursmütze hatte und sich vor Drehbeginn noch schnell von Johannes Funke eine standesgemäße Kopfmatte pumpen konnte.
Die Filmbösewichte wollten die beliebte Kiese Tannenhausen für eine Schicki-Micki-Oase plattmachen.
Doktor Stefan Schmatzke und Filmmama Sigi samt dem – für diesen Dreh extra gepumpten – Pelzbehang und – nicht gepumptem – Hündchen.
Sogar Vertreter der Berliner Immobilien-Gesellschaft Hader & Lump hatte Schmatzke im Gefolge. Die sollten den Demonstranten in Sachen Wellnessbad den Mund wässrig machen. Aber dazu kam es nicht mehr. Denn als Schmatzke umringt von Personenschützern das Wort ergriff, rannte die aufgewühlte Menge gemäß Regieanweisung gegen die sonnenbebrillten Bodyguards in Schwarz an, Fotografen, schauspielernde und echte bunt gemischt, rissen ihre Kameras hoch und blitzten in die Menschenmassen, dazwischen Trillern und Pfeifen, Wortfetzen: „Schmatze, hör‘ auf!“, „Schmatzke, pack dich weg!“ Schmatzke wendete sich entnervt ab.
„Schmatzke, hör‘ auf!“ und Ärgeres schallt dem Fiesling entgegen.
Da hatte der Film-Bürgermeister das Wort, der auch im echten Leben ein Bürgermeister ist: Heinz-Werner Windhorst hatte sich am freien Samstag für das Theaterprojekt in seinen schwarzen Anzug geschmissen. Er sei von den Oase-Plänen hinterrücks überfahren worden, rief er den Demonstranten zu und schrie, dass Schmatzkes Machenschaften ein böses Ende haben würden. Er habe alle Fraktionen zusammengetrommelt, um an einer Lösung zu arbeiten.
Ein Bürgermeister, der einen Bürgermeister spielt und quasi doppelt in seinem Element ist: Heinz-Werner Windhorst.
Du, liebe Güte! Windhorst war in seinem Element. Er redete mit den Armen, schrie, tobte wie die Jugendlichen vor ihm, beschimpfte den Widerling Schmatzke, kassierte einen Applausschauer nach dem anderen, badete darin, präsentierte schließlich sogar eine Lösung und hatte dabei wohl übersehen, dass er in einem Theaterstück mitspielte und die Demonstranten nicht mehr demonstrieren müssten, wenn der Bürgermeister das Problem schon gelöst hätte.
Was soll’s. Er war klasse und begeistert. Die Demonstranten waren’s auch.
Zwischenzeitlich hatte sich sogar die Polizei eingefunden. Ebenfalls in echt. Denn natürlich war die Demo angemeldet.
Einschreiten musste die junge Schupo-Dame nicht. Denn die Demonstranten machten sich friedlich auf den Weg durch die Stadt – mit hochgereckten Transparenten, skandierten ihre Parolen und übten am Vortag des Mauerfalls etwas ganz Entscheidendes ein. Wer seine Meinung kundtun will, braucht keine Gewalt: Der sagt laut und vernehmlich, was Sache ist.
Manchmal verschwinden die Schmatzkes dieser Welt dann fast von allein.
Viele Mitglieder auch unserer Pfarrgemeinden nehmen an der Demo teil.
Großes Medieninteresse bei der Demo: Die echten sind von den gespielten Fotografinnen und Fotografen kaum zu unterscheiden.
Der ist auf jeden Fall echt: der Berliner Kameramann Christoph Kube, im Hintergrund Theaterpädagoge Claus Gosmann.
Und dann geht es demonstrierend durch die Straßen von Aurich: mit Jung und Älter.