„Wir schaffen das“ – Weil es bei uns so viele Helfende gibt
Von Delia Evers | Die niedersächsische Sozialministerin Cornelia Rundt hatte aus unserer Pfarreiengemeinschaft Ehrenamtliche in der Flüchtlingshilfe zu einem Empfang nach Oldenburg gebeten. In der persönlich adressierten Einladung an Udo Angele, Patrick Blaes und Andrei Resh aus Wittmund sowie an Alfred Dellwisch und Horst Stamm aus Aurich hatte die Ministerin geschrieben: „Was wäre ein Land ohne die Menschen, für die es eine Selbstverständlichkeit ist, ihre ‚freie Zeit‘ als Ehrenamtliche einzusetzen, um andere Menschen zu unterstützen. … Für dieses großartige Engagement möchte ich Ihnen meinen Dank und die Anerkennung der Landesregierung aussprechen.“
Diesen Wunsch mochten die Unseren der Ministerin nicht abschlagen. So nahmen sie gern noch ein bisschen mehr ‚freie Zeit‘ in die Hand und reisten nach Oldenburg ins Kulturzentrum PFL, das Peter-Friedrich-Ludwigs-Hospital, das einst tatsächlich ein Krankenhaus gewesen war und seit seiner Umwandlung kulturstiftend wirkt. Dort dankte die Ministerin ihren Gästen für deren gute Flüchtlingsarbeit.
Vor Ort traf das Quintett aus Neuauwiewitt auf rund 200 weitere Ehrenamtliche vor allem aus dem Oldenburgischen, die sich ebenfalls engagieren. Alle bekamen einen rundum schön gestalteten Nachmittag geschenkt, den der beninische Autor Luc Degla samt kleiner Frechheiten u.a. mit liebevoll-ernstem Blick auf die Deutschen literarisch gestaltete. Den guten Ton erzeugte die Jazz Combo des Polizeiorchesters Niedersachsen.
Die Veranstaltung geriet zu einer Treffbörse für Ehrenamtliche: Sie tauschten sich munter über ihre Erfahrungen aus, „erkannten“ sich an ihrer Garderobe, so z.B. die beiden Auricher Alfred Dellwisch und Horst Stamm in ihren Malteser-Jacken, die kräftig dabei halfen, andere Malteser aufzutun, so dass angeregt geplaudert werden konnte.
Oldenburgs Oberbürgermeister Jürgen Krogmann begrüßte die Ehrenamtlichen und bekannte für seine Verwaltung: „Wir können uns noch so sehr bemühen und noch so viele Überstunden machen – wir könnten [für die Flüchtlinge] niemals all das leisten, was nötig ist. Nein, wir sind auf Hilfe angewiesen. Auf Ihre Hilfe!“
Als klar geworden sei, dass immer mehr Flüchtlinge aufgenommen werden müssten, habe er sich gefragt, wie die Reaktionen sein würden: „Positiv? Negativ? Gleichgültig? Wir hatten Hoffnungen. Aber es gab keine Sicherheit. Jetzt können wir sagen: Unsere Hoffnungen haben sich nicht erfüllt. Sie wurden übertroffen. Und zwar deutlich übertroffen.“
Das Engagement vor allem auch der anwesenden Gäste sei imponierend. „Das betrifft die grundsätzliche Haltung, die Willkommenskultur und die Fremdenfreundlichkeit. Die ist geprägt von Verständnis, von Hilfsbereitschaft und von Mitmenschlichkeit. Das betrifft aber auch – und vor allem – die konkreten Reaktionen, also die Angebote und Projekte. Was Sie an Einfallsreichtum und Tatkraft zeigen, wie viel Zeit und Mühe Sie investieren – das ist mehr als nur bemerkenswert.“
Jürgen Krogmann machte deutlich, für wie wichtig er die Arbeit der Ehrenamtlichen hält. „Ohne Sie hätten wir keine Chance, das hohe Niveau zu halten, das wir bei der Flüchtlingshilfe zurzeit haben. Ohne Sie hätte ich auch erhebliche Zweifel an der Machbarkeit der Integration.“ Und weiter: „Wenn also irgendjemand sagen kann ‚Wir schaffen das‘ – dann geht das nur, weil es Sie gibt.“
Sozialministerin Cornelia Rundt betonte in ihrer Rede: „Sie sind für die geflüchteten Menschen so wichtige Helferinnen und Helfer, ein wichtiger Halt, Sie geben durch Ihren Einsatz auch Hoffnung und Ruhe, und Sie sind Brückenbauer in unserem Land.“
Sie bezeichnete das Engagement ihrer Gäste als unentbehrlich. „Sie sind die Botschafterinnen und Botschafter für ein großzügiges, freundliches und sicheres Niedersachsen.“ Wichtig sei die Haltung der Helferinnen und Helfer vor allem deshalb, weil hinter der hohen Zahl von 100.000 Flüchtlingen allein in Niedersachsen 100.000 Einzelschicksale stünden – „Frauen, Kinder, Männer, von Krieg, Vertreibung und schweren Gewalttaten gezeichnet und geprägt.“ Kaum jemand könne sich vorstellen, was etliche dieser Menschen vor und während der Flucht an körperlicher, psychischer und psychischer Gewalt und an lebensbedrohlichen Situationen erlebt hätten.
Um all diesen Menschen helfen zu können, „sind Sie mit Ihrem Einsatz in der momentanen Situation unentbehrlich. Ich weiß, dass dies auch eine Last sein kann für Sie. Es läuft nicht immer alles so, wie wir es uns wünschen und wie wir es richtig finden“, sagte Rundt. Wenn es Missstände gebe, müssten sie offen angesprochen werden.
„Wir können nicht auf Sie verzichten, aber wir werden auch mehr Hauptamtliche brauchen“, sagte sie. Die Aufnahme der Flüchtlinge sei eine staatliche Aufgabe, sie dürfe nicht zur Privatsache werden oder abhängig davon sein, ob es vor Ort viele oder weniger viele engagierte Ehrenamtliche gebe.
Cornelia Rundt skizzierte die Programme der niedersächsischen Landesregierung, die in vielfältigsten Bereichen für die Flüchtlinge, ihre Unterbringung und ihre Integration aufgelegt worden sind.
Sie schloss mit einem Zitat von Erich Kästner. Der hatte einst einen Aufruf an die Menschheit verfasst, gegen Unrecht, Not, Dummheit, Hass und Muckertum aufzustehen.
Das haben die Fünf aus Neuauwiewitt getan. Sie standen im Kulturzentrum stellvertretend für viele weitere aus unserer Pfarreiengemeinschaft.