Klüngeltüngels am Upstalsboom

Das Ziel ihres Septembertreffens mussten die Klüngeltüngels kurzfristig ändern und fanden in Rahe mit dem „Upstalsboom“ einen lohnenden Ersatz. Manfred-Franz Albrecht hatte sich bereit erklärt, über diese historische Anlage zu erzählen. Eingeladen hatte Hildegard Lüken die Gruppe zur ‚Thingstätte‘, musste sich aber korrigieren lassen: Es heißt heute „Friesische Freiheit“. Nach der Begrüßung gab es eine kurze Einführung, bevor sich alle auf den schönen Spaziergang machten.

Inmitten einer Rasenfläche auf einem kleinen Hügel steht eine drei Meter hohe Pyramide aus Findlingen. Auf einer Granittafel des Monuments steht die Inschrift: „Auf der Versammlungsstätte ihrer Vorfahren, dem Upstalsboom, errichtet von den Ständen Ostfrieslands im Jahre 1833“.

Klüngeltüngels am Uppstalsboom.

Die Bedeutung des Namens Upstalsboom ist nicht überliefert, doch wird er schon seit mehr als 500 Jahren hauptsächlich mit dem zweiten Wortteil erläutert: Boom oder Baum. Upstall ist ein alter Begriff für ein eingezäuntes Flurstück, das die Dorfgemeinschaft gemeinsam als Weidegebiet nutzte, die sog. Allmende.

„Die „Friesische Freiheit“ gilt bis heute als die Besonderheit Ostfrieslands. Im Mittelalter war sie ein einzigartiges Modell im Gegensatz zur feudalen Gesellschaftsstruktur des übrigen Europa. Seit dem 9. Jh. hielt Ostfriesland einen Sonderstatus im Römischen Reich Deutscher Nation inne, ein Privileg, das sich bis in diese Tage in dem charakteristischen Merkmal von Land und Leuten widerspiegelt. Die bäuerlichen Landesgemeinden entwickelten Strategien zur Verteidigung der friesischen Freiheit und schufen ihr eigenes Rechtssystem. Das Upstalsboom-Denkmal bei Aurich erinnert an ihren alten Versammlungsort und gilt als das Symbol der Friesischen Freiheit.“ (Ostfriesische Landschaft)

Manfred-Franz Albrecht führte kompetent und ansprechend in die historischen Hintergründe der Anlage ein.

„Vom Parkplatz führte uns der Weg über die herrliche Buchenallee zum Hügel, auf dem das 1833 errichtete Denkmal steht. Auf dem Weg dorthin informieren 12 Tafeln über die naturräumlichen und geschichtlichen Zusammenhänge. Manfred-Franz hat durch einige Erklärungen auch eine andere Betrachtung – jenseits des Mythos – von heutigen Fachhistorikern einfließen lassen.

Denn schon in der ältesten Quelle von 1216, der Chronik des Klosters Bloemhof in der heutigen Provinz Groningen, ist der Upstalsboom als „uralt“ und somit als mythisch vorgestellt. Der Mythos aber ist nicht historisch wahr, sondern repräsentiert eine Wahrheit höherer „heiliger“ Art. Nichts weniger als solche Wahrheit beansprucht das moderne Geschichtssymbol Upstalsboom. Die wenigen, die vor dem 19. Jh. mit dem Upstalsboom etwas anfangen konnten, waren Historiker. Dennoch begegnen sie dem Thema nicht professionell. Der Ort jagt seinen Historikern heilige Schauer über den Rücken, und das kosten und malen sie aus. Die durch den Upstalsboom symbolisierte Freiheit blieb eine Erinnerung im Kreise der Gebildeten. Dass das Geschichtssymbol dem „Volk“ fremd blieb, sieht man schon daran, dass es in der Volksliteratur, in Sagen- und Märchensammlungen, keine Rolle spielt.“ (Martin Tielke)

 „Der nach den Befreiungskriegen und erst recht nach dem Krieg von 1870/71 sich stark verbreitende Patriotismus vereinnahmte den Upstalsboom, wie im 20. Jh. die Folklore und Tourismusindustrie. Seit Beginn des 21. Jh. wurde der Upstalsboom und mit ihm die „Friesische Freiheit“ zum Marketingsymbol Ostfrieslands.

 Wer sich über den Upstalsboom, dem Symbol der „Friesischen Freiheit“ informieren möchte, dem sei das Buch „Die Friesische Freiheit des Mittelalters – Leben und Legende“, herausgegeben von Hajo van Lengen, Ostfriesische Landschaft, Aurich 2003, empfohlen.“ (Manfred-Franz Albrecht)

Es war ein sehr schöner Spaziergang, der durch die teils launigen Erläuterungen von M-F Albrecht sehr interessant und informativ wurde. Natürlich konnten die Klüngeltüngels nicht ohne eine Stärkung auseinander gehen. Bei Kaffee und Kuchen oder einem Köpke Tee und viel Klönschnack schlossen die Ostfriesen im Kukelorum das Treffen ab.

Klüngeltüngels im Kukelorum.

Text: Manfred-Franz Albrecht und Hildegard Lüken
Fotos: Hildegard Lüken