Klüngeltüngels in der Synagoge in Dornum

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 brannten im gesamten Deutschen Reich Synagogen und andere jüdische Einrichtungen. Geschäfte und Wohnungen wurden demoliert und zerstört. Jüdische Menschen wurden verhaftet, gedemütigt, misshandelt, verschleppt und getötet.

Die Synagoge in Dornum ist die einzige von einst 12 Synagogen in Ostfriesland, die diesem Schicksal entgangen ist.

Hier trafen sich 23 Klüngeltüngels mit dem Leiter der Gedenkstätte Synagoge Dornum Georg Murra-Regner um sich über ehemals jüdisches Leben in diesem Ort  zu informieren.

Nach Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 verließen viele Juden den Ort und die Synagoge wurde kaum noch genutzt, weil die vorgeschrieben erforderliche Zahl von zehn männlichen Gottesdienstbesuchern über dreizehn Jahre nicht mehr erreicht wurde. Deshalb wurde sie kurz vor der Progromnacht an den nichtjüdischen Nachbarn verkauft, einen Tischler, der sie als Möbellager nutzte. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass die Synagoge nahezu im Originalzustand erhalten geblieben ist. Allerdings wurden die Fenster zerschlagen und das Inventar auf den Marktplatz gebracht und dort verbrannt.

Die Klüngeltüngels wurden von Georg Murra-Regner vor der Synagoge in Empfang genommen.

Von außen macht die Synagoge einen eher unspektakulären Eindruck. Es handelt sich um einen schlichten Klinkerbau mit Walmdach. Murra-Regner erklärte den Klüngeltümgels, dass es sich nicht um ein Gotteshaus im Sinne der christlichen Kirchen handelt, sondern eher um einen Versammlungsraum und Lehranstalt, wo auch Gottesdienste stattfinden.

Beim Betreten der Synagoge gelangen die Besucher in einen Flur, von dem nach beiden Seiten die Frauenbereiche abgehen. Sie sind vom Hauptraum durch eine hölzerne Wand mit einer geschlossenen Brüstung und darüber liegendem Gitterwerk getrennt. Bevor es in den Hauptraum geht, werden die männlichen Besucher gebeten, nach jüdischer Tradition und Sitte eine Kippa aufzusetzen. Dann betreten sie, mit einer Stufe nach unten, den Synagogenraum. Diese Stufe soll die Tiefe symbolisieren, die zu Beginn des Psalms 30 zum Ausdruck kommt, wo es heißt: „Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir.“

Blick auf den Menora-Leuchter und den Vorhang.

Die Synagoge im jetzigen Zustand wurde 1841 errichtet, aber schon 1730 wird erstmals eine Synagoge in Dornum erwähnt. Bis zum Ende des 1. Weltkrieges hatte Dornum einen jüdischen Bevölkerungsanteil von ca 9%. Sie waren gut integriert, sprachen plattdeutsch und hatten im 1. Weltkrieg auf deutscher Seite gekämpft. Von den 45 Einwohnern, die 1933 noch in Dornum lebten, sind später 21 in einem Konzentrationslager ermordet worden.

Heute dient die Synagode als Gedenk- und Informationsstätte. Auch etliche Kultgegenstände gibt es hier zu sehen, Der bedeutendste ist die Tora-Rolle. Die Tora wird per Hand von einem speziell dafür ausgebildetem Schreiber in Hebräisch geschrieben. Sie umfasst die fünf Bücher Mose, die in einem Zeitraum von einem Jahr, in Abschnitte aufgeteilt, in den Gottesdiensten gelesen oder besser gesungen werden. Hat eine Tora ausgedient, wird sie auf dem Friedhof bestattet.

Eines der bedeutendsten erhaltenden religiösen Gegenstände ist die Tora-Rolle.

Georg Murra-Regner wusste viel zu erzählen, z.B. über das jüdische Eherecht oder auch über die Schoah. Aber die Zeit drängte, denn um 16.00 Uhr war die Gruppe in der „Alten Backstube“ angemeldet. Vorher besuchte sie noch den Jüdischen Friedhof. Auch dieser war in den dreißiger Jahren verkauft und die Grabsteine entfernt worden. Wegen der Kriegswirren wurde das Gelände nicht völlig zerstört, so dass die Randeinfassungen bestehen blieben und die Grabsteine auf Anordnung der Kanadischen Militärregierung nach dem Krieg wieder zugeordnet werden konnten.

Interessiert lauschten die Klüngeltüngels den Ausführungen des Leiters der Gedenkstätte.

Dann war Zeit für die warme „Backstube“ und Kaffee oder Tee und vom jungen Inhaber selbstgebackener Torte. Lecker! und wärmstens zu empfehlen.

Text und Fotos: Elisabeth Funke